Die Waffe, die den Wilden Westen eroberte, tat das aufgrund ihres Kalibers. Erst mit der Einführung einer einheitlichen Patrone für Gewehr und Revolver konnte der Siegeszug von Winchester und Colt in Richtung Westen nicht mehr gestoppt werden
Spielfilm „Winchester '73“ (1950): „Kulturhistorisch und ästhetisch bedeutsam“ (Copyright 1950 by Universal Pictures Co., Inc.) |
Von Arne Mühlenkamp
Das Jahr 1873 gilt als ein Meilenstein in der historischen Entwicklung im Schusswaffenbau. Der Gewehrhersteller Winchester brachte eine weiterentwickelte Version seiner Winchester 66 auf den Markt: Das mittlerweile legendäre Modell 73. Im Jahr 1950 lief sogar ein US-amerikanischer Spielfilm über das Modell 73 in den Kinos an. Die Hauptrollen in „Winchester '73“ spielten James Stewart und Shelley Winters. Im nationalen Filmarchiv der USA wird der Film als „kulturhistorisch und ästhetisch bedeutsam“ gelistet.
Der „Competition Carbine High Grade“ ist das jüngste Kind der aktuellen Model 1873 Baureiche aus dem Hause Winchester (Foto: Hersteller) |
Winchester Model 1873
Während das Modell 66 noch für eine Randfeuerpatrone im Kaliber .44 eingerichtet war, verschoss das Modell 73 eine Zentralfeuerpatrone des Kalibers .44-40 WCF (Winchester Center Fire).
Als die Firmen Colt und Remington kurz darauf begannen, ihre Revolver für das gleiche Kaliber einzurichten, war eine ideale Waffenkombination für alle Akteure des Wilden Westens geboren. Der Westmann hatte für Revolver und Gewehr nur noch eine Munitionssorte mitzuführen. Seit 1874 bot Winchester sogar ein Reloading Tool an, mit dem die Patrone auch behelfsmäßig unterwegs hergestellt werden konnte.
Obwohl sich die .44-40 als weitaus wirkungsvolleres Kaliber entpuppte, als die .44 Henry Flat Rimfire, war die Winchester 73 gemessen an heutigen Standards kein Gewehr mit besonders großer Reichweite.
Überliefert sind Streukreise von acht bis zehn Zentimeter auf einhundert Meter, sofern der Schütze sein Handwerk verstand und die Waffe in einem gepflegten Zustand war. Beides und dann auch noch gleichzeitig dürfte im Wilden Westen die absolute Ausnahme gewesen sein.
Nicht vergessen werden sollte, das die Winchester 73 dennoch nur ein Kurzwaffenkaliber verschoss, dessen Flachkopf-Projektil darüber hinaus auch noch ein ballistischer Alptraum war. Die real nutzbare Einsatzschussweite dürfte demnach 130 Meter kaum überschritten haben.
Neben der Kalibervereinheitlichung zwischen Revolver und Gewehr war die Feuerkraft, die sich aus dem 15 Patronen fassenden Röhrenmagazin und einem schnellen Nachladevorgang ergab, vermutlich der zweite nennenswerte Vorteil. Der 24“ Lauf hatte eine Drall-Länge von 1:38 (!).
Über den Produktionszeitraum von insgesamt 52 Jahren wurden etwa 720.600 Stück des Winchester Modell 73 ausgeliefert. Das bedeutet im Gesamtdurchschnitt etwa 1.000 Gewehre jeden Monat über einen Zeitraum von einem halben Jahrhundert.
Das Kaliber .44-40 besitzt in der modernen Fertigung auch Teilmantel-Flachkopf Projektile mit Geschossgewichten zwischen 180 gr. und 225 gr. (Foto: Hersteller) |
.44-40 WCF
In der Ursprungsausführung wurde die Patrone .44-40 mit einem Blei-Flachkopf Geschoss von 200 gr. bestückt und mit 40 grains Schwarzpulver gefüllt. Woraus sich die "40" in der Kaliberbezeichnung ableitet. Einen Gewehrlauf verließ die .44-40 im 19. Jahrhundert mit etwa 380 Meter pro Sekunde. Eine HV-Variante (high velocity) der Patrone soll schon um 1890 aus einem 24“ Lauf Mündungsgeschwindigkeiten von 480 Meter pro Sekunde produziert haben.
Die heutige Fertigung der .44-40 ist auch mit einem Teilmantel-Flachkopf von 225 gr. Geschossgewicht zu bekommen. 180 gr. Geschossgewichte können aus einem Gewehrlauf heute bis zu 590 Meter pro Sekunde entwickeln.
Neue Fertigung
Bei dem Verkaufserfolg, den die Winchester 73 bis in die 1920er Jahre hinein hatte, ist es nur folgerichtig, dass Winchester auch heute noch eine moderne Fertigungslinie der Waffe anbietet. Die Modellpalette des „Model 1873“ wird regelmäßig durch exklusive und teils limitierte Sonderauflagen ergänzt.
Das Model 1873 Deluxe Sporting gehört zu den exklusiven Ausführungen der aktuellen Fertigungslinie bei Winchester (Foto: Hersteller) |
Matchversion
Neu in 2021 ist der „Competition Carbine High Grade“ mit hochwertigem Walnuss-Schaft und 20“ langem Lauf. Die Waffe ist eingerichtet für die Kaliber .45 Colt und .357 Magnum. Verkauft wird sie zu einem, für US-amerikanische Verhältnisse, stolzen Preis von fast 1.800 US Dollar.
Selbst in den USA liegt der Verkaufspreis der 1873 Deluxe Sporting bei fast 2.000 US Dollar (Foto: Hersteller) |
Jubiläumswaffe
Zum 150-jährigen Jubiläum der Fertigstellung der ersten transkontinentalen Eisenbahnverbindung von der amerikanischen Ost- zur Westküste im Mai 1869 brachte Winchester das limitierte „Golden Spike“ Jubiläums Modell heraus. Im Originalkaliber .44-40 besitzt die Waffe einen 24“ Lauf, ist reichlich verziert und kommt mit einem Verkaufspreis von über 2.000 US Dollar.
„Golden Spike“ Jubiläumswaffe: Zum 150-jährigen Jubiläum der Fertigstellung der ersten transkontinentalen Eisenbahnverbindung von der amerikanischen Ost- zur Westküste gab es diese reich verzierte ´73 |
Fazit
Die Winchester 73 ist ein waffenkultureller Meilenstein. Im Originalkaliber .44-40 WCF sollte sie in keiner Sammlung fehlen. Auf Auktionen erzielen Originalfertigungen des Modells 73 heute nicht selten Preise zwischen fünftausend und zehntausend Euro.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.