Trifft der ZF-Schütze das Ziel nicht mit dem ersten Schuss, muss ihm sein Beobachter unmittelbar eine Schusskorrektur geben. Dafür gibt es Plan B mit drei Standardverfahren. Bei besonders weiten Schüssen wird es vorkommen, dass der Scharfschützentrupp das Ziel weder mit Plan A noch mit Plan B bekämpfen kann. Für diesen Fall findet Plan C Anwendung
Von Arne Mühlenkamp und Henning Hoffmann
Die Kommunikation zwischen Beobachter und Schütze sollte strukturiert und auf das Wesentliche beschränkt sein. Eine definierte Kommandosprache minimiert Fehler unter Stress. Darüber hinaus ermöglicht dieser Standard eine willkürliche Zusammenstellung von einmal ausgebildeten Schützen und Beobachtern zu Trupps.
Plan A
Der ersten Schussabgabe geht das Bestimmen der Anfangselemente voraus; der so genannte „Plan A“. Der Beobachter ermittelt die Entfernung zum Ziel, bestimmt den vorherrschenden Luftdruck sowie die Temperatur und gibt dem Schütze eine Höhenkorrektur mit entsprechender Klickanzahl für den Höhenturm. Des Weiteren schätzt der Beobachter die Windverhältnisse über die gesamte Flugbahn ein und bestimmt die entfernungsabhängige Spindrift, welche durch die Geschossrotation verursacht wird. Wiederum gibt er dem Schütze eine entsprechende Klickzahl für die Windkompensation am Seitenturm. Der Haltepunkt ist grundsätzlich in Zielmitte zu wählen.
Wurden die Anfangselemente sorgfältig bestimmt, ist die Konsequenz ein Treffer. Wurde das Ziel dennoch verfehlt, gibt der Beobachter unverzüglich eine Schusskorrektur; den Plan B.
Plan B
Für eine Schusskorrektur gem. Plan B gibt es drei Standardverfahren. Die Haltepunktkorrektur, die Klickkorrektur und das Gegenzielen, welches aber fast ausschließlich bei größeren Abweichungen der Treffpunktlage Anwendung findet.
Verfahren (1): Haltepunktkorrektur
Die Haltepunktkorrektur ist ein simples Verfahren, das mit wenig Ausbildungsaufwand erlernbar ist. Es erlaubt eine schnelle und effiziente Anpassung der Treffpunktlage. Dabei wird nach dem Prinzip des Orientierungszifferblattes verfahren. Das Ziel wird in Sektoren von ein Uhr bis zwölf Uhr unterteilt. Die Zuweisung des neuen Haltepunktes erfolgt mittels Angabe der entsprechenden Uhrzeit.
Beispiel: Plan A Treffer zu tief (unterhalb des Ziels), Anweisung des Beobachters: „Neuer Haltepunkt: Zwölf Uhr!“
Plan A Treffer links vorbei, Anweisung des Beobachters: „Neuer Haltepunkt: Drei Uhr!“
Verfahren (2): Klickkorrektur
Sobald Schütze und Beobachter in Stellung gegangen sind, sollte der Beobachter die Größe des Ziels kennen sowie berechnet haben, welche Treffpunktverlagerung ein Klick bewirkt.
Beispiel: Zielgröße: 45 x 75 Zentimeter, Entfernung 700 Meter, 1 Klick = 7 cm*
Daraus folgt, das Ziel ist etwa 6 Klick breit und 10 Klick hoch. Sinnvoll ist es, hierbei auf geradzahlige Klickwerte zu runden. Das Abschätzen einer Korrektur für die „halbe Zielbreite“ wird somit erleichtert. Bei einem Fehlschuss gibt der Beobachter seinem Schütze keinen neuen Haltepunkt, sondern unmittelbar eine Korrektur per Klickmaß.
Beispiel: Plan A Treffer zu tief (unterhalb des Ziels), Anweisung des Beobachters: „Höhe: Plus Fünf!“
Plan A Treffer links vorbei, Anweisung des Beobachters: „Seite: Plus Drei!“
Der Ausbildungsaufwand für das Klickkorrektur-Verfahren ist ebenfalls gering. Es erfordert lediglich etwas Begabung, für jede gegebene Entfernung die Zentimeter pro Klick zu errechnen sowie das Ziel mit entsprechenden Klicks zu vermessen. Zielfernrohre basierend auf dem Mil-Klicksystem und cw-Drehrichtungen unterstützen dieses Verfahren deutlich.
Verfahren (3): Gegenzielen
Bei einer größeren Abweichung der Treffpunktlage, wird unter Anwendung des MilDot-Absehens gearbeitet. Die Dot ersetzen dabei das Fadenkreuz im Zentrum des Zielfernrohrs und dienen als Haltepunkte. Für die Kommunikation zwischen Beobachter und Schütze ist es bei diesem Verfahren zunächst erforderlich, die Dots des Absehens eineindeutig zu bezeichnen. Das passiert in der Höhenachse mit „Dot oben“ bzw. „Dot unten“. In der Seitenachse mit „Dot positiv“ bzw. „Dot negativ“. Positiv bezeichnet dabei die Dots rechts vom Mittelpunkt, negativ alle Dots links vom Mittelpunkt. Die Zählweise erfolgt jeweils vom Mittelpunkt aus mit Dot 1, 2, 3 und 4.
Beispiel: Plan A Treffer zu tief (1 Mil unterhalb des Ziels), Anweisung des Beobachters: „Drei Dot unten!“
Plan A Treffer 2 Mil links vorbei, Anweisung des Beobachters: „Zwei Dot negativ!“
Der Ausbildungsaufwand beim „Gegenzielen“ ist etwas höher. Erfahrungsgemäß ist dieses Verfahren nur von routinierten Beobachtern stressresistent anwendbar. Außerdem benötigt der Beobachter eine Optik mit Mil-Skala.
Horus und Tremor
Horus- und Tremor-Absehen in Zielfernrohren basieren auf der Idee des Gegenzielens. Geübte Scharfschützen können sich somit selbst eine Schusskorrektur geben. Vorausgesetzt, die Treffpunktlage des Fehlschusses konnte beobachtet werden.
Plan C
Ab einer bestimmten Entfernung wird die systembedingte Durchschnittsstreuung größer sein, als das zu bekämpfende Ziel. Diese Entfernung könnte durchaus einen „weiten Schuss“ definieren. Bei einer angenommenen Durchschnittsstreuung von 0,5‰ und einer Zielgröße von 45 x 75 Zentimeter würde dieser Entfernungsbereich bei etwa 900 bis 1.000 Metern beginnen. Fehlschüsse werden selbst ohne weitere Umwelteinflüsse wie z.B. Wind, unvermeidbar. Für den Beobachter bedeutet das, er kann die Ursache eines Fehlschusses nicht mehr eindeutig verifizieren. Dem Beobachter fehlt bei weiten Schüssen der Anhaltspunkt, ob der Fehlschuss auf eine unkorrekte Bestimmung der Anfangselemente (Plan A) zurückzuführen ist, oder auf einen Fehler seines Schützen oder ganz einfach auf die in Relation zu Entfernung und Zielgröße zu große Durchschnittsstreuung.
Kurzum; bei weiten Schüssen kann der Beobachter nach einem Fehlschuss keine Schusskorrektur gem. Plan B geben. Er greift auf Plan C zurück und lässt seinen Schützen zwei Schuss hintereinander abgeben. Erst anhand der Trefferlage beider Schüsse errechnet der Beobachter eine Korrektur.
Trefferaufnahme
Im Idealfall fällt das Ziel mit dem ersten oder dem zweiten Schuss. Tut es das nicht, sind drei Varianten denkbar. Variante 1: Beide Schüsse waren Fehlschüsse, liegen jedoch erkennbar beieinander. Der Beobachter gibt eine Korrektur analog des Plan B und lässt zwei weitere Schüsse abfeuern. Die Ursache lag hier möglicherweise bei einer nicht ganz korrekten Bestimmung der Anfangselemente.
Variante 2: Beide Schüsse waren Fehlschüsse, liegen aber gleichmäßig verstreut um das Ziel. Der Beobachter errechnet aus beiden Schüssen die durchschnittliche Abweichung der Treffpunktlage und gibt eine Korrektur. Das Ganze sollte innerhalb weniger Sekunden passieren.
Variante 3: Beide Schüsse waren Fehlschüsse, liegen aber bspw. einmal auf neun Uhr und einmal auf drei Uhr. Der Beobachter lässt ohne Korrektur zwei weitere Schüsse abgeben. Die Ursache lag hier vermutlich rein in der Systemstreuung des Waffensystems, bei einer korrekten Bestimmung der Anfangselemente.
Zügig arbeiten
Da eine Schusskorrektur gem. Plan C vielen Variablen unterliegt, insbesondere sich schnell ändernden Windverhältnissen, muss der Scharfschützentrupp sehr zügig arbeiten. Der Beobachter muss die Erfahrung und das Talent besitzen, eine Korrektur nahezu ad hoc zu errechnen. Hilfreich ist hier u.a. zu wissen, wie viele Klick das Ziel breit und hoch ist. Ein Standardziel bspw. ist auf 1.000 Meter fünf Klick breit und sieben Klick hoch. Der Schütze wiederum muss zwingend in der Lage sein, Grundfertigkeiten des Schießens stressresistent umzusetzen. Nach dem ihm sein Beobachter die Schusskorrektur bzw. das „Feuer frei!“ gegeben hat, muss der Schuss innerhalb von zwei bis drei Sekunden brechen.
Kritische Würdigung
Spätestens jenseits der 800 Meter bleibt für Diskussionen und Rumgestotter keine Zeit mehr. Der Scharfschützentrupp muss hier stumpf einer Methode folgen, um erfolgreich Treffer generieren zu können. Der Beobachter muss in der Lage sein, Schusskorrekturen ad hoc zu geben, der Schütze muss innerhalb von zwei Sekunden den Schuss liefern.
Annahmen:
Entfernung 1.000 m
Durchschnittstreuung 0,8‰
Zielbreite 40 cm
Zielbreite = 4 Klick
*Alle Klickangaben im Artikel beziehen sich auf eine Mil-Verstellung. 1 Klick = 1 cm / 100 m
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