Montag, 31. Januar 2022

Buchempfehlung: FN FAL

 

The FN FAL Battle Rifle
von Bob Cashner

Paperback: 80 Seiten, Englisch
Format: 18,44 x 0,66 x 24,97 cm
Verlag: Osprey Publishing (1. Auflage, 2012)
ISBN: 978-1-7809690-3-9
Preis: 17,50 Euro
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Die Publikationsreihe „Weapon“ des renommierten Osprey-Verlages stellt in jeder Ausgabe eine bestimmte Waffe in den Fokus. Ausgabe 27 von Bob Cashner behandelt das FAL-Gewehr.
Das Werk gibt einen guten Überblick über die Entwicklung und den jahrzehntelangen Einsatz dieser legendären Feuerwaffe. Die Entstehungsgeschichte des FAL im Zusammenhang mit der Allied Rifle Commission und der NATO-Standardisierung des Kalibers 7,62 x 51 Millimeter wird durch den Autor erkenntnisreich dargestellt. Das Original von Fabrique Nationale wird anhand von Schnittmodellen im Detail erläutert. Auch die Varianten der vielen Lizenzhersteller sowie das Zubehör der Waffe werden hinsichtlich ihrer Varianzen betrachtet.

Besonders interessant wurde der Abschnitt zur Einsatzgeschichte des FAL ausgestaltet: Verknüpft mit Gefechtsberichten aus einschlägiger Fachliteratur hat der Autor hier einen wertvollen Beitrag geliefert. Neben der umfassenden britischen Nutzungsperiode im Nahen und Fernen Osten, Irland und auf den Falklandinseln werden auch Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent betrachtet. Gerade die Kampfeinsätze der Streitkräfte Rhodesiens und Südafrikas hätten jedoch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt. Dafür werden die Erfahrungen der arabisch-israelischen Kriege und die der Australier und Neuseeländer in Vietnam detailliert beleuchtet. Den Abschluss bildet eine Abhandlung zu den wenigen Schwächen des FAL und einem Vergleich mit zwei anderen Gewehren der Zeit: dem M14 und dem G3.

Mit 80 Seiten sicher nicht vollständig, ist das Werk von Bob Cashner vor allem für Einsteiger geeignet die sich noch nicht oder nur wenig mit dem FAL befasst haben. Unter dem Vorbehalt, dass die L1A1 in rhodesischen Diensten und das südafrikanische R1 etwas ausgeklammert werden, kann das Buch als guter Ausgangspunkt für die weitere Lektüre dienen. (cv)

Mehr zum FN FAL in „Die Waffenkultur“ Nr. 62

Sonntag, 30. Januar 2022

Die Waffenkultur – Ausgabe 62 (Januar/Februar 2022)

 

Ausgabe 62 (Januar/Februar 2022)


Die Januar/Februar Ausgabe hat folgenden Inhalt:

Infanterieporträt (5): Royal Marine Commandos
Die Prunkvolle: Selbstladepistole Simson D. R. P. (6,35 mm)
Flinte Homedefense: Ridin' Shotgun
Unkonventionelle Schießposition: Modified Prone
Kleine Abzugskunde: Double-Action Only Abzüge
Ersthelferkurs: Range Responder
Der Goldstandard: ELCAN Specter 1x/4x
Taschenlampe Fenix TK16 V2.0
Neudefinition: Das Helikon Trip Shirt
Das Kalenderblatt: 40 Jahre Falklandkrieg und das FAL
Buchempfehlung: „Krisenfest“ und „The FN FAL Battle Rifle“

http://waffenkultur.com


Freitag, 21. Januar 2022

Alltagshelden: Umhängetaschen von Helikon-Tex

 

Die Produktentwickler von Helikon-Tex haben sich mit den Umhängetaschen Bushcraft Satchel, Bushcraft Haversack und dem EDC Sling Backpack wieder einmal selbst übertroffen. Die Taschen sind seit zwei Jahren bzw. seit mehreren Monaten im täglichen Gebrauch und perfekte Geschenkideen


Die EDC (Every Day Carry) Ausrüstung hat sich in den letzten Monaten grundlegend geändert. Während es früher darum ging, Taschenlampe, Messer, Schreibzeug oder ein kleines Erste-Hilfe-Paket mitzuführen, haben sich die Prioritäten heutzutage in eine falsche Richtung verschoben.
Ohne Impfbuch, RKI-Zertifikat, Antigen Test (nicht älter als 24 Stunden), FFP2-Maske, plus FFP2-Reservemaske und ein Fläschchen Desinfektionsmittel möchte heute keiner mehr sein trautes Heim verlassen. Also wohin mit dem ganzen Krempel? Eine Umhängetasche für den modernen Mann muss her.

Alltagstauglich: Neben essentiellen Inhalten bleibt
im EDC Sling Backpack noch Platz für eine Lektüre
und kleinere Gegenstände


EDC Konzept
Das EDC Konzept kennt ganz unterschiedliche und sehr individuelle Ausprägungen: Beginnend bei Lippenstift oder anderen Kosmetikutensilien über spezifisches Ersthelfermaterial zur präklinischen Wundversorgung bis hin zu pandemisch bedingten Alltagsgegenständen oder je nach Gesetzeslage auch Passiv- oder Selbstschutzbewaffnung bis hin zum schnöden Schreibzeug. Alles das, was vorsorglich für den Fall der Fälle mitgeführt wird, kann unter dem Every-Day-Carry- bzw. dem Immer-dabei-Konzept subsumiert werden. „Immer-dabei“ erfordert mithin eine unauffällig vor allem aber eine unaufdringliche Möglichkeit des Mitführens. Anderenfalls werden diese Alltagsgegenstände sehr schnell zu Haus gelassen. Mit der Nutzung von Umhänge- oder Handtaschen verschwinden alle diese Gegenstände zumindest aus den Hosentaschen.

Die gummierte Schnellöffnung ermöglicht schnellen
Zugriff auf den Inhalt im Hauptfach (Foto: Hersteller)


EDC Sling Backpack
Neben den Merkmalen „immer dabei“, unaufdringlich und unauffällig, kann die einhändige Handhabbarkeit eine weitere Anforderung sein. Dieses Kriterium wird vom EDC Sling Bag unterstützt.
Der EDC Sling Bag bietet im Gegensatz zum Rucksack den Vorteil, dass er auch mit einer Hand angelegt und vom Rücken vor die Brust gezogen werden kann. In dieser Position besteht Zugriff auf alle drei Reißverschlusstaschen des Helikon Sling Backpack. Der rückennahe Stauraum ist das größte der drei Fächer. Es ist zusätzlich mit Klett zur Aufnahme von Zubehörtaschen ausgekleidet und lässt sich durch einen gummierte Lasche schnell vollständig öffnen. Ein mitgeliefertes Pistolenholster auf Klettbasis kann hier genutzt werden.
Das mittlere Fach verfügt ebenfalls über Innenklett, lässt sich aber nicht über die ganze Taschengröße öffnen. Das dritte und kleinste Fach bietet immer noch genug Platz für einige kleinere Utensilien (Geldbeutel, Handy, Tool etc.).

Die großzügigen Klettflächen geben dem Anwender viel
Freiheit bei der Bestückung mit Zubehör
(Foto: Hersteller)



Die flexibel dehnbare, aufgesetzte Fronttasche mit geschütztem Klickverschluss kann beispielsweise eine Wasserflasche aufnehmen. Sehr kleine Gegenstände finden in einer Reißverschlusstasche auf dem Schultergurt Platz.
Aufgrund seiner Größe bleibt der EDC Sling Backpack auch mit voller Beladung sehr komfortabel zu tragen. Das Mesh-Abstandsgewirk auf der Taschenrückseite und der Innenseite des Schultergurts tragen hierzu ebenfalls bei. Dem Anwender gelingt es intuitiv die Tasche schnell nach vorne zu bringen. Die Farbgebung ist unauffällig und zivil. Der Kleinstrucksack wurde mit Ersthelfermaterial gefüllt: Tourniquet, OLAES 6“-Druckverband, Kerlix- und Coflex-Binde, Rettungsdecke, Dreiecktuch, Beatmungsfolie, Tubus, Hämostyptika – alles doppelt vorhanden. Hinzu kommen Rettungsschere, wasserfester Stift, laminierte Glasgow Coma Scale und weiteres Kleinzubehör. Das Material lässt sich problemlos verstauen, hilfreich ist allerdings ein hinzugekaufter Organizer-Einsatz des Herstellers, um Ordnung zu halten. Das flache Packmaß und die großen Klettflächen bieten hier viel Gestaltungsspielraum. Trotz der üppigen Füllung bleibt noch Platz für den Geldbeutel, ein Mobiltelefon mit Ersatzakku, Werkzeug (Nextool Flagship Pro), Medikamente, eine Flasche Wasser und einige Dokumente. Wer eine flexible und komfortable Rucksackalternative für den Alltag sucht, sollte sich den EDC Sling näher anschauen.

Bushcraft Satchel Bag in schwarz
(Foto: Hersteller)


Bushcraft Satchel Bag
Die Bushcraft Satchel ist in dieser Übersicht mit etwa 18 Monaten die Tasche, mit dem längsten Nutzungszeitraum und gleichfalls die größte in Bezug auf das Fassungsvermögen. Die Herstellerangabe beläuft sich auf 17 Liter. Genutzt wurde Satchel in der blaumelierten Ausführung als Alltagshandtasche für pandemiebedingte Utensilien, den Gang zur Post und für kleine Einkäufe. Je nach Saison fasst sie Zusatzbekleidung in Form einer Regenjacke, Mütze und Handschuhe oder Sonnenbrille und Sonnencreme. Das große Hauptfach nimmt alles bereitwillig auf, was die Übersicht im Allgemeinen sowie den schnellen Zugriff auf bestimmte Sachen schon einmal einschränken kann. Weswegen Satchel auch am ehesten an die Kategorie „Damenhandtasche“ heranreicht.
Das Hauptfach besitzt keine Unterteilung; allerdings drei sinnvoll angeordnete Staufächer: Jeweils stirnseitig sind im Inneren zwei Staufächer abgenäht, die problemlos eine 1-Liter-Flasche aufnehmen. Des Weiteren ist eine DIN A6 große Reißverschluss-Innentasche eingenäht. Ideal für Dokumente.

Das 17 Liter große Hauptfach des Satchel nimmt alles
bereitwillig auf. Es gibt Stauraum für Trinkflaschen
und eine Dokumententasche in DIN A6

Pandemieutensilien um verletzungsfrei und ohne Festnahme
durch den Tag zu kommen


An der Außenseite befindet sich ebenfalls eine Zippertasche. Sowie, wiederrum jeweils stirnseitig, zwei kleine Fächer. Von denen jeweils eines als Tasche ausgeführt ist und das andere als Lasche. Auf Produktfotos des Herstellers wird diese Lasche bspw. zum Transport eines Beils bei Outdoor- Aktivitäten genutzt. Da der Satchel Bag aus der Helikon-Tex Bushcraft Linie stammt, ist seine eigentliche Bestimmung, der Einsatz in freier Natur beim Wandern oder Trekking. Robustheit und Verarbeitung jedenfalls, stehen dieser angedachten Verwendung nicht im Weg. Satchel ist darüber hinaus dezent mit Molle kompatiblen Schlaufen ausgestattet.
Der 50 Millimeter breite Trageriemen ist längenverstellbar und über Fastex Schnallen abnehmbar. Wofür allerdings kein Grund besteht, da Satchel über sonst keinen weiteren Tragegriff verfügt.

Helikons Bushcraft Linie verortet den Satchel Bag eigentlich
in den robusten Outdoor-Einsatz. Verarbeitungsqualität und
Details, wie Molle-Schlaufen unterstützen diese Verwendung
(Foto: Hersteller)


Bushcraft Haversack Bag
Der Haversack ist ebenfalls ein Artikel aus Helikons Bushcraft Linie. Eine Farbkombination, die sofort Gefallen erweckt, ist das Earth Brown & Clay: Eine Kombination aus dunkelbraunem Taschenkorpus und hellbraunem Trageriemen sowie Abnähern. Farbgebung und klassisches Design des Brotbeutels führen bisweilen dazu, dass man von Passanten auf die Tasche angesprochen wird.
Der Haversack hat ein Fassungsvermögen von acht Litern und ist genau so innovativ, wie andere Helikon Produkte auch. Das große Hauptfach besitzt innen zwei Reißverschlusstaschen und ein Staufach für eine 1-Liter-Trinkflasche sowie eine kleine Öse. Verschlossen wird das Hauptfach im Gegensatz zu den beiden anderen Umhängetaschen mit einem Deckel. Dieser Deckel schließt über eine klassische Loop-Schnalle.

Der Haversack hat genügend Stauraum und eine sehr
durchdachte Taschenaufteilung. Die Farbkombination
Earth Brown & Clay ist ein Hingucker

Als Outdoor Begleiter verfügt auch der Haversack
über eine Lasche zum Transport von Survivalgerät
(Foto: Hersteller)


Wem diese Schnalle bekannt vorkommt, der hat vermutlich in den 1990er Jahren Dienst in der Bundeswehr geleistet: Die Feldspatentasche war mit einem ähnlichen Verschluss ausgestattet. Der Deckel verschließt auch die Fronttasche, in der sich Flauschklett befindet und eine weitere Öse. Es gibt außerdem noch ein Rückenfach und zwei Stirnseitentaschen. Der Trageriemen ist in seiner Machart identisch zur Satchel Tasche. Mit einem Verkaufspreis von weniger als 50 Euro ist der Haversack geradezu ein Schnäppchen. Haversack als auch Satchel wurden in Kooperation mit Survivaltech.pl entwickelt. Ein schöner Beweis, dass die Zusammenarbeit mit externen Experten für Hersteller zu Innovationssprüngen führen kann.

Zusatzpanels können am Flauschklett befestigt werden
und erhöhen die Taschenorganisation (Foto: Hersteller)


Fazit
Mit einem Fassungsvermögen von sechseinhalb bis 17 Litern bringt keine der drei Umhängetaschen mehr als 500 Gramm Leergewicht auf die Waage. Die Verarbeitung ist Helikon-typisch hervorragend und die Preise ebenso maßvoll. Die Farbgebung ist bewusst untaktisch, wodurch sich die Taschen sehr geschmeidig in das zivile, moderne Umfeld schmiegen. Jede der Taschen ist eine absolute Kaufempfehlung und Geschenkidee.




Daten EDC Sling Backpack
Farben: Blau oder Grau meliert
Abgebildet: Grau meliert
Leergewicht: 490 Gramm
Volumen: 6,5 Liter
Maße: 42 x 26 x 6 Zentimeter
Material: Nylon
Preis: etwa 60 Euro



Daten Bushcraft Satchel Bag

Farben: Schwarz, Blau oder Grau meliert
Abgebildet: Blau meliert
Leergewicht: 480 Gramm
Volumen: 17 Liter
Maße: 30 x 32 x 18 Zentimeter
Material: Nylon / Polyester
Preis: etwa 52 Euro




Daten Bushcraft Haversack Bag
Farben: sechs Farben zur Auswahl
Abgebildet: Earth Brown & Clay
Leergewicht: 470 Gramm
Volumen: 8 Liter
Maße: 10 x 28 x 28 Zentimeter
Material: Nylon 500D Cordura®
Preis: etwa 48 Euro


Montag, 17. Januar 2022

Die Sonderbare: Automatic Pistol Radium Cal. 6,35 mm

 

Über die kleine Taschenpistole Radium 6,35 ist kaum Primärliteratur vorhanden. Der Hersteller Gabilondo Y Urresti jedoch brachte es zwischen den beiden Weltkriegen mit preisgünstigen Kopien der Colt M1911 unter dem Markenname Llama zu wirtschaftlichem Erfolg

 

Die Automatic Pistol Radium besitzt
nur eine Daumensicherung


Die Geschichte der Automatic Pistol Radium beginnt am Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts im spanischen Baskenland. Die Firma Gabilondo Y Urresti wurde 1904 in Eibar gegründet, trat aber erst gegen 1907 als Waffenhersteller offiziell in Erscheinung. Die frühe Produktpallette erstreckte sich auf Kopien bekannter Handfeuerwaffen meist ohne Zustimmung oder Lizenzvereinbarung mit den Patentinhabern. Gabilondo Y Urresti fertigte unter anderem Kopien des russischen Nagant Revolvers, des Colt New Service Revolvers sowie der FN Browning Modell 1903.

Radium und Ruby
Die erste Eigenentwicklung soll die Pistole Radium gewesen sein. Der Produktionszeitraum beläuft sich auf lediglich fünf Jahre zwischen 1910 und 1915. Die Radium Pistole gilt heute als der direkte Vorgänger der wesentlich bekannteren Pistole Ruby aus dem Jahr 1914. Einer Ruby Pistole wäre nach heutigen und vermutlich auch nach damaligen Standards kaum Erfolg beschieden gewesen, hätte sich historisch nicht die zwanghafte Notwendigkeit ergeben, eine ganze Armee mit Faustfeuerwaffen ausrüsten zu müssen. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs erhielt Gabilondo Y Urresti in Eibar einen Vertrag der Französischen Armee, das gesamte französische Heer mit der Pistole auszustatten. Bei der Ruby handelte es sich um eine recht einfache Kopie der FN Browning Modell 1903. Produktionsstandards und Qualitätsmanagement bei Gabilondo Y Urresti sowie all seinen Vertragsherstellern waren so schlecht, dass selbst Magazine aus unterschiedlichen Produktions-Losen nicht für alle Ruby-Pistolen kompatibel gewesen sein sollen. Die Gesamtausbringungsmenge an Ruby-Pistolen wird auf weit über 700.000 Stück geschätzt.

Der unverriegelte Masseverschluss ist typisch
für die Epoche und für Pistolen im Kaliber 6,35


Automatic Pistol Radium
Die kleine Radium besitzt, wie die meisten anderen Pistolen ihrer Epoche, einen unverriegelten Masseverschluss. Sie verfügt über lediglich eine Sicherung auf der linken Waffenseite, welche mit dem Daumen der Schusshand bedient wird. Der Sicherungshebel dient gleichzeitig als Schlittenfanghebel.
Durch ein Merkmal erhält die Radium jedoch ihren Alleinstellungscharakter. Sie besitzt kein austauschbares Magazin. Zum Laden der Pistole wird die linke Griffschale entriegelt und nach unten geschoben. In den frei gewordenen Laderaum werden die Patronen einzeln geladen. Diese Erfindung geht auf die beiden Konstrukteure Guillermo Echeverria und Valentin Vallejo zurück.
Von der Automatic Pistol Radium wurden nur geringe Stückzahlen gefertigt. Die überwiegende Mehrzahl im Kaliber 6,35 mm Browning (.25 ACP). Noch seltener ist die Pistole im Kaliber 7,65 mm Browning (.32 ACP) zu finden.
Das Produktionsende für die Radium Pistole kam schnell. Im Jahr 1915 wurden sämtliche Produktionskapazitäten zur Fertigung des Militärauftrags der Ruby Pistole benötigt. Die Idee der verschiebbaren Griffschale wurde im Waffenbau nie wieder aufgegriffen.

In den Laderaum passen sechs Patronen


Kaliber 6,35 mm Browning
Die von John Moses Browning entwickelte 6,35 Millimeter gilt als eine der am weitesten verbreiteten Pistolenpatronen. Die Entwicklung begann Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts beim belgischen Waffenhersteller FN. Auch die Firma Colt fertigte die Patrone unter der Bezeichnung .25 ACP. Die Nominalmaße betragen 6,35 x 15,5 HR. Das Geschossgewicht beträgt 3,25 Gramm und erreicht eine Mündungsgeschwindigkeit von etwa 230 Meter pro Sekunde. Die Mündungsenergie liegt bei lediglich 86 Joule. Die kleine und leistungsschwache Patrone wurde in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts hauptsächlich aus Taschenpistolen verschossen. Aufgrund des Halbrand ist ein Verschuss aus Revolvern ebenfalls möglich. Versuche, auch Kleinmaschinenpistolen im Kaliber 6,35 mm Browning zu bauen, scheiterten an der geringen ballistischen Leistung.

Ladestandskontrolle bei einer Radium:
Die Griffschale wird nach unten geschoben


Entwicklung in den 1930er Jahren
Ruby Plus Ultra

Ein Intermezzo war das Pistolenmodell Ruby Plus Ultra, welches Ende der 1920er- bis Beginn der 1930er Jahre gefertigt wurde. Der Name entlehnt sich der Devise des Spanischen Wappens plus ultra. Bei der Ruby Plus Ultra wurden Lauf und Griffstück verlängert. Die Magazinkapazität erhöhte sich auf 22 Patronen im Kaliber 7,65 mm Browning. Das Magazin war zweireihig. Die Ruby Plus Ultra war damit eine der ersten Selbstladepistolen überhaupt mit einem Doppelreihigen Magazin.

Pistole Ruby Plus Ultra im Kaliber 7,65 mm Browning,
Magazinkapazität 22 Patronen (Foto: Internet / Auktion)


Pistole Ruby im Kaliber 7,65 mm Browning,
Magazinkapazität neun Patronen (Foto: Klaus Heller)


Llama
Es schien, als ob Pistolenkonstrukteur Gabilondo den Makel der massenhaften und mit starken Qualitätsschwankungen gefertigten Ruby Pistolen hinter sich lassen wollte. Im Jahr 1932 gründete er die Llama-Gabilondo y Cia SA ebenfalls im baskischen Eibar. Auch als Llama Firearms bekannt, sollte der Firma mit der Herstellung von Kopien des Modells Colt 1911 beachtlicher wirtschaftlicher Erfolg zufallen. Bis Mitte der 1950er Jahre wurden die Modellvarianten Llama I bis Llama VII produziert. Unter anderem auch in Kalibern, die für die Pistole Colt M1911 oder M1911A1 untypisch waren, wie bspw. 7,65 mm Browning, 7,63 mm Mauser, 9mm Largo oder 9mm Kurz. Die meisten Llama Pistolen erhielten keine Griffrückensicherung und waren kaliberabhängig auch als unverriegelte Masseverschlüsse ausgelegt.

Pistole Llama im Kaliber .22lfB
(Foto: Klaus Heller)

Pistole Llama im Kaliber 7,65 mm Browning
(Foto: Klaus Heller)


Das Ende
In den 1990er Jahren musste Llama-Gabilondo y Cia SA Insolvenz anmelden. Es erfolgte zwar ein Management-Buy-Out durch die beschäftigten Büchsenmacher, die Verkaufszahlen entwickelten sich aber nicht in einen Bereich hinein, der die Tilgung der Schulden zugelassen hätte. Das Ende von Gabilondo Y Urresti erfolgte daher nach etwa einhundert jähriger Firmengeschichte.


Technische Daten
Modell: Automatic Pistol Radium
Hersteller: Gabilondo Y Urresti, Eibar, Spanien
Produktionszeitraum: 1910 bis 1915
Waffenart: unverriegelter Masseverschluss
Kaliber: 6,35 mm Browning (.25 ACP)
L x B x H: 115 x 23 x 82 Millimeter
Lauflänge: 58 Millimeter
Gewicht: 370 Gramm
Magazinkapazität: 6 Patronen

Mehr dazu in "Die Waffenkultur" Nr. 61


 

Dienstag, 4. Januar 2022

Die Attentatspistole: FN Modell 1910 / 1922

 

Das FN Modell 1910 gilt als eine der ersten modernen Selbstlade- pistolen weltweit. Den hohen Bekanntheitsgrad erlangte sie unter anderem aufgrund ihrer Verstrickung in mehrere Attentate in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts. Das folgenschwerste Attentat löste den Ersten Weltkrieg aus




Das Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914 bei dem Erzherzog Franz Ferdinand zusammen mit seiner Gemahlin, der Herzogin Sophie von Hohenberg, von serbischen Nationalisten erschossen wurde, gilt als Ereignis von wahrhaft historischer Dimension: Gemeinhin wird das Attentat als Auslöser des Ersten Weltkriegs wahrgenommen. Die verwendete Pistole war eine FN Browning Modell 1910. Mehrere der serbischen Attentäter sollen mit diesem Pistolenmodell ausgerüstet gewesen sein. Geschossen hat nur Gavrilo Princip. Der Verbleib der Originalwaffe mit der Seriennummer 19074 ist ungeklärt. Dem Vernehmen nach wurde sie zusammen mit dem Projektil, das den Erzherzog tödlich traf, nach Ende des Zweiten Weltkriegs von US-amerikanischen Soldaten aus der Asservatenkammer der Polizei Salzburg entwendet.
Das Heeresgeschichtliche Museum (HGM) in Wien hat dem Attentat einen kompletten Raum gewidmet. Der Sarajewo-Raum wird von drei Objekten beherrscht: Dem Automobil, in dem das Thronfolger-Ehepaar ermordet wurde sowie in der Mitte vom blutigen Waffenrock des Erzherzogs und der Chaiselongue, auf der er starb. Zusätzlich finden sich Porträts und Erinnerungen an das Attentat sowie baugleiche FN 1910 im stark gealterten Zustand.

Drei FN Browning 1910 Exponate im Heeresgeschichtliche Museum (HGM)
in Wien. Ob es sich um die Originalwaffen der Sarajewo-Attentäter
handelt, ist ungewiss


Im Sarajewo-Raum des HGM sind des Weiteren zu sehen:
Der Gräf & Stift Doppelphaeton mit bulligen 30 PS, der blutige
Waffenrock des Erzherzogs und der Chaiselongue, auf der er starb


Paris 1932
Ein weiteres Attentat fand am 6. Mai 1932 in Paris statt. Der französische Staatsmann Paul Doumer wurde durch mehrere Projektile aus einer FN Browning 1910 getroffen, als er eine Buchmesse eröffnete. Trotz sofortiger notärztlicher Versorgung überlebte er die darauffolgende Nacht aufgrund eines Kopftreffers nicht. Der Attentäter war ein russischer Emigrant Namens Pawel Gorgulow.

Baton Rouge 1935
Am 8. September 1935 schließlich erschoss der US-amerikanische Arzt Carl A. Weiss den US-Politiker Huey Long in Baton Rouge, Louisiana mit einem einzigen Schuss in den Brustkorb aus einer FN 1910. Fußnote der Weltgeschichte: Die Leibwächter Longs erwiderten das Feuer und trafen Carl Weiss mit über 60 Schüssen. Daraus entspann sich der Mythos, dass auch Huey Long von einem seiner eigenen Leibwächter getroffen worden wäre. Diese Darstellung gilt heute jedoch als widerlegt.

FN Browning 1910 im gesicherten Zustand


FN 1910
Dass die FN 1910 im Zwanzigsten Jahrhundert bei mehreren Attentaten in Erscheinung trat, mag zum einen daran liegen, dass sie eine der ersten modernen Selbstladepistolen war. Gleichwohl war sie als Taschenpistole konzipiert und konnte verdeckt aber auch sehr sicher geführt werden. Außerdem erreichte sie aufgrund der hohen Produktionszahlen eine weite Verbreitung. Zwischen 1910 und 1983 sollen insgesamt über 700.000 Stück gefertigt worden sein. Die überwiegende Mehrzahl davon in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts.
Konstruktiv handelt es sich bei der FN 1910 um einen Rückstoßlader mit feststehenden Lauf und unverriegelten Masseverschluss. Die Masse des Schlittens und die Kraft der Schließfeder erlauben ein Öffnen des Systems erst, wenn das Geschoss den Lauf verlassen hat.
Das Browning Modell 1910 gilt als sehr sichere Waffe. Sie verfügt über drei Sicherungen: Einen manuellen Sicherungshebel, die in der Epoche weit verbreitete Handballensicherung sowie eine Magazinsicherung, die bei entferntem Magazin das Deaktivieren der Handballensicherung ausschließt. Der manuelle Sicherungshebel befindet sich linksseitig, kann mit dem Daumen der Schusshand manipuliert werden und dient in Zweitfunktion als Schlittenfanghebel.
Gefertigt wurde die FN 1910 in den Kalibern 7,65 mm Browning und 9mm Kurz.

Die Sicherung dient gleichzeitig als Verschlussfanghebel


FN 1910 teilzerlegt


Kaliber 7,65 mm
Die Pistolenpatrone 7,65 mm Browning (7,65 x 17 HR) entstand am Ende des 19. Jahrhunderts auf Grundlage der Revolverpatrone .32 Smith & Wesson und gilt heute als bedeutender Meilenstein im Pistolenbau. Konstrukteur war John Moses Browning, der als erster die Vorteile einer zylindrischen Hülse für Pistolenmunition erkannte. Ab 1903 wurde die Patrone auch in den USA unter der Bezeichnung .32 Automatic Colt Pistol (.32 ACP) produziert. Sie zählt zu den am weitesten verbreiteten Pistolenpatronen weltweit; auch weil besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts viele Pistolenmodelle eigens für die 7,65 mm Browning entwickelt wurden. Die Hülsenlänge beträgt 17 Millimeter. Das acht Gramm schwere Geschoss erreicht durchschnittlich etwa 295 Meter pro Sekunde und damit eine Energie etwa 200 Joule.
Aus heutiger Sicht und im direkten Vergleich mit relativ modernen Pistolenpatronen, wie der .40 S&W, einer .357 SIG oder gar einer 10mm Auto, ist die ballistische Leistungsfähigkeit als gering zu bewerten. Aus damaliger Sicht und dem Einsatzzweck in Taschenpistolen oder kompakten Dienstwaffenwaffen entsprechend, war die 7,65 Browning die Königin ihrer Epoche.

Eine FN 1922: Lauf und Griffstück sind länger
als bei der kleineren FN 1910


FN 1922
Um den Absatzmarkt zu erweitern, plante die Fabrique Nationale (FN) eine Behördenausführung der bis dato sehr erfolgreichen Taschenpistole Modell 1910. Die Weiterentwicklung FN 1922 erlebte ihre Markteinführung 1922. Sie verfügte über einen längeren Lauf, ein längeres Griffstück, welches die Magazinkapazität erhöhte sowie eine markantere Visiereinrichtung. Die FN 1922 wurde zuerst im Kaliber 9 mm Kurz (9x17) produziert (acht Patronen im Magazin) und erst später in 7,65 mm Browning (neun Patronen im Magazin).
Obwohl das Griffstück der FN 1922 im Vergleich zur FN 1910 größer im Umfang ist, ist die Bedienung für normalgroße Männerhände alles andere als komfortabel. Es erfordert fast schon artistisches Geschick, den Abzug zu betätigen und dabei gleichzeitig die Handballensicherung gedrückt zu halten.
Zwischen 1922 und 1976 wurden ebenfalls mehr als 700.000 Stück gefertigt. Davon etwa 500.000 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Bei einem entnommenen Magazin ließe sich die
Handballensicherung nicht deaktivieren


FN 1922 teilzerlegt


Zerlegen
Zum Zerlegen der Waffe gibt es zwei Wege. Bei der einfachen Variante wird lediglich der Verschluss vom Griffstück abgenommen. Dazu wird der Schlitten zuerst mittels Fanghebel arretiert und der Lauf um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht (immer in Schussrichtung gesehen). Der Lauf verbleibt dabei im Verschluss.
Zum feldmäßigen Teilzerlegen (mit Entnahme des Laufs) ist es jedoch erforderlich, die Führungshülse an der Laufmündung zu entfernen. Diese Führungshülse ist an der FN 1922 etwa Daumenbreit, über einen kleinen Sperrriegel gesichert und muss ebenfalls um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht werden. Daraufhin wird der Lauf durch Drehen entriegelt und kann nach vorn entnommen werden.
Bei der Taschenpistole FN 1910 ist zum Entfernen der Führungshülse ein Zusatzwerkzeug in Form eines Dorns notwendig.
Beim Zusammenbau erfordert das Aufsetzen der Führungshülse jedenfalls ausreichend Fingerkraft und kann etwas hakelig werden.

Fazit
John Moses Browning (1855 bis 1926) gilt zurecht als einer der bedeutendsten Waffenkonstrukteure überhaupt. Ihm werden 128 Patente der Waffentechnik zugeschrieben. Er erkannte als erster die Vorteile, die eine zylindrische Hülse für Pistolenmunition bietet. Seit Ende des 19. Jahrhunderts konstruierte er Pistolen mit Masseverschluss; später mit verriegeltem Masseverschluss. Die Pistolenpatrone 7,65 mm Browning sowie die FN 1910 gelten als frühe Meilensteine im Waffenbau.


Technische Daten
Modell: FN Browning 1910
Hersteller: FN, Herstal, Belgien
Produktionszeitraum: 1910 bis 1983
Stückzahl: 700.000
Waffenart: unverriegelter Masseverschluss
Kaliber: 7,65 Browning, 9 mm Kurz
L x B x H: 152 x 20 x 100 mm
Lauflänge: 88 Millimeter
Gewicht: 600 Gramm
Magazinkapazität: 7 bzw. 6 Patronen

Technische Daten
Modell: FN Browning 1922
Hersteller: FN, Herstal, Belgien
Produktionszeitraum: 1922 bis 1976
Stückzahl: 700.000
Waffenart: unverriegelter Masseverschluss
Kaliber: 9 mm Kurz, 7,65 Browning
L x B x H: 178 x 29 x 117 mm
Lauflänge: 113 Millimeter
Gewicht: 680 Gramm
Magazinkapazität: 8 bzw. 9 Patronen

Mehr dazu in "Die Waffenkultur" Nr. 60