Ein ganzheitliches
Trainingssystem, dass sowohl Trockentraining umfasst, als auch das Üben mit
Platzpatronen oder Farbmarkierungsprojektilen bis hin zum scharfen Schuss auf
eine Zielscheibe, dürfte die Wunschvorstellung so manchen
Ausbildungsverantwortlichen sein. Die britische Firma „Ultimate Training
Munitions“ bringt dieses Ziel in greifbare Nähe.
Ziel jeder Schießausbildung sollte neben der sehr
wesentlichen Sicherheitserziehung auch sein, die eigene Waffe permanent in
Feuerbereitschaft halten zu können und vor allem reproduzierbare Treffer auf
dem Zielmedium zu erzeugen. Für gewöhnlich wird dieses Niveau als
Basisausbildung oder Grundausbildung bezeichnet. Der Anwender sollte in diesem
Abschnitt durchaus schon einmal mit den Stressoren Dunkelheit, Zeitdruck und
wenn möglich auch Kälte bzw. Schlechtwetter allgemein konfrontiert worden sein.
Auch taktisches Verhalten im 2-Mann-Trupp kann problemlos in die Ausbildung
integriert werden.
In der zweiten und dritten Stufe von Schießausbildung sollte
die Symbiose des 2-Mann-Trupps hin zum 4-Mann- und 8-Mann-Trupp erfolgen sowie
weitere Stressoren Einzug halten. Eines dieser stresserzeugenden Momente ist
das sog. Vollkontaktschießen.
Die Verschlussbaugruppe eines AR-15 wird gegen einen Masseverschluss mit Randfeuerzündung ausgetauscht |
Vollkontaktschießen
Unter Vollkontaktschießen, auch als Force-on-Force (kurz:
FoF) bezeichnet, versteht man das Training mit lebendigen Trainingspartnern.
(Vgl. „Waffenkultur“ Nr. 25, Seite 18) Dabei können sowohl einzelne
Fertigkeitsübungen als auch komplexere Situationen oder integrierte Szenarien
durchgespielt werden. Es existieren verschiedene Arten von Übungs(waffen)systemen
wie z.B. Airsoft, RAM oder FX. Je nach verwendeter Waffe gehört eine mehr oder
weniger umfangreiche Schutzausrüstung zwingend dazu.
Ein relativ neuer Anbieter auf dem Markt für FoF-Hardware
ist die britische Firma UTM. Gegründet im Jahr 2000 bietet UTM Wechselsysteme
an, mit denen vorhandene Handwaffensysteme für verschiedene Trainingsszenarios
umgerüstet werden können.
Neu im Programm ist das Wechselsystem für eine HK417. Die liegende Patrone ist „messetauglich“ delaboriert und enthält keinen Zündsatz |
UTM Varianten
Das Verschießen von Farbmarkierungsmunition für Force-on-Force
Ausbildungen ist da nur eines von insgesamt vier Anwendungsgebieten. Daneben
gibt es noch die Variante „Manövermunition – laut/leise“ (Battlefield Blank BBR
und SBR), also das Verschießen von Platzpatronen sowie die Variante „Target
Bullet Round“ (TBR) eine Art stark ladungsreduzierte Zielscheibenmunition.
Battlefield Blank BBR
und SBR
Die Verkaufsbezeichnungen der Platzpatronenausführungen
lauten Battlefield Blank Round (BBR) und Silent Blank Round (SBR). Der Nutzen
einer lautlosen Platzpatrone (SBR) erschließt sich vielleicht nicht sofort.
Methodisch und didaktisch kann es aber durchaus sinnvoll sein. Der Übende hat
beim Trockentraining bspw. ein Magazin mit Patronen, welche die Funktion der
gesamten Waffenmechanik erlauben. Ohne Schussknall, ohne Emission, ohne
Gefahren- oder Sicherheitsbereich. Das einzige Geräusch, wird durch die
Waffenmechanik selbst verursacht. Es bleibt letztlich der Fantasie des Ausbildungsverantwortlichen
überlassen, aber mit SBR könnte Trockentraining auf ein neues Niveau gehoben
werden.
Die zweigeteilte Hülse im geschlossen Zustand sowie abgefeuert im offenen Zustand |
Die Battlefield Blank Round (BBR), eine Platzpatrone mit
Schussknall, ist kein neues Ausbildungsinstrument. Die Besonderheit bei UTM
besteht darin, dass das System ohne Manöverpatronengerät (MPG) und ohne
Treibladung auskommt. Die BBR besitzt die sog. Zwei-Zünder Technologie: Der
erste Zünder setzt den Ladevorgang in Kraft, der zweite Zünder erzeugt das
Geräusch. Die Sicherheitsentfernung zur Laufmündung beträgt hierbei nach
Herstellervorschrift lediglich 50 cm. Das Funktionsprinzip ist simpel: Die
Hülse ist zweigeteilt, in einen unteren und einen oberen Teil. Bei der
Auslösung des ersten Zünders werden Gase frei. Diese lassen die beiden
Hülsenteile entfalten, so dass der Raum, in dem sich das Gas ausbreitet größer
wird. Da die Patrone im Patronenlager liegt, kann sich die Hülse nur in
Richtung Verschluss bewegen und leitet dadurch den nächsten Ladevorgang ein.
Außerdem beschleunigt der erste Zünder einen „Schlagbolzen-Ball“. Dieser
dichtet den Raum zwischen unteren und oberen Teil der Hülse ab, so dass der
nächste Ladevorgang durchgeführt werden kann und schlägt auf den zweiten
Zünder, der das Gefechtsgeräusch erzeugt.
Das Geräuschniveau liegt je nach Ausführung bei 135 db oder
(extra laut) bei 155 db. Halb- als auch Vollautomatische Waffen funktionieren
in realistischen Kadenzen. Die Zwei-Zünder Technologie bedingt außerdem eine
geringe Hitzeentwicklung.
Sowohl für die SBR als auch für die BBR ist ein Wechselverschlusssystem
erforderlich. UTM bietet diese Wechselverschlüsse für alle gängigen Kurz- und
Langwaffen an.
Farbmarkierungspatronen MMR: Alle UTM Patronen sind auch gegurtet erhältlich |
Man Marker Round
(MMR)
Der Ausbildungsabschnitt Force-on-Force wird im UTM-System
durch die Man Marker Round (MMR) abgebildet. Zum Verschuss dieser
Farbmarkierungspatrone wird derselbe Wechselverschluss genutzt, wie er bei SBR
und BBR zum Einsatz kommt. Die durchschnittliche Mündungsenergie liegt bei 2
bis 3 Joule. Auch hier sorgt die Zwei-Zünder Technologie für eine zuverlässige
Funktion bei realistischen Kadenzen und identischer Waffenmechanik.
Farbmarkierungspatronen sind auch in gegurteter Form erhältlich. Der Aufbau und
die Funktionsweise der Patrone sind dabei sehr ähnlich zur BBR. Allerdings
besteht bei der MMR die Geschossspitze aus einer Farbkammer. Unmittelbar
dahinter befindet sich der Applikatorball. Beim Auftreffen quetscht dieser
„Trägheitsball“ die Farbkammer. Mit diesem System ist eine Farbmarkierung auch
bei Winkelbeschuss zuverlässig gegeben. Die MMR ist in fünf Farben verfügbar:
rot, blau, weiß, gelb und grün. Die Kaliberpalette umfasst: 5,56x45 / 7,62x51 /
7,62x39 / 9x19 / .357SIG / .40S&W / 4,6x30 / 5,7x28
Hinter der Farbkammer in der Patronenspitze sitzt der Applikatorball, der beim Auftreffen durch seine Trägheit die Farbmarkierung verursacht. Die Funktion ist auch bei Winkelbeschuss gewährleistet |
Target Bullet Round
(TBR)
Im Gegensatz zu den drei erstgenannten Einsatzvarianten
handelt es sich bei der TBR trotz ihrer reduzierten Ladung um eine letale
Trainingsmunition. Die Mündungsenergie liegt bei 15 Joule (5,56x45). Es wird,
wie beim „scharfen“ Schuss auch, ein Projektil verschossen. Als Einsatzbereich
steht hier das Nutzen von Trainingsräumlichkeiten im Vordergrund, die für das
Training mit scharfen Schuss nicht zugänglich sind. Eine UTM 9x19 TBR stoppt in
25 mm Sperrholz. Bei Verwendung der 5,56x45 TBR sind 40 mm Sperrholz
erforderlich. Die Projektile werden von Video-Schießanlagen erkannt. Für die Verwendung der TBR muss ein zweites Wechselsystem
beschafft werden.
Bei Kurzwaffen werden Lauf, Schließfeder und Verschluss ausgetauscht. Das Patronenlager verhindert aufgrund von Form und Tiefe die Zündung einer scharfen Patrone |
Sicherheit
Da im UTM-System Handwaffen Verwendung finden, stellt sich
simultan die Frage nach der Sicherheit und wie das Zuführen einer
Gefechtspatrone verhindert wird. UTM beschreitet hier zwei Wege. Bei Langwaffen
verwendet UTM ausschließlich Patronen mit einer Randfeuerzündung. Eine
Gefechtspatrone würde vom Wechselverschluss zwar ins Patronenlager zugeführt,
eine Zündung ist aufgrund des Randfeuerschlagbolzens aber ausgeschlossen. Bei
Kurzwaffen werden Lauf, Schließfeder und Verschluss ausgetauscht. Das
Patronenlager des Wechsellaufs ist in Form und Tiefe so gearbeitet, dass bei
einer scharfen Patrone der Verschluss nicht verriegelt. Eine Schussabgabe ist
somit technisch nicht möglich.
Die Zwei-Zünder Technologie ermöglicht das Verwenden von Platzpatronen auch bei reinen Masseverschlüssen ohne Manöverpatronengerät |
Verschmutzung und
Verschleiß
Keine Patrone im UTM-System besitzt eine Treibladung. Durch
die Zwei-Zünder Technologie und die zweigeteilte Hülse entstehen kaum
Schmauchablagerungen in der Waffe. Der Verschleiß der Waffenmechanik ist nicht
höher als im normalen Betrieb.
Munitionskonvolut an UTM Sorten
|
Zivilmarkt
UTM Germany prüft derzeit eine Verwendung im Zivilmarkt.
Nach unverbindlichen Aussagen von Mitarbeitern des BKA steht dem theoretisch
nichts im Wege. Ein schriftlicher Bescheid liegt allerdings noch nicht vor.
Fazit
Das System von UTM kann dabei helfen, Schießausbildung oder
Training ganzheitlicher zu gestalten und auf ein neues Niveau zu heben. Zur
Verwendung von Farbmarkierungsmunition oder Platzpatronen ist lediglich ein Wechselverschluss
notwendig. Es müssen keine komplett neuen Waffensysteme angeschafft werden. Für
das Training mit UTM können die vorhandenen Handwaffen genutzt werden. Die
Verwendung von UTM ist sicher, zuverlässig und verschleißarm.
Service
Vertrieb für Österreich und Deutschland über http://www.utm-germany.de/
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