Mittwoch, 29. Oktober 2014

Langzeittest: Black Label M4 - Woche 06 bis 08



Der einsatznahe Beschusszyklus (EBZ)

Gesamtschusszahl: 1.140 + 150 = 1.290

Störungen Typ I: 0
Störungen Typ II: 0
Störungen Typ III: 0
Störungen Typ IV: 0

Im Jahr 2012 definierte die Bundeswehr ein Standardverfahren, mit dem eine Infanteriewaffe heißgeschossen werden kann. Der so genannte „Einsatznahe Beschusszyklus“ soll die Trefferleistung von heißgeschossenen Waffen vergleichbar machen. Wir unterzogen das Black Label M4 diesem Test.


Ablauf des EBZ
Für den Ablauf sind insgesamt 150 Schuss erforderlich. Der EBZ beginnt damit, dass aus dem Kaltzustand heraus ein Trefferbild auf 100 Meter mit zehn Schuss erzeugt wird (TB1).
Danach werden 50 Schuss in schneller Schussfolge abgegeben. Bei Militärwaffen sollte das der Definition nach mit 5-Schuss-Feuerstößen passieren, wobei zwischen den Feuerstößen drei Sekunden Pause eingehalten werden sollte.

Mit den Schüssen 61 bis 70 wird ein weiteres Trefferbild erzeugt (TB2). Eine Zeitbegrenzung für das Schießen der insgesamt vier Trefferbilder gibt es nicht. Jedoch sollten die Schüsse dabei so schnell wie möglich abgegeben werden.

Im Anschluss an Trefferbild 2 müssen 20 Schuss im schnellen Einzelfeuer (innerhalb einer Minute) abgegeben werden.

Mit den Schüssen 91 bis 100 wird Trefferbild 3 (TB3) erzeugt.

Darauf folgend findet eine weitere Belastungsphase statt, wobei insgesamt 40 Schuss Einzelfeuer innerhalb von zehn Minuten geschossen werden müssen.

Mit den Schüssen 141 bis 150 wird schließlich das vierte und letzte Trefferbild (TB4) erzeugt.


 

Umsetzung des EBZ
Zur besseren Zielidentifikation und zur Minimierung von Schützenfehlern wurde das Black Label mit einer 4-fach vergrößernden Optik ausgestattet. Die Wahl viel auf das Vortex Razor HD 1-6x24. Leider stand zur Absolvierung des EBZ nur eine 50-m-Bahn zur Verfügung. Die angegebenen ‰-Werte sind daher hochgerechnet. Geschossen wurde liegend, aufgelegt vom Rucksack. Verwendet wurde Munition des Fabrikats GECO 55 gr. Ausreißer aufgrund offensichtlicher Schützenfehler (2 Stück, TB1 und TB3) flossen nicht mit in die Bewertung ein.

Trefferbild 1 ist mit einer Größe von 1,5 cm mal 2,5 cm (ohne Ausreißer) sehr ordentlich. Und entspricht einer Durchschnittsstreuung von etwa 0,4‰. Tendenziell ist ein leichter Tiefschuss erkennbar.




Ab dem dritten Magazin wird die Waffe spürbar heiß. In dieser Phase des Zyklus wird mit Schuss 61 bis 70 Trefferbild 2 erzeugt. Der Streukreis öffnet sich hier auf etwa 1,2‰




Trefferbild 3 entsteht aus den Schüssen 91 bis 100. Bemerkenswert ist, dass die Gruppe mit 3,5 cm mal 3,5 cm kleiner ist, als bei TB2 (ohne Ausreißer). Die Durchschnittsstreuung entspricht etwa 0,7‰. Die Tendenz im Tiefschuss verstärkt sich.




Trefferbild 4 entsteht aus den Schüssen 141 bis 150. Der Streukreis beträgt etwa 5,5 cm mit einer Tendenz nach rechts tief (5 Uhr). Hier kann die Durchschnittsstreuung mit etwa 1,1‰ kalkuliert werden. Am Ende des EBZ gibt die Waffe sehr viel Hitze ab. Wodurch eine präzise Schussabgabe außerordentlich erschwert wird.




Ergebnisbetrachtung
Mit dem EBZ wird eine Gefechtssituation simuliert, wobei ein Soldat den größten Teil seines Munitionsvorrats (150 Schuss) innerhalb von 20 Minuten verschießen muss. Ziel ist es, eine Aussage zu Trefferleistungen von heißgeschossenen Waffen treffen zu können.

Hitze
Das Ziel, die Waffe Heiß zu schießen, wurde erreicht. Das Black Label gab deutlich Hitze an die Umwelt ab, blieb aber dennoch während des gesamten Zyklus ohne Handschuhe schiessbar. Oberland Arms verbaut serienmäßig an allen Black Label Gewehren einen Handschutz aus Eigenproduktion, mit einem doppelten Wärmeleitblech.



Der Handschutz des M4 sollte nur mit dafür vorgesehenen Werkzeug demontiert werden.




Präzision
Das Black Label überrascht mit einer sehr ordentlichen Präzision. Als Standardwert für die Durchschnittsstreuung aus Waffe, Munition und Mensch werden 1‰ angesehen. Das bedeutet etwa 10 cm auf 100 m bzw. 50x50 cm auf 500 m. Die Qualifikation zum „Rifleman“ der US-Army lehnt sich an einen ähnlichen Richtwert von 4MOA an.
Das Black Label M4 erreichte mit 0,4‰ im Kaltzustand einen exzellenten Wert. Die 1,1‰  bis 1,2‰ im heißgeschossenen Zustand sind ebenfalls bemerkenswert.

Problem: Mirage
Die Herausforderung während des Zyklus liegt weniger beim Material. Zugegebenermaßen; die Waffe wird (sehr) heiß und direkter Körperkontakt mit Lauf, Gasblock oder dem A2-Kornträger sollte vermieden werden.
Das Problem, was sich spätestens beim Verschuss des dritten Magazins abzeichnet, ist die aufsteigende Hitze in Form von Mirage. Hierdurch wird die Zielerfassung ganz erheblich erschwert. Insbesondere das Umsetzen von Grundfertigkeit #2 „Haltepunkt“ gestaltet sich bei Trefferbild 2 und 4 fast unmöglich.

Fazit
Im Ergebnis ist der einsatznahe Beschusszyklus (EBZ) zwar ein Standardverfahren. Die schwindende Präzision, also die Vergrößerung der Streukreise bei Trefferbild 2 bis 4 muss aber nicht zwingend einzig auf das Material (die erhitzte Waffe) zurückgeführt werden. Die Ursache kann hier auch in systembedingten unausweichlichen Zielfehlern des Schützen liegen. Das Anwenden von Grundfertigkeiten des Schießens ist wesentlich, um einen präzisen Treffer anbringen zu können. Verhindert bspw. aufsteigende Hitze das Umsetzen von Grundfertigkeit #1 „Visierbild“ oder Grundfertigkeit #2 „Haltepunkt“, werden die Streukreise größer. Zwangsläufig.


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