Bewaffnete Konfrontationen ereignen sich plötzlich und nahezu immer aus dem Hinterhalt. Die Frage ist nur, auf welcher Seite des Hinterhalts man dabei selbst steht. Ein Privatier, der eine Schusswaffe zum Selbstschutz trägt, wird nur selten einen Hinterhalt legen. Somit ist seine Rolle vorbestimmt: Er hat auf einen Hinterhalt zu reagieren
Das eigene Training hierfür besser zu strukturieren, kann durch Fallanalysen unterstützt werden. Fallanalysen zeigen mitunter, dass im Training falsche Prioritäten gesetzt werden und wertvolle Ausbildungszeit mit Elementen verschwendet wird, die in der Realität zu vernachlässigen sind.
Dieser Beitrag greift auf eine Datenbasis zurück, die von zwei US-Amerikanern erstellt wurde und seit mehreren Jahren im Umlauf ist.
30 Überwachungsvideos, auf denen bewaffnete Konfrontationen festgehalten sind, wurden auf 14 Merkmale hin analysiert:
Merkmale:
Ort
Zivilperson oder Einsatzkraft (Polizist)
Angriffsrichtung
Distanz zum Angreifer
Anzahl der Angreifer
Gesamtdauer der Konfrontation
Verdeckter Ziehvorgang
Zeitversetzter Ziehvorgang
Schießen aus der Bewegung
Nutzen von Deckung
Einhändiges / Beidhändiges Schießen
Nahkampf / Körperkontakt während der Konfrontation
Verwundungen beim Verteidiger
Enderfolg
Nachfolgend soll die Analyse in Kurzform wiedergegeben werden. Im Original und vollständig kann der Beitrag hier eingesehen werden: http://www.tierthreetactical.com/11-research-based-concealed-carry-tips/
Ort
Die meisten Videos zeigen öffentliche Plätze oder Gebäude, wie Tankstellen, Läden oder Restaurants. Das ist statistisch belanglos, da eine Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen sehr häufig ist.
Angriffsrichtung
Die meisten Angriffe (ca. 2/3) ereigneten sich von vorn oder seitlich. Nur ein Drittel aller Angriffe erfolgten von hinten (Sechs Uhr) und führten sehr oft zu schwereren Verletzungen beim Verteidiger.
Distanz zum Angreifer
Drei Meter. Nur in wenigen Videos war es wesentlich mehr bzw. wesentlich weniger.
Anzahl der Angreifer
Es bestätigt sich die Theorie, dass es nur selten ein Angreifer ist. In den meisten Videos waren es zwei Angreifer. In einigen sogar drei bis vier.
Gesamtdauer der Konfrontation
20 Sekunden oder weniger. Bei einigen Konfrontationen dauerte es 26 Sekunden vom ersten bis zum letzten Schuss.
Verdeckter Ziehvorgang / Zeitversetzter Ziehvorgang
In fast drei Viertel aller Szenarios wurde die Waffe durch den Verteidiger mittels einem verdeckten Ziehvorgang in Bereitschaft gebracht.
In über der Hälfte aller Szenarios wurde die Waffe durch den Verteidiger außerdem nicht sofort gezogen. Zuerst wurde die Gefahr analysiert und verifiziert. Erst danach erfolgte der Ziehvorgang; und das meistens verdeckt.
Die Ausnahme hier sind uniformierte Einsatzkräfte der Polizei.
Schießen aus der Bewegung
Ebenfalls in fast drei Viertel aller Szenarios erfolgte die Schussabgabe durch den Verteidiger aus der Bewegung heraus. Bzw. bewegte er sich zuerst und schoss dann aus verschiedenen Positionen heraus.
Nutzen von Deckung
In nur etwa einem Viertel aller Konfrontationen nutzte der Verteidiger eine Deckung. Oftmals stand keine geeignete Deckung zur Verfügung oder die Gesamtdauer war zu kurz, um eine Deckung überhaupt erreichen zu können.
Einhändiges / Beidhändiges Schießen
In etwas mehr als der Hälfte aller Videos wurde mit beiden Händen an der Waffe geschossen. Signifikant war, dass Leute mit einer Schießausbildung (Polizei und Sicherheitsdienste) eher zum beidhändigen Schießen neigten.
Nahkampf / Körperkontakt während der Konfrontation
In lediglich einem Drittel aller Fälle kam es zu Körperkontakt bzw. Nahkampf zwischen Angreifer und Verteidiger. Meist war es nur leichtes Schlagen oder der Versuch die Arme / Hände des Angreifers zu kontrollieren. In keinem der Fälle ging der Schießerei eine Schlägerei voraus.
Verwundungen beim Verteidiger
In lediglich fünf Fällen wurde der Verteidiger schwer verletzt oder getötet. Die meisten davon waren Angriffe aus dem Hinterhalt mit kaum einer Chance für den Verteidiger.
Enderfolg
Als erfolgreich bewältigte Konfrontation gilt, wenn der Verteidiger am Ende weder verwundet noch tot ist. Das betrifft über 80% der Videos. Die Publizisten der Analyse verweisen hier selbst auf die nicht repräsentative Datenmenge der 30 Videos. Videomitschnitte, auf denen der Gute am Ende stirbt, sind im Internet wesentlich seltener zu finden.
Kritische Würdigung
Lassen sich, ganz unabhängig davon, ob die 30 Videosequenzen repräsentativ sind, u.U. Regeln für das eigene Training ableiten?
Nachladen?
Die Analyse lässt sich leider nicht darüber aus, wie viele Schüsse pro Tathergang bzw. pro Teilnehmer abgegeben wurden. Bei einer Gesamtdauer von selten mehr als 20 Sekunden aber, darf unterstellt werden, dass ein schnelles Nachladen der Waffe in keinem der Szenarios entscheidend gewesen sei.
Bewegung?
Alle Szenarien waren hochdynamisch. In drei Viertel aller Videos wurde aus der Bewegung geschossen. Sollte deshalb mehr Schießen aus der Bewegung geübt werden? Nicht unbedingt. Geübt werden sollte, aus dem Stand zu treffen. Wer aus dem Stehendanschlag heraus nicht trifft, wird auch niemals aus der Bewegung heraus treffen.
Deckung?
Das Nutzen einer Deckung ist ebenfalls vernachlässigbar, weil in den meisten Fällen einfach keine Deckung vorhanden war.
Allerdings sollte man sich im Alltag eine erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit anerziehen, um evtl. Fluchtoptionen oder auch geeignete Deckungen zu erkennen. Das gleiche gilt für Gefahren auf „Sechs Uhr“.
Einhändig?
In 50% aller Konfrontationen wurde einhändig geschossen. Diesen Stellenwert sollte einhändiges Schießen auch im Training haben. Überdies sollte der Zugriff auf die Waffe auch einhändig erfolgen können
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