„Man muss die maximalen Einsatzdistanzen seiner Flinte kennen.“, ist bei 0/500® ein oft gehörtes Resümee nach einem Schießkurs Flinte Homedefense. Das betrifft sowohl Buck Shot als auch Flintenlaufgeschosse. Übungsintensiv wird es, wenn im praktischen Einsatz zudem noch ein Munitionswechsel erforderlich wird
Bis zu welcher Entfernung würde ich Buck Shot in einer Verteidigungssituation mit mehreren bewaffneten Angreifern einsetzen? |
Mit etwas praktischer Erfahrung endet der Einsatzbereich einer Flinte bei 30 Meter. Die Glattrohrwaffe in Verbindung mit einer manchmal rudimentären Visierung birgt jenseits der 30 Meter ein zu hohes Risiko für Fehlschüsse und damit für Kollateralschäden. Nur wenige Flintenmodelle besitzen eine Büchsenvisierung, mit der ein Mindestpräzisionsanspruch umgesetzt werden kann. Selbst die beliebten Ghost-Ring Visiere bedeuten schon einen Kompromiss. Mit der Visieroption „Perlkorn und sonst nichts“, werden sogar die erwähnten 30 Meter zu einer Herausforderung, die im Ernstfall nicht angenommen werden sollte.
Alles bleibt anders
Ein Umstand, der bei diesen Betrachtungen oft vernachlässigt wird: Jede Flinte erreicht mit jeder Munitionssorte andere Ergebnisse. Mitunter sind die Resultate von ein und derselben Munitionssorte verschossen aus zwei baugleichen Flintenmodellen komplett verschieden. Wie ein Versuch mit zwei Remington 870 Express und Postenschrotmunition von GECO zeigt.
Die Wirkungszonenmethode absolviert aus den Distanzen 5 / 7 / 10 / 12 / 15 und 17 Meter erzeugte ab der Entfernung zwölf Meter grundsätzlich andere Buck Shot Gruppierungen. Während die eine Remington 870 die Gruppen noch relativ eng beieinander hielt, vergrößerten sich Gruppen mit der zweiten Remington 870 ab zwölf Meter deutlich. Beide Flinten waren mit einem handelsüblichen Glattrohrlauf ohne Choke aber mit Büchsenvisierung bestückt.
Am Ende ist es Aufgabe des Anwenders, die beste Einsatzmunition individuell für seine Flinte zu finden und diese auch bei jedem Training zu nutzen.
Die Wirkungszonenmethode ist dabei das methodische Gerüst, um sehr praxisorientiert die maximale Einsatzdistanz von Buck Shot zu ermitteln.
Im typischen Nahbereich von fünf bis sieben Meter liefert das Postenschrot der Munitionssorte GECO faustgroße Streukreise (Waffe: Remington 870 Express) |
Bei zehn und zwölf Meter sind die Gruppen zwar etwas größer aber zueinander identisch |
Erst bei 15 und 17 Meter verlassen einzelne Posten das Blatt der Größe A4 |
Wechsel der Munitionssorte
Wird im Feuerkampf die Maximaldistanz für Buck Shot überschritten, muss ein Munitionswechsel auf Slug; also Flintenlaufgeschosse erfolgen.
Dieser Munitionswechsel ist ein schießtechnisches Element, das unbedingt in die Ausbildung und ins Training integriert werden muss. Die erforderlichen Waffenmanipulationen unterscheiden sich zum einen zwischen Repetier- und Selbstladeflinten. Zum anderen wird relevant, ob zum Zeitpunkt des Munitionswechsels das Röhrenmagazin komplett gefüllt ist oder bereits geschossen wurde.
Vergisst der Anwender den Munitionswechsel von Posten auf Slug, nimmt er eine nicht kalkulierbare Umfeldgefährdung aufgrund der Postenstreuung in Kauf. Mit der Standardübung Nr. 21 „Double-Distance-Drill“ kann der Munitionswechsel sinnvoll ins Training integriert werden.
Eine zweite Remington 870 Express liefert mit der gleichen Munitionssorte schon ab zwölf Meter signifikant größere Streukreise |
Auf 15 und 17 Meter sind die Streukreise trotz baugleicher Waffe deutlich größer als mit der Remington 870 aus Testreihe 1 |
Praktikable Einsatzdistanz Slug
Durch die Verwendung von Flintenlaufgeschossen erhöht sich zwar die Einsatzdistanz, dennoch sollte die Flinte nicht in die Rolle eines Gewehrs gepresst werden. Im Training sollte wiederum eine Maximaldistanz für das Verschießen von Slugs definiert werden. Der Übungsaufbau dazu ist einfach: Beginnend bei zehn Meter erhöht der Anwender die Entfernung zum Ziel jeweils um weitere zehn Meter und gibt jedes Mal einen präzisen Einzelschuss aus einer Schießposition seiner Wahl ab. Als Zielmedium dient eine 10er-Ring-Scheibe. Erfahrungsgemäß und Flintenmodellübergreifend verlassen jenseits der 30 Meter die Flintenlaufgeschosse den inneren Teil der Scheibe. Flinten mit einer ordentlichen Büchsenvisierung oder einem LPV (Leuchtpunktvisier) haben hier Vorteile. Die Erfahrung lehrt darüber hinaus, dass sich Streukreise unter Stress und dem Einfluss von Angst mindestens verdoppeln. Wird im Training gerade noch so die 10er-Ring-Scheibe getroffen, reicht es im Einsatz vielleicht noch für Körpertreffer.
Trotz guter Büchsenvisierung auf der Mossberg 590 A1 verlassen die Slugs jenseits der 30 Meter die schwarze Zone der Ringscheibe |
Rechts / Links
Wie beim Schießen mit der Kurzwaffe auch, sollte das Trainingsziel die ambidextere Waffenhandhabung sein. Das heißt, alle Waffenmanipulationen mit einer Flinte sollten sowohl aus der rechten Schulter als auch aus der linken Schulter heraus geübt und beherrscht werden. Das Kursprogramm eines Homedefense Trainings sollte diesem Aspekt spätestens ab Tag 2 Rechnung tragen.
Mindestpräzisionsanspruch: Die Remington 870 (oben) besitzt eine hervorragende Büchsenvisierung |
Fazit
Kenne das Limit. In Situationen, in denen es ums Ganze geht, muss man die Einsatzentfernungen seiner Flinte kennen. Bis zu welcher Distanz kann ich Buck Shot einsetzen? Bis zu welcher Entfernung ist ein präziser Schuss mit einem Flintenlaufgeschoss überhaupt machbar?
Mehr dazu in „Die Waffenkultur“ Nr. 59 ab dem 30. Juli 2021
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