Dienstag, 25. April 2023

Helikon-Tex®: MCDU-Hosen

 

Die MCDU ist das neuste strahlende Objekt im Helikon Hosen Kosmos. Im Vergleich zu anderen Helikon-Tex Hosen ist sie wesentlich aufwendiger verarbeitet und erinnert in Details an sogenannte Combat Trousers aus dem Premium Preissegment

Aufwendig gearbeitet mit sportlichem Schnitt,
vielen Details und einem Materialmix, der keine
Wünsche offen lässt: Die MCDU von Helikon-Tex
(Foto: Holger Furth, Camostore)


Von Arne Mühlenkamp

Die MCDU-Hosen (Modern Combat Daily Uniform) unterscheiden sich in Ausführung und Material von allen anderen bisherigen Hosenmodellen des polnischen Ausrüsters Helikon-Tex. Zum ersten Mal verarbeitet Helikon das relativ neue Gewebe DyNyCo® in einer Hose.

Material
Nylon-Cotton-Mischgewebe („NyCo“) ist schon seit vielen Jahren eine bewährte Grundware in der Uniformherstellung. Seit einigen Jahren treibt eine Weiterentwicklung dieses Baumwollmischgewebes den Markt für technische Oberbekleidungstextilen um. Neu ist dabei das Mischungsverhältnis aber auch die Garnkonstruktion. Man spricht von einem kerngesponnen Garn; anstatt von einem umsponnenen Garn. Dieses technische Textilgewebe soll deutlich verbesserte Eigenschaften aufweisen. Es soll neben einem geringeren Quadratmetergewicht erheblich reißfester sein, wesentlich atmungsaktiver und eine kürzere Trocknungszeit besitzen. Unterm Strich also alles Eigenschaften, die der Soldat zu schätzen weiß.

Dehungsstrapazierte Bereichen, wie Taille, Schritt
und Kniekehlen haben Einsätze aus Versa-Stretch


Ausführung
Die zweite Neuerung betrifft das Design der MCDU. Hosenschnitt und Materialmix unterscheiden sich von allen anderen Helikon Hosen. Bisher wurde der Helikon-Tex Hosenkosmos maßgeblich von Freizeit- und Outdoor-Hosen bestimmt. Wenngleich in der Patrol Line des Herstellers auch einige BDU (Battle Dress Uniform) Teile zu finden waren.
Mit der Modern Combat Daily Uniform (MCDU) Oberbekleidung beschreitet Helikon-Tex einen Weg, der bislang dem Firmenableger D.A. Direct Action vorbehalten war. Mit der Ausgründung Direct Action kam Helikon in den vergangenen Jahren der gestiegenen Nachfrage aus dem militärischen Bereich nach. Die VANGUARD Combat Trousers® und das VANGUARD Combat Shirt® von D.A. fanden Einzug in die Spinde der einen und anderen Spezialeinheit. Der hohe Bedarf seit dem Ukrainekonflikt schränkte die Verfügbarkeit für den Zivilmarkt zuletzt deutlich ein.
Die Helikon MCDU kann ihre direkte Verwandtschaft zur D.A. Combat Trousers nicht verleugnen. Nach Herstellerangaben geht das Design außerdem auf einen Hosenschnitt zurück, der in den 1950er Jahren für die Fallschirmjägertruppe der polnischen Armee gefertigt wurde.

Verarbeitungsqualität und viele nützliche
Details heben die MCDU auf Premiumniveau
(Foto: Holger Furth, Camostore)


Schnitt
Helikon-Tex betreibt mit der MCDU Hose erheblichen Fertigungsaufwand. Neben den beiden Hosentaschen in Normalausführung gibt es zwei Gesäßtaschen. Auf dem Oberschenkel befinden sich zwei Balgtaschen, die mit einem Reißverschluss schließen und eine zusätzliche interne Aufteilung besitzen. Diese Taschen sind auch in einer sitzenden Position gut zugänglich. Am Oberschenkel hinten befinden sich zwei weitere Balgtaschen, die über Klettverschlüsse schließen. Der Klett kann sowohl außen (Tasche geschlossen) als auch innen (Tasche offen) fixiert werden. Geeignet sind diese Taschen für Kartenmaterial oder ein Notizbuch. Allerdings sollte bedacht werden, dass dieser Beinbereich beim Sitzen belastet wird und dadurch außerdem schwer zugänglich wird. Für Aktivitäten im Freien jedenfalls ist diese Taschenanordnung durchaus von Nutzen.
Im Bereich der Wade befinden sich zwei weitere Zippertaschen. Hier können Dinge verstaut werden, auf die vorzugsweise in kniender Position zugriffen werden soll und die beim Laufen nicht lästig werden.
Auf Höhe von Knie und Fußgelenk kann die Hose über Klett gezurrt und gestrafft werden.
Eine Besonderheit sind seitliche Lüftungsschlitze, die sich bei Bedarf über einen Reißverschluss öffnen lassen, wie das bspw. von Arbeitshosen bekannt ist.

Die MCDU Hosen im Farbton steingrau-oliv
(Foto: Hersteller)


Materialmix
Neben dem Basismaterial DyNyCo, werden in dehungsstrapazierten Bereichen, wie Taille, Schritt und Kniekehlen Einsätze aus Versa-Stretch Material verwendet. Versa-Stretch ist 4-Wege-elastisch, trocknet schnell und hat eine hohe Atmungsaktivität. Der Kniebereich ist mit 500D Cordura-Gewebe verstärkt. Dieser Bereich kann über Schlitze auch mit Schutzeinlagen als Kniepolsterung bestückt werden. Die hauseigenen Helikon-Tex Kniepolster sind aus sechs Millimeter starkem Neopren gefertigt und lassen sich bedarfsgerecht zuschneiden. Sie sind als Zubehör für etwa 14 Euro das Paar erhältlich.

Farbwahl
Derzeit sind die MCDU Hosen in fünf Farbgebungen verfügbar. Natürlich in Schwarz, Oliv und Coyote sowie in RAL7013 und dem Tarnschema Pencott Wildwood (gegen Aufpreis). Im Camostore werden die Hosen zum Preis von 99,95 Euro angeboten.

Die Beintaschen lassen sich per Klett verschließen.
Optional kann die Patte auch geöffnet bleiben und
in der Tasche angeklettet werden (Foto: Hersteller)


Fazit
Die Machart mit Materialmix und Taschenaufteilung sowie die hohe Fertigungsqualität bewegen sich auf dem Niveau hochpreisiger Kampfanzughosen von Premiumherstellern. Die MCDU ist für den harten militärischen Einsatz genauso geeignet, wie für den Freizeitbereich oder gelegentliche sportliche Aktivitäten.

Service
Bezug über https://www.camostore.de/helikon-tex-mcdu-hose-ral7013.html

Seitliche Lüftungsschlitze, die sich bei Bedarf
über einen Reißverschluss öffnen lassen
(Foto: Hersteller)




Montag, 10. April 2023

South Armagh Sniper

 
Vor 26 Jahren am 10. April 1997 verhaftete der britische SAS die als South Armagh Sniper bekannten Scharfschützen der Provisional IRA im nordirischen Cullyhanna. Damit endete eine siebenjährige Phase von Heckenschützen-Attentaten auf Soldaten der britischen Armee in Nordirland


Das Schild „Sniper at Work“ hat
seinen Ursprung in South Armagh


Der rote Mazda 626, der am frühen Abend des 12. Februar 1997 an einer Bushaltestelle im nordirischen Bessbrook stand, war unauffällig. Selbst die halb geöffnete Kofferraumklappe erregte kein Aufsehen. Auf den umgelegten Rücksitzen lag IRA Volunteer Micheál Caraher hinter einem Barrett M90 im Kaliber .50 BMG. Im Sichtfeld des Schützen befand sich eine Straßensperre der britischen Armee keine 120 Meter weit entfernt. Als Caraher den Abzug betätigte, ruhte das Fadenkreuz des Leupold ZF auf Lance Bombardier Restorick. Das .50-Projektil durchschlug zuerst das SA80 Sturmgewehr des Soldaten und tötete ihn anschließend auf der Stelle.
Lance Bombardier Stephen Restorick war das letzte von insgesamt neun Todesopfern durch Heckenschützen der IRA in South Armagh. Verzeichnet sind insgesamt 24 Scharfschützenattacken durch die IRA in South Armagh. In 16 Fällen wurde dabei ein PKW als mobile Plattform genutzt. Neben den neun Toten gab es einen Schwerverletzten. Beim letzten bekannt gewordenen Einsatz, am 29. März 1997, wurde Constable Ronnie Galwey in der rechten Hüfte getroffen. Er überlebte nur knapp.
Begonnen hatten die Scharfschützen-Attentate im März 1990 in der Nähe von Darkley. Sowohl der erste als auch der zweite Attentatsversuch auf britische Soldaten endete jedoch mit einem Fehlschuss. Erst im insgesamt dritten Einsatz wurde der erste Soldat getötet. Der 18-jährige Privat Paul Turner wurde am 28. August 1992 in Crossmaglen erschossen, als er Kameraden seiner Patrouille sicherte, während diese einen verdächtigen LKW kontrollierten. Die Schussentfernung betrug wiederum nur etwa 120 Meter. Das Geschoss durchschlug die Schutzweste und Privat Paul Turner war sofort tot.
In den Folgemonaten bis Januar 1993 gab es mindestens fünf weitere Attentatsversuche, die ebenfalls mit Fehlschüssen endeten.

Mindestens eine Barrett M82 wurde von der IRA gegen
die britischen Streitkräfte sowie gegen die
Royal Ulster Constabulary (RUC) eingesetzt



Taktik der Briten
Obwohl das Verhältnis von Hit und Miss zu diesem Zeitpunkt 1:7 betrug, erkannten die Briten sehr wohl die Gefahr durch gegnerische Scharfschützen der IRA. Darüber hinaus war ihnen spätestens seit August 1992 klar, dass der Gegner über eine Waffe im verheerenden Kaliber .50 BMG verfügte. Auf britischer Seite führte das zu umfassenden Counter-Sniper Maßnahmen. Die Versorgung der Militärstützpunkte erfolgte nur noch aus der Luft mittels Hubschraubern; nicht mehr über den Landweg. Zur Hochzeit der Scharfschützenaktivitäten im Jahr 1993 befanden sich bis zu 50 Angehörige des SAS in South Armagh. Diese operierten entweder offen oder verdeckt in Undercover-Einsätzen, um die Stellungen sowie die Rückzugsorte der South Armagh Sniper zu lokalisieren.

Taktik der IRA
Bei den ersten Einsätzen waren die IRA Sniper rund 500 bis 600 Meter von ihren Zielen entfernt. Was die hohe Zahl der Fehlschüsse erklärt. Erst als die Sniper die Entfernungen zu ihren Zielen kontinuierlich auf deutlich weniger als 200 Meter verkürzten, erhöhte sich die Trefferquote. Auch in Bezug auf Infiltration und Exfiltration war die Lernkurve der IRA extrem steil.
Eine 15 Kilogramm schwere und etwa ein Meter vierzig lange Scharfschützenwaffe unbemerkt in Stellung zu bringen sowie nach dem Schuss ebenso unerkannt wieder zu verschwinden, stellte sich alsbald problembehaftet dar. Die Infiltration eines einzelnen Scharfschützen zu Fuß begleitet von einem oder zwei Nahsicherern wurde spätestens zu Beginn 1993 gründlich geändert.

Der Scharfschützentrupp
Seither bestand ein Scharfschützentrupp der South Armagh Brigade aus vier Mann. Da in den meisten Fällen ein PKW als mobile Plattform genutzt wurde, brauchte es einen Fahrer. Der Beifahrer übernahm gleichzeitig die Nahsicherung und war meistens mit einer AK bewaffnet. Der Schütze selbst lag im präparierten Rückraum des PKW und feuerte durch die halbgeöffnete Kofferraumklappe. Der vierte Mann im Trupp fuhr das so genannte Scoutfahrzeug, welches dem Sniperfahrzeug vorausfuhr, um eventuelle Straßensperren rechtzeitig aufzuklären. Im Falle einer Straßensperre wäre das Sniperfahrzeug auf eine Nebenroute ausgewichen. Auf der Nebenroute befand sich wiederum ein Scoutfahrzeug in Bereitschaft. Für gewöhnlich wussten die Bereitschaftsfahrzeugführer auf den Nebenrouten nicht um welche Art von Einsatz es sich handelte. Das konnte bspw. die Verbringung einer Autobombe sein aber auch nur eine normale Fahrt zu Schmugglerzwecken über die nahe Grenze zur Republik Irland.
Unmittelbar bei der Rückkehr wurden die Waffen wieder in einem Versteck eingelagert. Die während des Einsatzes getragene Bekleidung wurde in Säcke verpackt und zeitnah verbrannt. Zur Exfiltration wurden „saubere“ Privat-PKW genutzt, die keine forensisch nachweisbaren Spuren von Treibladungspulver oder Sprengstoff enthielten.
Diese Vorgehensweise zeigt, dass die South Armagh Sniper wesentlich mehr Augenmerk auf den An- und Abmarsch legten, als auf den präzisen Schuss über die weite Distanz. Bei lediglich zehn von insgesamt 24 dokumentierten Sniper Einsätzen wurde auch ein Treffer generiert. Nicht jeder endete tödlich.

Die IRA Sniper schossen durch eine halb
geöffnete Kofferraumklappe eines Mazda 626


Die Waffen
Nachgewiesen ist die illegale Einfuhr von mindestens zwei Barrett M90 im Kaliber .50 BMG im Frühjahr 1995 aus den USA. Die Waffen wurden über einen Barrett-Händler in Texas an einen Privatmann verkauft, der sie an einen US-Amerikaner irischer Abstammung weiterveräußerte. In Einzelteile zerlegt, gelangten sie samt Munition nach Nordirland. Bestückt waren die beiden .50er-Repetiergewehre mit Zielfernrohren Vari-X III des US-Herstellers Leupold. Vermutlich in der Dimension 3,5-10x40. Eines der beiden Gewehre wurde bei der Ergreifung im April 1997 sichergestellt. Das andere dürfte demnach heute noch im Umlauf sein.
Aber schon seit den frühen 1980er-Jahren muss sich mindestens eine Barrett M82 im Arsenal der IRA befunden haben. Sowohl im Juli 1982 als auch im Mai 1983 wurden an Tatorten Patronenhülsen des Kalibers .50 BMG gefunden. Auch hier lassen sich wiederrum Spuren zur Beschaffung in den USA zurückverfolgen.

Das Ende
Das Ende der South Armagh Sniper kam im Frühjahr 1997. Die im August 1994 durch die IRA ausgerufene Waffenruhe nutzten die Briten intensiv zur nachrichtendienstlichen Auswertung aller Scharfschützenangriffe. Die Schlinge um mögliche Rückzugsorte der Sniper zog sich immer enger.
Als mit dem Dockland Bombenanschlag vom 9. Februar 1996 der Waffenstillstand durch die IRA aufkündigte wurde, nahm die South Armagh Brigade ihre Scharfschützenaktivitäten wieder auf. Der britische SAS war den Snipern so nah, wie noch nie.
Am 10. April 1997 konnten die IRA Sniper Bernard McGinn, Micheál Caraher, Seamus McArdle und Martin Mines bei der Vorbereitung eines weiteren Anschlags in einer Scheune im nordirischen Cullyhanna lokalisiert werden. Der SAS stürmte das Objekt. Entgegen der sonst herkömmlichen Vorgehensweise verzichtet der SAS auf Schusswaffeneinsatz. Die IRA Männer sollten um jeden Preis lebend und unversehrt gefasst werden.

Eine der beiden Barrett M90 (Beispielbild), die aus USA
eingeschmuggelt worden waren, konnten in der Scheune in Cullyhanna
sichergestellt werden. Die zweite ist vermutlich heute noch im Umlauf

Das Urteil
Die vier Angehörigen des Sniper-Trupps wurden in Folge vor Gericht gestellt. Bernard McGinn wurde am 19. März 1999 wegen 34 Straftaten zu insgesamt 490 Jahren Haft verurteilt. Aufgrund des Karfreitagsabkommens erfolgte seine Haftentlassung knapp ein Jahr darauf am 28. Juli 2000.
Micheál Caraher bekam 25 Jahre, Seamus McArdle weitere 20 Jahre zu den 25 Jahren, die er für die Dockland Bombings bereits erhalten hatte. Martin Mines ebenfalls 20 Jahre.
Die vier Verurteilten verließen das Gerichtsgebäude bei bester Laune. Wussten Sie doch, dass jeder von Ihnen unter die Amnestieregelung des Good Friday Agreement fallen würde und deswegen nicht mehr als 18 Monate in den H-Blocks des Hochsicherheitsgefängnissen Maze abzusitzen hatte.

Der Nachhall
Während Politiker wie John Major oder Billy Clinton es sich nicht nehmen ließen, die Scharfschützeneinsätze der IRA als feige Morde zu bezeichnen, kommentierten Armeeangehörige die Taktik der South Armagh Sniper grundlegend anders. Ein Major des britischen SAS bspw. sagte: „Die Taktik der Sniper war klug und die Ausführung bemerkenswert. Die Sniper suchten die direkte Konfrontation mit einer überlegenen, schwer bewaffneten Streitmacht. Es war mehr, als nur eine Mörsergranate abfeuern und sich dann verpissen. Es ging darum, ein Gewehr auf einen anderen bewaffneten Mann zu richten, der wiederum 15 ebenfalls bewaffnete Kameraden um sich hatte. Dafür braucht es Eier. Besonders bei den für Scharfschützen extrem kurzen Distanzen. Dabei seine Atmung und seinen Herzschlag zu kontrollieren, ist nicht einfach. Ich empfinde großen Respekt für die Männer. Sie waren alles andere als feige.“

Urbane Sniper Konzepte
In einem Seminar mit Vorlesungscharakter wird Akademie 0/500 die Geschichte der South Armagh Sniper sowie einige andere Sniper-Attentate thematisieren:
Termine für Urbane Sniper Konzepte hier: 

 







Mittwoch, 5. April 2023

Leseempfehlung: Deutsche Scharfschützen-Waffen 1914-1945

 

Deutsche Scharfschützen-Waffen 1914-1945
von Peter Senich



Gebundene Ausgabe: 384 Seiten, 660 Abb.
Verlag: Motorbuch Verlag (1. Auflage 2023)
Format: 230 mm x 265 mm
ISBN-13: 978-3-613-04559-0
Preis: 69 Euro
Direktbestellung

Das Buch ist eine Neuauflage des gleichnamigen Titels aus den 1990er Jahren. Das Original erschien 1982 als englischsprachige Ausgabe unter dem Titel „The German Sniper: 1914-1945“ und ist mittlerweile ein begehrtes Sammlerobjekt.
Inhalt und Umfang machen das Buch zu einem Standardwerk zum Thema. Der mittlerweile verstorbene Autor beleuchtet die Anfänge des militärischen Scharfschützenwesens im Ersten Weltkrieg und spannt den Bogen über erste Einsatzerfahrungen an der Ostfront des Zweiten Weltkriegs, die sog. sowjetische Schule über sämtliche Waffen der Wehrmacht bis hin zu einem Verzeichnis der Herstellerstempel.
Beachtung in Text und Bild finden dabei auch alle jemals verwendeten Zielfernrohrmontagen, wie bspw. die Schwenk-, Aufschub- und Einhakmontage.
Die 384 Seiten sind reichlich bebildert. Dem Alter der Fotos und den zum Teil kriegerischen Gesamtumständen ihrer Entstehung ist geschuldet, dass nicht alle Bilder von hochauflösender Qualität sein können.
Dennoch ist Peter Senichs Buch eine wahre Fundgrube für Sammler und historisch Interessierte.
In einem Kapitel weist der Militärhistoriker Peter Senich auch auf Fälschungen von deutschen Scharfschützenwaffen hin, die nachweislich erst nach 1945 gefertigt wurden. Insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika ist eine regelrechte Fälscher-Industrie entstanden, die aus gewöhnlichen Karabinern 98k vermeintliche WK2-Scharfschützengewehre fertigt. Durch künstliches aber handwerklich sehr geschicktes Altern und das Einschlagen oder Eingravieren bestimmter Nummern und Stempel sind diese Fälschungen nur mit außerordentlich viel Sachkenntnis oder nur durch zu Zufall zu identifizieren. (hh)



Dienstag, 4. April 2023

Leseempfehlung: Training beginnt im Gehirn

 

Training beginnt im Gehirn: Mit Neuroathletik die sportliche Leistung verbessern
von Lars Lienhard



Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
Verlag: Riva Verlag (Januar 2019)
ISBN-13: 978-374230762-0
Preis: 24,99 Euro
Direktbestellung


Um einen optimalen Bewegungsablauf zu garantieren, greift das Gehirn auf drei Informationssysteme zurück: Sehen, Gleichgewicht sowie Eigenwahrnehmung der Bewegung. Alle drei Systeme (das visuelle System, das vestibuläre und das propriozeptive) lassen sich gezielt trainieren und das mit erstaunlich wenig Aufwand.
Im weiteren Verlauf baut sich das Buch auf diesen drei Trainingsbereichen auf. Jedem dieser Systeme ist ein Kapitel gewidmet. Der Autor stellt ein Assessment-Kapitel voran. Die darin vorgestellten Übungen sollen zur Selbstdiagnose dienen und den Vorher- / Nachher-Effekt veranschaulichen.
Dem Konzept Neuroathletik liegt die Idee zugrunde, dass unser Gehirn in jedem Bewegungsablauf Kraft und Beweglichkeit reduziert, sobald dieser als unsicher wahrgenommen wird; oder gar mit einem Verletzungsrisiko verbunden sein könnte. Wird dem Gehirn wieder angelernt, dass Bewegungsabläufe „sicher“ sind, trägt das zu deren Optimierung und letztlich auch zur Leistungssteigerung bei.

Die Trainingsform Neuroathletik hat vermutlich nur einen Nachteil: Im Gegensatz zu Kraft- oder Ausdauertraining spürt der Athlet im Nachhinein keinen Erschöpfungszustand. Lars Lienhard weist hierbei auf den Fakt hin, dass sich Training keineswegs hart und anstrengend anfühlen muss, um effektiv zu sein. Jede neuroplastische Verbindung, die im Gehirn erzielt wird, hat auch immer eine kognitive und emotionale Komponente. Jede optimale Bewegung ist immer locker und entspannt. Was den Spitzensportler von anderen unterscheidet, ist diese Entspanntheit der Bewegung auch unter Stresssituationen umsetzen zu können.

Lars Lienhard ist Sportwissenschaftler und ehemaliger Leistungssportler. Seit Jahren trainiert er Weltklasseathleten verschiedenster Sportarten. Bei der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien gehörte er zum Betreuerteam der deutschen Nationalmannschaft. 2016 begleitete er die deutschen Leichtathleten zu den olympischen Sommerspielen nach Rio de Janeiro. (hh)

 

Montag, 3. April 2023

Leseempfehlung: Minihandbuch der Stadtguerilla

 

Minihandbuch der Stadtguerilla
SPARTANAT Red Book 1

von Carlos Marighella


Taschenbuch im Pocket-Format: 144 Seiten, s/w
Verlag: DGMEDIA (2023)
Sprache: Deutsch
Format: 10,5 x 15 Zentimeter
ISBN: 978-3-9505324-2-5
Preis: 14,90 Euro
Direktbestellung

Neben der SPARTANAT Black Book Reihe, die sich mit allgemeinen Themen aus dem taktischen Bereich befasst, legt DGMEDIA noch eine Red Book Reihe auf. Mit den Red Books werden historische Texte neuveröffentlicht. Im ersten Band erscheint das Manifest des brasilianischen Revolutionärs Carlos Marighella (1911 bis 1969).
Beim „Minihandbuch der Stadtguerilla“ handelt es sich um ein wahrhaft historisches Dokument. Der Text ist ursprünglich 1969 in Brasilien erschienen und wurde in Folge weltweit in vielen Untergrundpublikationen veröffentlicht. Er hat so manchen Vertreter der legendären 68er Generation zum Weg in die Guerilla inspiriert. In Zeiten der Urbanisierung und der asymmetrischen Kriegsführung hat Carlos Marighellas „Minihandbuch“ neue Aktualität. SPARTANAT hat die Neuübersetzung des Minihandbuches von 1969 mit einer aktuellen Einleitung versehen, die den Inhalt historisch erklärt und für den Leser einordnet.
Die Lehren sind simpel, lesen sich zum Teil wie biblische Gebote und haben heute immer noch Gültigkeit. Die Kapitel sind kurz, aufs Wesentliche reduziert und machen Lust auf ein Kleinwenig eigenen Guerillakrieg.
Bspw. wird dem Autor heute noch das Zitat in den Mund gelegt: „Es ist besser, einen Fehler zu machen, als nichts zu tun aus Angst, einen Fehler zu machen.“
Die Stadtguerilla muss über Initiative, Mobilität und Flexibilität verfügen sowie vielseitig sein. Der Guerillero sollte keine Kleidungsstücke tragen, die sich von denen anderer Menschen unterscheiden. Der Stadtguerillero muss eine große Beobachtungsgabe besitzen. Er muss seinen Lebensunterhalt durch eine Anstellung oder selbstständige berufliche Tätigkeit bestreiten. Der Stadtguerillero kann nur dann eine starke körperliche Konstitution haben, wenn er systematisch trainiert. Der Stadtguerillero muss gut schießen können. Um funktionieren zu können, muss die Stadtguerilla in kleinen Gruppen organsiert sein. Um zahlenmäßige Unterlegenheit und Materialmangel zu kompensieren, baut die Stadtguerilla auf die Elemente: Überraschung, Geländekenntnis, Mobilität und Geschwindigkeit, Informationen und Entschlossenheit.
Des einen Freiheitskämpfer ist des anderen Terrorist. Carlos Marighella wurde am 4. November 1969 in einem Hinterhalt erschossen. Dieser Hinterhalt wurde nur möglich, weil zwei Priester aus dem unmittelbaren Umfeld von Marighella seitens der Polizei durch Androhung von Haft und Gewalt zur Kollaboration mit der Diktatur und zum Verrat gezwungen wurden. Am Ort des Hinterhalts waren auffällig viele verliebte Pärchen anwesend und Bauarbeiter, die träge und missmutig ihrer Tätigkeit nachgingen. Die gesamte Szenerie gehörte natürlich zum vorbereiteten Hinterhalt. Auch an dieser Taktik dürfte sich seit 1969 nichts geändert haben. (hh)

Samstag, 1. April 2023

Bundeswehr reformiert Schießausbildung

 


Seit etwa zehn Jahren versucht die Bundeswehr einen konzeptionellen Neuanfang in Sachen Schießausbildung. Das so genannte neue Schießausbildungskonzept (neuSAK) der Bundeswehr steht jetzt vor einer ersten Reformation. Das belegen interne Papiere aus dem BMVG, die dem russischen Militärgeheimdienst Главное разведывательное управление (GRU) vorliegen.
Die Überarbeitung betrifft dabei nur einen Punkt: Ein fünfundzwanzigköpfiger Expertenrat von Schießgelehrten im Bendlerblock befand, dass die Griffkraftverteilung beim Pistolenanschlag, welche bisher mit „70/30“ benannt wurde einer Modifikation bedarf.

neuSAK, neu-
Das neue neuSAK sieht deshalb vor, dass die Griffkraftverteilung (gemeint ist damit die prozentuale Verteilung des Drückens am Griffstück mit linker und rechter Hand) auf 65/45 reformiert werden müsse.
Generalmajor und Schießobergelehrter in Stabsverwendung Dödel Dosenkohl bezeichnete das neue neuSAK als den größten Wurf seit Erfindung der Steinschleuder. „Man sei den Verbündeten damit konzeptionell um mindestens drei Generationen voraus.“ „Keine andere Streitkraft weltweit habe so innovative Ansätze in ihrer Schießausbildung!“
General Dosenkohl wurde von anderen merkeltreuen Generälen umgehend zur Beförderung zum Schießfeldmarschall und HSSPF (Höherer Schießsachverständiger mit Pressfunktion) vorgeschlagen. „Ich werde ein begehrtes Vortragsredner:innen werden und um die ganze Welt reisen und berühmt sein.“, kommentierte der Generalmajor seinen Entwurf.

Fallschirmjäger ausgenommen
Angehörige der Fallschirmjägertruppe bleiben von dieser Änderung explizit ausgenommen. „Da Fallschirmjäger ohnehin nicht bis zehn zählen können, bedarf es keiner zweistelligen Zahlenangaben.“, so Generaloberst der Fallschirmtruppe Kurt S. „Fallschirmjäger bauen auf ihren Stumpfsinn und ihre Grobmotorik. Unsinnige Griffkraftverteilungen an einer darüber hinaus hoffnungslos veralteten Pistole braucht es nicht.“ so der Fallschirmjägergeneral weiter. „Und außerdem haben wir sowieso keine Munition.“, ergänzt sein Generalskollega Bernhard R. aus dem Hintergrund.