Dienstag, 20. April 2021

Schalldämpfer Roedale Ti50M MK1 (Non-Overbarrel)

 

Der Non-Overbarrel Dämpfer Ti50M MK1 ist eine Neuentwicklung aus dem Hause Roedale explizit für Gewehrsysteme mit kurzen Läufen. Notwendig wird diese Konstruktion, wenn der Gewehrlauf nicht ausreichend lang ist, um einen Signaturverzerrer mit Laufüberschub verwenden zu können




Von Jan Oettgen

Die Firma Roedale um den Eigentümer Peter Lincoln bleibt den Anforderungen an Qualität, Gewicht und Dämpfungsleistung treu. Auch der Ti50M wird in einem 3D-Druck-Verfahren aus Ti-6Al-4V-Pulver hergestellt und kann nach aktuellem Kenntnisstand als leichtester Dämpfer seiner Klasse bezeichnet werden.
In den Aufbau und Druck des Ti50M fließen die neuesten Daten aus Simulationen und Praxistests sowie den gesammelten Erfahrungen und Erkenntnissen in der Anwendung der vergangenen Jahre ein. Die T3D-Serie von Roedale unterliegt einem fortlaufenden Evolutionszyklus, nämlich durch die Nutzung von innovativen Forschungsmethoden wie computergestützten Strömungssimulationen und von kontinuierlichen Labor- und Praxistests.

Roedale Ti50M MK1 im Neuzustand bei Lieferung



Beschichtung oder nicht?
Wie gewohnt kann der Ti50M in den bekannten Farben Armor Black, Grau, OD Green, Tungston, RAL8000 und FDE bestellt werden. Wird die Nutzung in Verbindung mit einem Halbautomaten angestrebt, empfehlen wir jedoch keine Cerakote Beschichtung, denn bedingt durch die hohe Kadenz und die damit verbundene Hitzeentwicklung verbrennt die Beschichtung nach kurzer Zeit. Für den Test wurde bewusst ein Modell mit einer Beschichtung gewählt, um den Prozess, den die Materialien durchlaufen, nachvollziehen und dokumentieren zu können.
Als Standardkaliber steht eine üppige Auswahl bereit. Der Hersteller kann von 4,5 Millimeter bis Kaliber .45 alle Wünsche bedienen. Die Gesamtlänge des Schalldämpfers ist 174 Millimeter, der Durchmesser liegt bei 48,5 Millimetern. Die Gesamtlänge der Waffe erhöht sich um 155 Millimeter.


Roedale Ti50M MK1 im Neuzustand auf der Waage



August 2020
Anfang August 2020 startete der Langzeittest des Ti50M im Kaliber .223 Rem. Das Gewicht liegt, inkl. fest verklebtem Gewindeadapter, bei federleichten 329 Gramm. Der für den Vergleichstest herangezogene Ase Utra Jet-Z CQB-S (S = leichtere Short-Variante) mit dem für die Nutzung erforderlichen Flash-Hider wiegt 613 Gramm. Das Gewicht am Laufende kann allein durch den Roedale Ti50M um 284 Gramm, und damit um 46,3 Prozent gegenüber dem Ase Utra, reduziert werden.
Für den Langzeittest thront der Roedale Ti50M auf einem H&K MR223 A3 mit 11“ Lauf und muss sich einer extrem hohen Schussbelastung auf dem Halbautomaten unterziehen.
Zum wöchentlichen Standardprogramm gehören aktuell Schussbelastungen von über 300 Schuss, die sich aus den für den Waffenkultur-Leser oder 0/500-Teilnehmer bekannten Drills (wie 5/1 Failure Drill, Grid of Fire oder dem ½ & ½ Drill) zusammensetzen.

Start des Belastungstests Roedale Ti50M



September 2020
Mitte September 2020 hatte der Dämpfer die Hürde von 1.800 Schuss genommen. Die Cerakote-Beschichtung hat sich weitestgehend verabschiedet, was die Funktion aber in keiner Weise beeinträchtigt. So schnell sich die Titanlegierung erhitzt, so schnell kühlt sie auch wieder ab.
Die Dämpfung ist unerreicht gut. Das geht so weit, dass für den Schützen bei etlichen Drills keine korrekte Zeitnahme möglich ist. Während andere Test-Dämpfer dem verwendeten CED 7000 Timer noch ein verwertbares Signal liefern, ist aufgrund der geringen Geräuschentwicklung bei Verwendung des Ti50M häufig keine Zeitnahme möglich. Bei statischen Übungen muss für die Zeitnahme der Timer direkt neben das Gewehr gehalten werden. Der Titan-Zwerg weiß zu beeindrucken. Ein Betrieb ohne Gehörschutz wäre möglich.

Reaktion der Cerakote Beschichtung
unter extremer Temperatur

Cerakote-Beschichtung verbrennt
und löst sich vom Titan-Corpus



Oktober 2020
Ende Oktober 2020 hat der Signaturverzerrer die Marke von 3.750 Schuss erreicht. Die Waage zeigt eine Gewichtszunahme von 8 Gramm. Diese ist der Verschmutzung in den Kammern geschuldet. Endoskopische Untersuchungen zeigen trotz der extrem hohen Belastung nur geringe Ablagerungen und stellen die hervorragende Strömungsleistung innerhalb des Corpus unter Beweis. Nach einer Reinigung mit Schalldämpfer-Reiniger und einer erneuten endoskopischen Begutachtung kann kein Verschleiß oder eine Beschädigung festgestellt werden.



Belastungstest im Hochtemperatur-Bereich



November 2020
Die 4.000 Schuss-Marke ist erreicht. Äußerlich sieht man dem Dämpfer die ständigen dramatischen Temperatur-Torturen und Strapazen an. Ähnlich einem Abgaskrümmer hat sich die Legierung bunt verfärbt. Der Dämpfer durchläuft nach wie vor die Dauerbelastung vom kalten Zustand auf über 500 Grad und wieder zurück. Funktion und Schallreduktion sind unverändert sehr gut.
Der Ti50M bleibt als Testobjekt weiterhin im Dienst. Eine Belastung von mehr als 10.000 Schuss soll über den Langzeittest dokumentiert werden.

Ti50M mit Durchschnittstemperatur
unter Extrembelastung

Abkühlprozess des Ti50M nach 5 Minuten

Der Dämpfer kühlt innerhalb von 13 Minuten
von 430°C auf Handwärme ab



Messverfahren
Neben den persönlichen Eindrücken und der subjektiven Wahrnehmung musste sich der Ti50M MK1 auch einem reellen und standardisierten Messverfahren unterziehen. Die Testwaffe wurde durchgängig mit Munition vom Typ Geco FMJ 63gr (4,1 Gramm) im Kaliber .223 Rem. geschossen. Als Referenz- und Vergleichsmodell dient jeweils der o.g. Ase Utra Signaturverzerrer.

Endoskopische Bildgebung nach 2.000 Schuss

Endoskopisches Detailbild einer
Dämpferkammer nach 2.000 Schuss



Temperaturverhalten
Gemessen wurde mit einem Gerät des Herstellers testo vom Typ 830-T4. Innerhalb der ersten Tests wurde die Marke von 400 Grad Celsius mehrfach überschritten. Daher sind weitere Messungen mit einem externen Oberflächenfühler durchgeführt worden, welcher einen Temperaturbereich von -60° bis +1.000° Celsius abdecken kann. Die auf der Oberfläche gemessene Höchsttemperatur beträgt 540° Celsius.
Die Messentfernung mit IR wird, gemäß Herstellervorgabe, einen Meter entfernt durchgeführt, der Messfleck ist damit 36 Millimeter groß.
Der Dämpfer wurde bei jedem Einsatz mit mehreren hundert Schuss belastet. Um das Verhalten bei starker Hitzeentwicklung abzubilden, wurden je Durchgang immer mindestens einhundert bis einhundertfünfzig Schuss in schneller Folge abgegeben. Der Dämpfer zeigte laut Messung mit dem testo bei jedem Messlauf eine Temperatur von mindestens 430° Celsius an. Über den Zeitraum  von dreizehn Minuten sank die Temperatur auf (!) 31,5° Celsius ab.
Laut Hersteller liegt der Schmelzpunkt der T3D-Dämpfer ab 1.648° Celsius. Der ungefähre Kriechpunkt, an dem die Verformung eintreten könnte, entsteht ab 700° Celsius.
Der als Referenz herangezogene Ase Utra konnte dieser Schussbelastung nicht unterzogen werden, da mit einer Zerstörung des Dämpfers zu rechnen war.
Heißgeschossen auf 320° Celsius benötigte der Ase Utra eine halbe Stunde, um auf die besagten 31 Grad abzukühlen.


Der Ti50M nach Höchstbelastung, ohne Beschichtung



Schallreduktion
Die Schallpegelmessung wurde mit einem Gerät des Herstellers Brüel & Kjær, Typ 2250 und einer ¼- Zoll-Kapsel, Typ 4941 für Schallanalysen über 160 dB durchgeführt. Der Analysator wurde vor und nach der Messung kalibriert. Die Messtoleranz liegt bei <1 dB (A). Der gemessene Mittelwert aus vier Messreihen zu je 15 Schuss ergab eine Reduzierung des Schallpegels um 35 dB. Dies ist gegenüber dem Ase Utra Jet-Z CQBS, der 29 dB im Mittelwert dämpft, eine Verbesserung um 6 dB.


Durchführung der Messmethode nach Kreisfunktionen im Einzelnen:
Büchse vom Typ H&K MR223 A3 11” mit Roedale Ti50M MK1.
Munition Geco FMJ 63gr (4,1 Gramm) im Kaliber .223.
Die Quellhöhe / Mündung beträgt 1,5 Meter zum Boden. Die Mündung stellt den Nullpunkt dar.
Die Messungen erfolgten auf gleicher Höhe und im Abstand von einem Meter zur Mündung in den Winkeln 0°, 90°, 120°, 150°, und 180° (am Ohr des Schützen). Durch die Höhe von 1,5 Metern kann eine Signalstörung durch Bodenreflexionen nahezu ausgeschlossen werden.
Die Messanordnung verlangt dabei die Bestimmung der Werte in Schießrichtung.
Schießrichtung φ = 0° und hinter der Waffe bei φ = 180°. Die Ergebnisse der Messungen von φ1,2 = (0°, 180°) und den Zwischenwerten ermöglichen die Bildung eines Mittelwertes, der in Summe zu einer Reduzierung von 35 dB führt.
Bemerkung: Die Ausdehnung des Schallimpulses erfolgt in Schussrichtung. Die Nutzung von Signaturverzerrern hat auf Seiten des Schützen eine überproportionale Reduktion von Schallemissionen zur Folge. Auch spielen Höhe und Abstände der Mündung zu Boden oder Wänden, ebenso wie deren Beschaffenheit, eine erhebliche Rolle bei der Messung und Wahrnehmung von Schalldruck.

Endoskopisches Detailbild nach 4.000 Schuss
mit leichtem Verschleiß der Warben

Endoskopisches Bild in die Kammern, alle strukturgebenden
Elemente sind frei von Beschädigungen

Detailbild der inneren Struktur nach 4.000 Schuss



Fazit
Der Ti50M darf, wir die gesamte T3D-Serie, als Spitzenprodukt bewertet werden. Gewicht, Haltbarkeit, Temperaturverhalten und natürlich die Schalldämpfung sind absolute Oberklasse.
Der Hersteller Roedale steht für Fortschritt und High-Tech bei der Schalldämpfer-Entwicklung. Für spezielle Verwendung stehen neben dem ohnehin schon sehr strapazierfähigen Material Ti64 auch Inconel oder Stellite zur Verfügung. Die Erfahrung im Bereich der Luft- und Raumfahrt blitzt bei den Produkten immer wieder auf. Über die jagdlichen Wurzeln hinaus haben die Ti50M durchaus das Potential, im infanteristischen / praktischen Schießbetrieb dauerhaft Anwendung zu finden.

Service
Der Ti50 Mk2 im Test
https://wp.roedale.de/
 

Technische Daten Signaturunterdrücker
Modell: Ti50M MK1 (Kaliber .223 Rem.)
Hersteller: Roedale GmbH & Co. KG, 49492 Westerkappeln
Mündungskomponente: fest verklebter Gewindeadapter für M15/1 Laufgewinde
Länge: 174 Millimeter
Effektiv an Waffe überstehend: 155 Millimeter
Gewicht: 295 Gramm (329 Gramm inkl. Gewindeadapter)
Durchmesser: 48,5 Millimeter
Schalldruckpegelreduktion: ca. 35 dB



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