Es ist eine
Diskussion, die immer mal wieder aufkommt: Die Vorteilhaftigkeit von
Rotpunktvisieren gegenüber der herkömmlichen mechanischen Visierung; auch
Offene Visierung oder Iron Sights genannt. Welche Rolle spielen die beiden Visiervarianten
für die Entwicklung des Schützen und seiner Fertigkeiten?
Zu diesem Thema gibt es zahlreiche Studien. Eine stammt aus
dem Jahre 2011 und heißt „Comparative
Pistol Project“.
In diesem Projekt wurde vergleichsweise die Effektivität von
traditionellen offenen Visiereinrichtungen (Kimme und Korn) zu Rotpunktvisieren
(in diesem Fall das RMR von Trijicon) untersucht. Insgesamt 27 Probanten nahmen
an der Studie teil. 13 von ihnen nutzten Iron Sights und 14 nutzten die
Trijicon Optik. Geschossen wurden vier unterschiedliche Parcoursähnliche
Übungen. Im Resultat waren die Teilnehmer mit einer Leuchtpunktoptik
signifikant besser.
Übung 1
Die erste Schießübung bestand darin, auf eine Entfernung von
15 Yards einen Einzelschuss ohne Zeitbegrenzung anzubringen. Insgesamt mussten
von jedem Teilnehmer 10 Schuss abgegeben werden.
Übung 2
Aus einer Entfernung von 5 Yards waren aus einer
Bereitschaftshaltung (center chest retention hold) 2 Schüsse abzugeben. Das
Ganze insgesamt 10-mal.
Übung 3
Identisch zu Übung 2; allerdings aus einer Entfernung von 10
Yards.
Übung 4
Aus einer Entfernung von 10 Yards waren 2 Ziele zu
beschießen; jeweils mit einem Schuss. Die Ziele standen dabei 6 Fuß (1,83 m)
auseinander. Insgesamt mussten 6 Durchgänge absolviert werden.
Auswertung in der
Studie
Die Auswertung, welche in der Studie vorgenommen wurde,
zeigt folgendes Bild:
Bei Übung 1, dem präzisen Einzelschuss erreichte die
Iron-Sight-Gruppe 75% der möglichen Treffer. Die Red-Dot-Gruppe erreichte 98%
an Treffern. Was in der Studie als „statistisch signifikant“ bewertet wird.
Bei allen anderen Übung, welche alle gegen die Zeit aus
einer Bereitschaftsposition heraus geschossen werden mussten, betrug der
prozentuale Unterschied zwischen den beiden Gruppen 95 zu 99% bzw. 81 zu 96%
und 83 zu 96%. Nach dem Urteil der Durchführenden waren diese Unterschiede
„statistisch nicht signifikant“.
Ergebnis
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Trijicon RMR
Rotpunktoptik effektiver ist, als Kimme und Korn der offenen Visierung.
Interpretation
Die Studie lässt Spielraum für Interpretationen: Der einzige
als signifikant zu bewertende Unterschied in der Trefferleistung ist beim
präzisen Einzelschuss ohne Zeitbegrenzung zu sehen. Die Ursache könnte hier
sein, dass keinem der Teilnehmer der Umgang mit Kimme und Korn schon jemals
richtig erklärt worden ist. Somit kann nicht zwingend behauptet werden, die
Gruppe mit Red Dot Visier wäre besser. Sie ist nur weniger schlecht als die
Kimme-und-Korn-Gruppe. Bei dieser Gruppe wiederum offenbaren sich die
Ausbildungsmängel schonungslos. Während die Red-Dot-Gruppe Ausbildungsmängel
durch die Verwendung besserer Ausrüstung kaschieren kann.
Leider endet die Studie an dem Punkt, wo es interessant
wird.
In einem zweiten Teil hätte untersucht werden können, wie
sich die Trefferergebnisse ändern, wenn beide Probantengruppen mit dem gleichen
Material ausgestattet wären.
Fall a): Beide
Gruppen schießen ohne Red Dot
In die Praxis übertragen hieße das, es steht kein optoelektronisches
Zielhilfsmittel zur Verfügung.
Vermutlich wäre hier zu beobachten gewesen, dass die Gruppe,
welche im Teil 1 mit Iron Sights schoss im Teil 2 signifikant bessere
Ergebnisse erzielt hätte, als die Gruppe, die aus Teil 1 heraus an das Schießen
mit einem Rotpunkt Zielhilfsmittel gewöhnt war.
Fall b): Beide
Gruppen schießen mit Red Dot
Vermutlich wäre hier das Ergebnis gewesen, dass ebenfalls
die Iron-Sight-Gruppe aus Teil 1 die besseren Ergebnisse gehabt hätte, weil sie
aus Teil 1 heraus einen höheren Trainingseffekt durch das Nutzen der Offenen
Visiereinrichtung mit in den Teil 2 hätte nehmen können.
Fazit
Leuchtpunktoptiken schließen keine Fähigkeitslücken. Sie
kaschieren nur Ausbildungsmängel bis zu einem gewissen Grad. Eine
Grundausbildung im Nutzen von Iron Sights / Kimme & Korn hingegen ist für
die Entwicklung von Schießfertigkeiten von hoher Bedeutung. Nicht nur im
Hinblick darauf, dass Leuchtpunktzielgeräte nicht immer zur Verfügung stehen
bzw. deren Technik auch ausfallen kann.
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