Welchen Eindruck hinterlässt ein Flintenlaufgeschoss oder eine Ladung grobes Postenschrot im Kaliber 12 in einem Block ballistischer Seife? Wie baut man einen Beschussversuch auf und wie wertet man ihn aus? Akademie 0/500® hatte beim letzten Flinten Homedefense eine Versuchsreihe vorbereitet
Beschussversuche haben immer einen besonders hohen Unterhaltungswert. Weiß man doch vorher nie so recht, wie es ausgeht. Wie verhält sich ein Flintenlaufgeschoss im Kaliber 12/67 mit 26 Gramm Geschossgewicht in einem dieser Blöcke aus ballistischer Seife? Von „Geht durch“, über „Taumelt und tritt seitlich aus“, bis „Block zerplatzt“, sind im Vorfeld alle Antworten gegeben wurden. Das wirkliche Ergebnis hat keiner der Anwesenden richtig vermutet.
Aus fünf Meter Entfernung hinterlässt der 26-Gramm-Slug ein faustgroßes Loch |
Aufbau
Ziel ist es, den Beschussblock frontal zu treffen, um dem Projektil zumindest die theoretische Möglichkeit zu geben, den Block horizontal zu durchdringen. Der 14 Kilogramm schwere Beschussblock mit den Maßen 25 x 25 x 20 Zentimeter sollte deswegen auf Mündungshöhe positioniert werden. Eine mittig angebrachte Markierung dient als Haltepunkt für den Schützen. Beim Beschuss mit leistungsstarken Gewehrkalibern empfiehlt es sich, den Beschussblock zusätzlich durch Schraubzwingen am Untergrund zu fixieren, um eine mögliche Eigenbewegung weitgehend auszuschließen.
Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, das Projektil beim Wiederaustritt aus dem Block aufzufangen sowie Eintritts- als auch Austrittsgeschwindigkeit zu messen. Aus diesen Werten können Eintritts- als auch Austrittenergie berechnet werden, woraus sich die Energieabgabe im Ziel ergibt.
Der Abstand zum Block entsprach in diesem Versuch der typischen Schussdistanz einer Flinte im Bereich Home Defense. Das Flintenlaufgeschoss wurde aus fünf Meter abgefeuert, die Ladung Postenschrot wurde aus sieben Meter abgefeuert.
Faustgroß und 15 Zentimeter tief mit einhundert Prozent Energieabgabe im Ziel |
Durchführung
Waffe:
Mossberg 590A1, Lauflänge 47 Zentimeter (18,5“)
Munition:
Versuch 1:
GECO Coated Competition Slug, Kaliber 12/67, 26 Gramm, Anfangsgeschwindigkeit etwa 400 Meter pro Sekunde, Schussentfernung: 5 Meter
Versuch 2:
GECO Coated Competition Buck Shot, Kaliber 12/65, 27 Gramm, neun Kugeln mit acht Millimeter Durchmesser, Schussentfernung: 7 Meter
Versuch 3:
Gummigeschoss Patrone, Kaliber 12/70, 5 Gramm, Schussentfernung: 7 Meter
Zum Zerlegen nutzt man am besten eine dünne Schnur. Die Kaverne sollte exakt halbiert werden |
Auswertung
Eine Form der Auswertung kann sein, den Beschussblock zu zerteilen. Dabei ist erstrebenswert, die entstandene Kaverne möglichst exakt horizontal zu halbieren. Dazu wird der Block auf Höhe des Einschusslochs sowie, wenn vorhanden, auf Höhe des Austritts farblich markiert. Ist kein Austritt vorhanden, wird versucht, die Kaverne mittels Augenmaß zu halbieren.
Sind die vier Ecken markiert, wird an den Punkten eine Schnur angesetzt und der Block horizontal zerschnitten.
Eine weiterführende und wesentlich aufwendigere Methode der Auswertung kann die Geschwindigkeitsmessung bei Ein- bzw. Austritt sein. Hierdurch kann die Energieabgabe im Beschussmedium berechnet werden. Mitunter wird die Kaverne auch vorm Durchtrennen des Blocks für eine Fotodokumentation mit farbstoffhaltiger Flüssigkeit gefüllt.
Der Eintritt der Ladung Buck Shot aus sieben Meter Entfernung ist annähernd faustgroß. Das Zwischenmittel blieb hängen |
Ergebnisbetrachtung Versuch (1)
Das 26 Gramm schwere Flintenlaufgeschoss erzeugt bei Versuch (1) ein etwa faustgroßes Loch von ca. 15 Zentimeter Tiefe. Der 20 Zentimeter tiefe Beschussblock wurde nicht durchschlagen. Slug-Projektil als auch Zwischenmittel drangen in den Block ein. Das Bleiprojektil zerlegte sich außerdem. Die Mündungsenergie des rückstoßreduzierten GECO Coated Competition Slug beträgt etwa zweitausend Joule. Aus fünf Meter Schussdistanz erfolgte eine einhundert Prozent Energieabgabe im Medium.
Der 20 Zentimeter tiefe Block wird vom Buck Shot mühelos durchschlagen. Die Kaverne ist kleiner als beim Slug |
Ergebnisbetrachtung Versuch (2)
Die Ladung grobes Postenschrot GECO Coated Competition Buck Shot besteht aus neun Kugeln zu jeweils acht Millimeter Durchmesser und wiegt etwa 27 Gramm. Die Schussentfernung wurde auf sieben Meter erhöht. Gemäß der mehrfach durchgeführten Wirkungszonenmethode müsste die Garbe der Posten auf diese Entfernung mindestens faustgroß sein. Die Eintrittsöffnung im Beschussblock spiegelt dieses Ergebnis annähernd wider. Der Schrotbecher landete etwa handbreit tief unter dem Eintritt. Überraschend ist das Ergebnis: Die Postenladung hat den 20 Zentimeter tiefen Block mühelos durchdrungen. Die Kaverne hat überdies einen wesentlich geringeren Durchmesser, als beim Flintenlaufgeschoss. Die Energieabgabe im Ziel ist im Vergleich zum Flintenlaufgeschoss deutlich geringer.
Gemäß Wirkungszonenmethode müsste die Garbe der Posten aus sieben Meter Entfernung faustgroß sein |
Ergebnisbetrachtung Versuch (3)
Das Hartgummigeschoss des Herstellers SK Schönebeck hat ein Gewicht von gerade einmal fünf Gramm. Es wurde aus einer Distanz von sieben Metern abgefeuert. Der Beschussblock war dabei von einem handelsüblichen T-Shirt überzogen. Die Ausgangsfrage war, ob das Gummigeschoss überhaupt genügend Energie besitzt, textile Bekleidungsstücke zu durchdringen. Im Ergebnis kann diese Frage bejaht werden. Nach Durchdringen des T-Shirts, trat der Hartgummi-Slug inklusive Zwischenmittel etwa fünf Zentimeter tief in den Beschussblock ein. Ein stumpfes Trauma mit Knochenbrüchen wäre hier höchstwahrscheinlich die Folge gewesen. Bei Gummigeschoss-Patronen im Kaliber 12 per se von non-letalen, also nicht tödlichen, Wirkmitteln zu reden, dürfte nach diesem Beschussversuch in Frage gestellt werden. Bei einer geschätzten Mündungsgeschwindigkeit von 280 Meter pro Sekunde und einem Geschossgewicht von fünf Gramm entwickelt sich eine Mündungsenergie von etwa 200 Joule, was wiederum vergleichbar wäre mit der Pistolenpatrone 7,65 mm Browning.
Der Hartgummi-Slug dringt aus sieben Meter Entfernung inklusive Zwischenmittel etwa fünf Zentimeter tief in den Beschussblock ein |
Taktische Würdigung
Hartgummigeschosspatronen haben im Home Defense Bereich, für den sie eigentlich konstruiert wurden, keinen taktischen Vorteil. Sie können im oberen Grenzbereich genauso tödlich sein, wie Flintenlaufgeschosse oder Postenschrot. Auf der anderen Seite bietet die Hartgummivariante wesentlich weniger Mündungsenergie. In Situationen, wo eine hohe Energieabgabe im Ziel wünschenswert gewesen wäre, um die Konfrontation schnell und sicher zu beenden, ist das ein signifikanter Nachteil. Darüber hinaus erhöht sich aufgrund möglicher Abpraller der Gummipfropfen die Eigengefährdung. Insbesondere Postenschrot aus Hartgummi sollte hier gar nicht erst in Erwägung gezogen werden.
Mit seinen fünf Gramm Geschossgewicht entwickelt die Gummigeschoss-Patrone eine Mündungsenergie von etwa 200 Joule, was wiederum vergleichbar wäre mit der Pistolenpatrone 7,65 mm Browning |
Fazit
Seifenhersteller Tyler Durden von der Paper Street Soap Co. aus Bradford wäre stolz. Nach dem Beschussversuch lässt sich das Beschussmedium in kleine, handliche Seifenstücke zerteilen, die bestens zur Körperpflege geeignet sind.
Textilien sind für diese Munition kein Hindernis. Ein stumpfes Trauma mit Knochenbrüchen wäre mindestens zu erwarten. Eine tödliche Verletzung ist nicht ausgeschlossen |
Mehr zum Thema in "Die Waffenkultur" Nr. 61
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