Dienstag, 30. März 2021

Die Waffenkultur – Ausgabe 57 (März/April 2021)

 

Ausgabe 57 (März/April 2021)


Die März/April Ausgabe hat folgenden Inhalt:

Gewehrkonzepte (9): Das Sturmgewehr
Neues Pferd im Stall: OA-15 M5 in .223 Rem
Scharfschützenwesen: Precision Sniper Rifle Programm
Multi-Role Adaptive Design: Barrett Mk22
Wiederholgenau: Der Montage-Held
Der (Fähigkeits-)Lückenbüßer: .375 SWISS P
10-Schuss-Magazine: Höherer Trainingseffekt
The Gun that won the West: Winchester 73
Tasmanian Tiger Battlebelt
Fighting Fit: Sandsack-Training mit SC (2)
Das Kalenderblatt: Einsatzgrundsätze für Gewehrschützen
Recht: In Sorge um Deutschland

http://waffenkultur.com

Freitag, 26. März 2021

Gewehrmunition .375 SWISS P

 

Die erste Kaliber-Eigenentwicklung des RUAG Konzerns trägt die Bezeichnung .375 SWISS P. Die neue Patrone wurde Ende März 2021 nach mehrjähriger Entwicklungszeit der Öffentlichkeit präsentiert. Dieser Beitrag erklärt Idee und Zweck des außergewöhnlichen Long Range Riesen



Das Geschoss wurde auf einen günstigen
ballistischen Koeffizienten hin konstruiert
(Foto: Hersteller)



Ausgangsidee: .338 LM
Das Kaliber .338 Lapua Magnum hat sich seit vielen Jahren im militärischen Scharfschützenwesen international etabliert. Sofern überhaupt Kritik an dieser leistungsstarken Patrone laut wird, dann betrifft das meistens den relativ geringen Energietransport über eine größere Reichweite jenseits der eintausend Meter.
Um mehr Energie ins Ziel transportieren zu können, nutzen Scharfschützen seit drei Dekaden das Kaliber .50 BMG. Allerdings sind dabei zwei gravierende Nachteile nicht von der Hand zu weisen: Die Eigenpräzision der Munition entspricht meist nicht dem selbstauferlegtem Standard der Scharfschützen. Zum anderen haben Waffensysteme im Kaliber .50 BMG ein Eigengewicht, welches die Mobilität des Scharfschützentrupps deutlich einschränkt.

Temporäre Alternative: .408 CT
Einige Militärs suchten nach Wegen, die Eigenpräzision zu steigern, ohne dabei nennenswerte Energieverluste in Kauf nehmen zu müssen. Das Kaliber .408 CheyTac schien in den letzten Jahren dafür die Goldene Lösung zu sein. Allerdings konnte diese Patrone wiederum auch nur aus modifizierten .50-BMG-Systemen verschossen werden. Wodurch sich das Waffengewicht nicht reduzieren ließ. Darüber hinaus finden derartige, aus dem zivilen Bereich adaptierte, Wild Cat Ladungen bestenfalls Einzug in militärische Spezialeinheiten. Eine querschnittliche behördliche Verwendung wird absehbar nicht stattfinden.


(Foto: Hersteller)



Wirkliche Alternative: .375
Militärische Beschaffer sprechen in diesem Fall gern von einer „Fähigkeitslücke“. Diese ergäbe sich demnach im Distanzbereich, für den eine .338 Lapua Magnum zu leistungsschwach wäre; eine .50 BMG aber zu schwer oder zu wenig präzise. Eine Alternative wäre die Kalibergruppe .375.
Das Kaliber .375 ließe sich auch aus bereits existierenden Waffensystemen verschießen, deren Eigengewicht deutlich unter acht Kilogramm liegt. Es bringt aber dennoch Mündungsenergien von mehr als achttausend Joule zu Stande und fliegt bis zu 1.600 Meter mit Überschall.
Ein bekannter Vertreter dieser Gruppe ist das Kaliber .375 CheyTac. Die .375 CT ist bei einigen privaten Long Range Enthusiasten in Gebrauch. Damit ist sie zwar während der letzten fünf Jahre im zivilen Bereich angekommen, breitflächig etabliert hat sie sich aber keineswegs. Darüber hinaus hat die internationale Normungs- und Prüfungskommission für Handfeuerwaffen und Munition (C.I.P.) das Kaliber .375 CT aus dem Programm genommen.
Die Gründe, die gegen eine behördliche Verwendung der .375 CheyTac sprechen, sind die gleichen, wie bei der .408 Chey Tac. Die .375 CT ist industriell gefertigt nicht verfügbar. Es existieren weder Fertigungsstrecken, die eine massenweise industrielle Herstellung zuließen. Noch ist es machbar, ein LOS mit absolut identischen Parametern nachzubestellen. Von Cheyenne Tactical gibt es auch keine Verpackungen, die behördlichen Anforderungen für Transport oder Lagerung entsprächen. Hierbei geht es auch um Aspekte der Fallsicherheit und Feuerfestigkeit sowie um eine Lagerfähigkeit jenseits der zehn Jahre. Von amerikanischer Seite scheint auch keine Inspiration zu bestehen, das zu ändern.


Die Abmessungen unterscheiden sich nur geringfügig
von einer .338 Lapua Magnum (Foto: Hersteller)



Resultat: .375 SWISS P
Die Fähigkeit, behördlichen Ansprüchen in allen Belangen zu genügen, kann nur durch Konzerne mit entsprechender Produktionstiefe erreicht werden. RUAG ist so gesehen nicht nur ein Munitionshersteller, sondern garantiert auch entsprechende Liefermengen bei gleichbleibender Qualität.
Die Neuentwicklung .375 SWISS P entspricht mit ihren Abmessungen 9,5 x 70 Millimeter annähernd einer .338 Lapua Magnum. Die Mutterpatrone der Hülse ist eine .500 Jeffery.
Das Vollmantelgeschoss hat ein Gewicht von 350 gr. (22,7 Gramm) und besitzt einen G1-Koeffizient von 0,8014. Das Gesamtgewicht einer Patrone liegt bei 52 Gramm.

Leistung satt
Aus einem 76-cm-Lauf entwickelt das Projektil nach Herstellerangaben eine Anfangsgeschwindigkeit von 865 Meter pro Sekunde und eine Mündungsenergie von fast 8.500 Joule. Das bedeutet 40 Prozent mehr Mündungsenergie als bei einer .338 Lapua Magnum. Das Leistungsgewicht von 1.200 Joule Mündungsenergie pro Kilogramm Waffengewicht entspricht damit annähernd dem eines .50 BMG Anti-Materialgewehrs.


Die Einsatzschussdistanz erhöht sich im Vergleich
zur .338 LM um beachtliche 25 Prozent (Foto: Hersteller)




.375 SWISS P Geschoss
Das Geschoss der .375 SWISS P wurde ballistisch optimiert. In der Geschossspitze sitzt eine Metallkugel, die dort ein Leervolumen bildet und zudem eine geringere Dichte als der Kern aus Blei aufweist. Dadurch wurde es möglich, den ballistischen Koeffizienten des Vollmantelgeschosses im Vergleich zu einem klassischen Long Range-Matchgeschoss mit Hohlspitze und Torpedoheck (HPBT - Hollow Point Boat Tail) zu verbessern. Im direkten Vergleich zu einer .338 LM hat es auf seiner Flugbahn weniger Geschwindigkeitsverlust, was zu einer sog. super-sonic Reichweite von 1.600 Metern führt. Was wiederum gleichbedeutend ist mit mehr Restenergie im Ziel. Die Einsatzschussdistanz erhöht sich im Vergleich zur .338 LM um beachtliche 25 Prozent.
Eine derzeit noch in Entwicklung befindliche Hartkern-Variante (AP - Armour Piercing) des Projektils wird Herstellerangaben zu Folge die doppelte Leistung einer .338 Lapua Magnum AP entwickeln.
Das .375 Swiss P AP-Geschoss wird einen Kern aus einer Wolframkarbid- und Cobalt-Legierung haben, einen geschlossenen Boden sowie eine offene Geschossspitze. Diese Konstruktion ist auf Maximalpenetration von Hartzielen ausgelegt. Das Hartkerngeschoss soll eine Schutzweste der Klasse SK4 unter Normbedingungen bis auf 600 Meter sicher zu durchschlagen können.

 




.375 SWISS P Waffensysteme

Marktfähige Waffensysteme im Kaliber .375 SWISS P herzustellen, dürfte in Anbetracht der zahlreichen Multi-Kaliber Gewehre keine nennenswerte Hürde darstellen. Basiswaffen im Kaliber .338 Lapua Magnum benötigen für die Kaliberkonvertierung lediglich einen Laufwechsel. Verschluss- und Magazintausch sind nicht erforderlich.


Technische Daten
Projektil: Vollmantel, 22,7 Gramm
Ballistischer Koeffizient G1: 0,8014
Zündhütchen: SINOXID
Gesamtgewicht: 52 Gramm
term of reference: CIP
Druck: max. 4.200 bar (bei 21°C)
Mündungsgeschwindigkeit: 865 m/s (762 mm Lauf)
Mündungsenergie: 8.492 J
Präzision auf 300 Meter: Sa ≤  26 mm

Service
https://www.swiss-p.com/en/

Mehr dazu ab dem 30. März 2021 in Die Waffenkultur


Samstag, 6. März 2021

Mk22: Barrett MRAD (Multi-Role Adaptive Design)

 

Das Barrett MRAD wurde kürzlich als neues Scharfschützengewehr der US-Streitkräfte auserkoren. Dass es aufgrund dessen allen taktischen Anforderungen des modernen Scharfschützenwesens genügen und technologisch auf dem allerneusten Stand sein dürfte, macht die Waffe natürlich interessant. Überdies ist sie auch für Privatleute erhältlich

(Alle Fotos: Hersteller)


Das Modell MRAD von Barrett wurde auf der SHOT Show 2011 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Im Grunde basiert die Waffe auf dem Barrett Modell 98B aus dem Jahr 1997. Das Modell MRAD jedoch ist das unmittelbare Resultat einer Ausschreibung der US-Streitkräfte unter dem Precision Sniper Rifle Programm (PSR), welches schon im Jahr 2008 gestartet und seither ständig weiterentwickelt wurde. Das Barrett wird seit dem Jahr 2020 als Mk22 bei der U.S. Army und den U.S. Marines eingeführt und soll dort alle anderen noch vorhandenen Scharfschützengewehrmodelle ersetzen.

 

(Foto: Hersteller)


Barrett MRAD
Das MRAD (Multi-Role Adaptive Design) ist als Repetiergewehr ausgeführt und besitzt eine Multi-Kaliber Option. Derzeit stehen Wechselsysteme für folgende Kaliber zur Verfügung:
.338 Lapua Magnum
.338 Norma Magnum
.300 Winchester Magnum
.308 Winchester
6.5 Creedmoor
.300 Norma und
.300 PRC

 

Das Barrett MRAD, wie es als Scharfschützengewehr Mk22 in
den US-Streitkräften eingeführt wird (Foto: Hersteller)


Während das Kaliber .308 Winchester und auch die .300 Win Mag im modernen Scharfschützenwesen künftig kaum mehr eine tragende Rolle spielen dürften, setzen die US-Scharfschützen auf Neuentwicklungen der letzten zwei Dekaden, wie die 6.5 Creedmoor und die .338 Norma Magnum. Interessant ist auch, dass sich die US-Scharfschützen mit ihrem PSR Programm ausdrücklich die Option auf das relativ neue und noch wenig verbreitete Kaliber .300 Precision Rifle Cartridge (PRC) offen halten. Für den privaten Endanwender kann das nur vorteilhaft sein. Durch die massive militärische Nutzung ist eine breitere Palette an Laborierungen ebenso zu erwarten, wie günstigere Einkaufspreise der momentan noch relativ teuren und neuen Long Range Kaliber.

 

Das Obergehäuse ist ein Aluminium-Monolith inklusive einer
MIL-STD M 1913 Picatinny Rail mit 10 Mil Vorneigung (Foto: Hersteller)


Gehäuse
Das Obergehäuse ist als Monolith inklusive einer MIL-STD M 1913 Picatinny Rail aus Aluminium gefräst. Die Picatinnyschiene besitzt eine Vorneigung von zehn Mil (nicht MOA!). Der Vorderschaft besitzt keine Rails an den Seiten oder unterhalb. Kann aber bei Bedarf mit solchen ausgestattet werden.
Das Untergehäuse kann, ähnlich wie bei AR-typischen Selbstladegewehren, über einen Pivot Pin abgeklappt oder auch ganz entfernt werden.
Der Pistolengriff ist identisch zum AR, ebenso wie die Sicherung, welche ambidexter gewechselt werden kann.

 



Verschluss
Der Verschluss des MRAD läuft in einer Kunststoffbuchse. Konstruktiv soll dieses Merkmal die Störanfälligkeit auch unter widrigsten Umweltbedingungen gering halten und gleichzeitig die Reinigung erleichtern. Verschluss und Kunststoffbuchse lassen sich zum Reinigen nach hinten entnehmen. Ebenfalls ein Arbeitsablauf, den jeder AR-Besitzer beherrscht.

 

 

Der Verschluss läuft in einer Kunststoffbuchse, was Störanfälligkeit
verringert und die Reinigung erleichtert (Foto: Hersteller)



Abzug
Ein Wechsel der Abzugseinheit ist problemlos möglich und kann von jedem Anwender auch unter feldmäßigen Bedingungen durchgeführt werden. Dazu muss lediglich das Untergehäuse vom Obergehäuse getrennt und der Sicherungsflügel entfernt werden. Die Abzugsgruppe kann daraufhin nach oben entnommen werden. Selbstverständlich ist das Abzugsgewicht individuell anpassbar.

 

Die Magazine sind kaliberentsprechend vier Gruppen unterteilt
und mit Buchstaben gekennzeichnet. Darüber hinaus besitzen sie
zur haptischen Identifikation frontseitig eine unterschiedliche
Anzahl von Rippen


Laufwechsel
Als Multi-Role Adaptive Design Konzept verfügt die Barrett natürlich über die Option des schnellen Laufwechsels. Die Ausführung MRAD SMR hat diese Option allerdings ausdrücklich nicht.
Zum Laufwechsel müssen lediglich zwei T30-Torx-Schrauben gelöst werden. Der Lauf kann dann nach vorn entnommen und getauscht werden. Die beiden T30-Torx sollen nach Herstellerangabe mit einem Drehmoment von etwa 16 Newtonmeter angezogen werden.
Wird ein Lauf getauscht, muss auch der Verschlusskopf kaliberentsprechend getauscht werden. Werkzeug ist dafür nicht erforderlich. Lauf, als auch Verschlusskopf, besitzen entsprechende Kalibergravuren. Die zugehörigen Magazine sind in vier Gruppen unterteilt, welche durch die Buchstaben A / B / C und D gekennzeichnet sind. Darüber hinaus besitzen die Magazine frontseitig eine unterschiedliche Anzahl von Rippen (6 Rippen bzw. 4 oder 3), an denen das jeweilige Kaliber ebenso gut haptisch identifiziert werden kann.

 

Wird der Schaft an die rechte Waffenseite angeklappt, sichert
er gleichzeitig den Repetierhebel gegen unbeabsichtigtes Öffnen
(Foto: Hersteller)

Die Schaftbacke lässt sich stufenlos und
ohne Werkzeug höhenverstellen (Foto: Hersteller)
 


Hinterschaft
Der Hinterschaft ist ohne Werkzeug höhen- und längenverstellbar. Wird er an die rechte Waffenseite abgeklappt, sichert er gleichzeitig den Repetierhebel gegen unbeabsichtigtes Öffnen oder Beschädigung.

 

Trotz Multi-Kaliber Option besteht das Barrett MRAD
aus gerade einmal 78 Einzelteilen (Foto: Hersteller)

 

Fazit
Einfachheit und Robustheit gehören zu den konzeptionellen Anforderungen an moderne Infanteriewaffen. Das Barrett MRAD ist absolut anwenderfreundlich. Alle Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten können durch den Anwender selbst ausgeführt werden. Die Waffe besitzt gerade einmal 78 Einzelteile und lässt sich ohne Werkzeug komplett zerlegen. Lediglich für den Laufwechsel ist ein Torx-T30 Drehmomentschlüssel erforderlich.


Service
https://barrett.net/products/firearms/mrad-mk22/ 

Technische Daten
Modell: Barrett MRAD
Hersteller: Barrett Firearms, Tennessee, USA
Waffenart: Repetierer
Kaliber: Multi-Kaliber
Lauflänge: 51 bis 69 Zentimeter
Magazinkapazität: 10 Schuss
Gesamtlänge: 108 bis 125 Zentimeter
Gewicht: 6,3 bis 6,9 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 2020 bis heute

Mehr dazu in Waffenkultur Nr. 57 ab dem 30. März 2021


Freitag, 5. März 2021

Das Precision Sniper Rifle Programm

 

Die US-amerikanischen Streitkräfte bekommen ein neues Scharfschützengewehr. Die Wahl fiel auf das MRAD (Multi-Role Adaptive Design) von Barrett Firearms. Die Waffe wird als Mk22 ASR (Advanced Sniper Rifle) eingeführt und soll in den kommenden fünf Jahren alle anderen Scharfschützengewehre ersetzen

(Foto: Hersteller)



PSR Programm
Die Entscheidung zugunsten des Barrett MRAD ist nicht neu, sondern wurde schon im März 2019 getroffen. Ausgangslage für diese Entwicklung war das Precision Sniper Rifle (PSR) Programm des U.S. Special Operations Command (USSOCOM) vom Mai 2008. Ziel des PSR Programmes war und ist es, erkannte taktische und operative Defizite in der Bewaffnung US-amerikanischer Scharfschützen abzustellen. Tag- und Nacht-Optiken sowie Signaturverzerrer sollten durch das Programm vereinheitlicht werden. Ebenso stand die Entwicklung neuer Munitionssorten für Scharfschützen zur Debatte. Nicht zuletzt sollten die neuen Waffensysteme eine größere Einsatzschussdistanz bedienen und die Counter-Sniper Fähigkeiten der eigenen Scharfschützentrupps erhöhen. Im Grunde laufen im PSR Programm die Erfahrungen zusammen, welche die US-Amerikaner in den weltweiten bewaffneten Konflikten der letzten 20 Jahre sammeln konnten.

Anforderungen
In einer ersten Version des PSR Programms aus dem Jahr 2008 wurden zehn technische Anforderungen an die Waffe definiert:
1) Fabrikmunition im Kaliber .338 („non-wildcat“ Laborierung)
2) Mehrladegewehr (kein Selbstlader)
3) Streuung maximal eine Bogenminute von 300 Meter bis 1.500 Meter
4) Störungsfreie Funktion für mindestens eintausend Schuss (pro Magazin)
5) Maximallänge (ohne Signaturverzerrer) von 132 Zentimeter
6) Maximallänge einer Baugruppe von 101 Zentimeter
7) Maximalgewicht von 8,2 Kilogramm
8) Durchgehende MIL-STD-1913 Schiene auf dem Obergehäuse
9) Zerlegbarkeit durch den Schützen in weniger als zwei Minuten
10) Keine Treffpunktverlagerung nach dem Zerlegen oder beim Bewegen unter Gefechtsbedingungen

Ursprünglich nahmen sechs Firmen an der Ausschreibung teil: SIG Sauer mit dem Blaser Tactical 2; McMillan mit dem TAC-338; Beretta USA mit dem Sako TRG-42 und Desert Tactical mit einem Stealth Recon Scout in .338. Zu den eingereichten Waffen der Firmen GemTech und Pierce Engineering liegen keine Informationen vor.



Das M107 (Barrett M82) im Kaliber .50 BMG ist im Scharfschützenwesen
eine Klasse für sich. Mit der Einführung des Barrett MRAD dürfte auch
dieses Anti-Material-Gewehr kurz- bis mittelfristig außer Dienst gestellt werden
(Foto: Hersteller)



Neue Anforderungen in 2009
Im Jahr 2009 wurden zwei der insgesamt zehn Anforderungen geändert. Die Ausschreibung legte sich nicht mehr nur auf die Kaliberklasse .338 fest, sondern beschrieb das Kaliber weitgefasster als industriell gefertigte, „non-wildcat“ Handfeuerwaffenmunition nach SAAMI oder CIP Standard.
Außerdem erweiterte sich die Einschränkung „Mehrladegewehr“ auf Mehrlader oder Gasdrucklader; allerdings in sowohl Rechtshand- als auch Linkshandausführung.
Die überarbeitete Version von 2009 definierte erstmalig auch taktische Anforderungen an das neue Waffensystem. Danach musste die Scharfschützenwaffe in der Lage sein, mit einen oder mehreren Schuss Mannziele auf 1.500 Meter zu treffen sowie auf 750 Meter eine Level-3 Schutzweste zu durchschlagen. Ebenso wurde festgelegt, dass auch die schweren Scharfschützenwaffen, wie die Barrett M82, im Zuge der Neueinführung ersetzt werden sollten.



Das M2010 Enhanced Sniper Rifle war eine Zwischenlösung auf Basis der
bewährten M24 Scharfschützengewehre, welche wiederum auf einer
Remington 700 basierten (Foto: Hersteller)




Weitere Änderungen in 2011
Nach weiteren Änderungen der Ausschreibung in 2011, nahmen noch folgende Firmen teil: Armalite, Barrett Firearms, Beretta USA, Cheytac, FNH USA, Remington Arms und Steyr Arms.
Quantitativ wurde die Anzahl der zu beschaffenden Waffensystem auf 5.150 Stück beziffert sowie auf 10,3 Millionen Patronen.
Am siebten März 2013 erhielt der Hersteller Remington den Zuschlag für sein Remington Modular Sniper Rifle System (Remington MSR) Die Auftragsmenge umfasste 5.150 Waffen und 4,7 Millionen Schuss Munition. In der letzten Runde dieser Ausschreibung war der einzig verbliebene Konkurrent das TRG M10 von Sako.



Mit dem Mk21 MSR wurden seit 2013 viele Anforderungen des PSR Programms
umgesetzt. Dennoch werden auch diese Waffen in Kürze außer Dienst gestellt
(Foto: Hersteller)




Mk21 MSR (Modular Sniper Rifle)
Die Remington MSR wurde ab 2013 unter der Bezeichnung Mk21 Modular Sniper Rifle bei der U.S. Army eingeführt. Jedoch zeigte sich, dass die Waffe nicht in allen Belangen der zwischenzeitlich vom PSR zum ASR (Advanced Sniper Rifle) Programm weiterentwickelten Ausschreibung entsprach. Das U.S. SOCOM eröffnete den Wettbewerb um ein neues Scharfschützengewehr daher im Jahr 2018 erneut. Im Resultat erhielt der Hersteller Barrett Firearms aus Tennessee im März 2019 den Zuschlag für sein Barrett MRAD.



Das Mk22 ASR ist die neue Waffe für U.S. Army und U.S. Marines.
Einfach, robust und Multi-Kaliber fähig. Die US-Streitkräfte streben eine
deutliche Vereinheitlichung ihrer Sniper- und Long Range Kompetenzen an
(Foto: Barrett Firearms)




Mk22 ASR (Advanced Sniper Rifle)
Die U.S. Army orderte in einer ersten Charge 357 Stück, wird jedoch nach neusten Meldungen bis Ende 2021 insgesamt über 500 Barrett MRAD beschaffen.
Beabsichtigt ist, die Waffe unter der Bezeichnung Mk22 ASR (Advanced Sniper Rifle) und in den Kalibern .308 Win. / .300 Norma Magnum und .338 Norma Magnum einzuführen. Ein Umrüsten auf die Kaliber 6.5 Creedmoor und .300 PRC ist aber ebenso möglich, wie auf die ältere und weit verbreitete .300 Win Mag.
Neben der U.S. Army wird auch das U.S. Marine Corps die Barrett MRAD Scharfschützengewehre beschaffen. Geplant sind derzeit mindestens 250 Stück. Das Ziel ist, bis 2024 alle anderen Sniper Waffensysteme zu ersetzen. Dazu zählen: Die M107 (Barrett M82 im Kaliber .50BMG), die M2010 Enhanced Sniper Rifle (stark modifizierte Remington M24 im Kaliber .300 Win Mag) und die Mk21 MSR (welche seit März 2013 eingeführt wurde).

Evolutionary Acquisition Programm
Das Precision Sniper Rifle Programm ist ein Beispiel für modernes Beschaffungswesen beim Militär. Operative Gegebenheiten auf dem modernen Schlachtfeld können sich ändern. Und tun das erfahrungsgemäß mittlerweile auch im Rhythmus einer Dekade. Anforderungen, die in einer zehn Jahre alten Ausschreibung definiert wurden, können obsolet werden oder müssen einer Anpassung unterzogen werden. Hinzu kommt die technologische Weiterentwicklung im Waffenbau, die in den vergangenen 20 Jahren geradezu sprunghaft verlaufen ist.
Bei einem „Evolutionary Acquisition“ Programm werden neue Fähigkeits- und Systemanforderungen schrittweise definiert. Wobei ein ständiger Rücklauf durch Nutzer-Erfahrungen gegeben sein muss. Das Ziel ist es, dem Anwender zwar schnell ein Produkt zur Verfügung zu stellen, aber dennoch flexibel auf künftige Anpassungen reagieren zu können.

Technische Daten
Modell: M107 (Barrett M82)
Hersteller: Barrett Firearms, Tennessee, USA
Waffenart: Halbautomat
Kaliber: .50 BMG (12,7 x 99)
Lauflänge: 51 bis 74 Zentimeter
Magazinkapazität: 5 oder 10 Schuss
Gesamtlänge: 120 bis 140 Zentimeter
Gewicht: etwa 14 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 1989 bis heute


Technische Daten
Modell: M2010 Enhanced Sniper Rifle
Hersteller: Remington Arms, North Carolina, USA
Waffenart: Repetierer
Kaliber: .300 Winchester Magnum (7,62 x 67)
Lauflänge: 61 Zentimeter
Magazinkapazität: 5 Schuss
Gesamtlänge: 118 Zentimeter
Gewicht: etwa 5,5 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 2011 bis 2021


Technische Daten
Modell: Mk21 Modular Sniper Rifle
Hersteller: Remington Arms, North Carolina, USA
Waffenart: Repetierer
Kaliber: Multi-Kaliber
Lauflänge: 51 bis 69 Zentimeter
Magazinkapazität: 5 bis 10 Schuss
Gesamtlänge: 91 bis 120 Zentimeter
Gewicht: etwa 5,9 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 2013 bis 2021

Mehr dazu in Waffenkultur Nr. 57 ab dem 30. März 2021


Dienstag, 2. März 2021

Snowfall Long Gaiters®: Gamaschen von Helikon-Tex

 

Preußische Grenadiere trugen sie in Weiß mit seitlichen Knöpfen. Sie hatten nicht nur eine Schutzfunktion, sondern waren zugleich Uniform- und Modeaccessoire. Heutzutage sind Gamaschen aus Funktionstextilien gefertigt und werden schon lange nicht mehr nur von Soldaten getragen



Wie nützlich ein Ausrüstungsgegenstand sein kann, merkt man manchmal erst, wenn er nicht vorhanden ist. Bei Regenwetter einen Tag in freier Natur zu verbringen oder auch nur über eine nasse Wiese mit kniehohem Gras laufen zu müssen, weckt schnell den Wunsch nach einem Paar Gamaschen. Dieses Kleidungsstück; je nach Region auch als Beinling oder Stulpen bezeichnet; wird als äußere Schicht über den Hosen getragen. Der Beinling schützt somit nicht nur vor Nässe oder Schnee, sondern bringt durch die zusätzliche Isolationschicht auch etwas mehr Wärmerückhalt am Unterschenkel. Auch wird verhindert, dass Geröll oder Ungeziefer in den Schuh oder das Hosenbein eindringen können.

Geschichte
Spätestens seit Anfang des 18. Jahrhunderts sind Gamaschen als Uniformteil bei Preußischen Grenadieren dokumentiert. Sie waren weiß mit seitlichem Knöpfen und reichten bis über das Knie. Neben der eigentlichen Schutzfunktion waren diese Stulpen auch militärisches Modeaccessoire.
Sowohl im Ersten und als auch im Zweiten Weltkrieg waren so genannte Wickelgamaschen aus verschiedenen Stoffarten noch ein weitverbreitetes Kleidungsstück bei Soldaten aller Nationen; insbesondere in Großbritannien, Frankreich und den USA.

Geschlossen werden die Helikon Gaiters nur
über einen fünf Zentimeter breiten Klett


Heute
Im Outdoor- und Freizeitsportbereich sind Gamaschen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Sie existieren in einer Vielzahl von Ausführungen und Preisklassen zwischen zehn und sage und schreibe 80 Euro. Kaufentscheidende Kriterien können sein, neben dem Preis, natürlich das Material und Gewicht sowie die Robustheit. Und bevor man bei skandinavischen Premiummarken das Vierfache zahlt, sieht man sich einfach mal bei Helikon-Tex um.

Das Material ist dauerhaft wasserabweisend
und robust genug für Bewegungen im Unterholz


Snowfall Long Gaiters®
Unter der Verkaufsbezeichnung Snowfall Long Gaiters bietet Helikon-Tex in seiner Outback Line die kniehohen Gamaschen in sechs Farbvarianten zu einem Preis ab 30 Euro an. Für spezielle Pencott Tarnmuster, wie Greenzone, Snowdrift oder Wildwood werden neun Euro Aufpreis fällig.
Die Helikon Gaiters sind aus robustem Cordura gefertigt. Im Praxistest erwies sich das Material als dauerhaft wasserabweisend. Auch Bewegungen im dichten Unterholz konnten dem Cordura nichts anhaben. Die Schutzfunktion für den Unterschenkel war hier erwartungsgemäß vorhanden.
An der Innenseite sind die Stulpen im Bereich der oberen Zwei Drittel mit einem leichten Mesh-Futter bestückt. Das unter Drittel besteht zweilagig aus Nylon (Cordura) zur besseren Nässeabwehr.


Aufpreispflichtige Colorits sind die Pencott Tarnmuster, wie Greenzone,
Snowdrift oder Wildwood (Foto: Hersteller)


Anlegen: Minutensache
Das Anlegen passiert mit etwas Übung in weniger als einer Minute. Der Beinling verfügt über keinen Frontreißverschluss, sondern ist nur durch einen fünf Zentimeter breiten Klettstreifen zu schließen. Rumgefitzel an einem Reißverschluss mit kalten, nassen Händen bei Dunkelheit entfällt also. Die Klettlasche schließen – fertig.
Am oberen Ende lässt sich die Gamasche über einen Haken und ein elastisches Band an den Beinumfang anpassen. Am unteren Ende wird ein kleiner Haken in den Schnürsenkel eingehakt, um ein Hochrutschen des Beinlings zu verhindern.


(Foto: Hersteller)


Der Steigbügelriemen
Eine Schwachstelle bei allen Gamaschen stellt der so genannte Steigbügelriemen dar. Dieser Riemen verläuft direkt unter dem Schuh, idealerweise zwischen Vordersole und Schuhabsatz. An dieser prominenten Stelle führt zwangsläufig jeder Schritt zu erhöhtem Verschleiß. Was dazu führt, dass der Riemen meistens gar nicht erst angelegt wird. Bei Bundeswehr-Gamaschen (alt) bestand der Steigbügelriemen aus Fallschirmschnur oder Paracord. Beim Laufen im Schnee wurde diese Schnur nass, so dass Schnee an der Schnur haften blieb. Bei jedem weiteren Schritt pappte immer mehr Schnee an der Kordel unterm Schuh; bis man auf zwei riesigen Schneebällen lief. Wo Dienst, da Frohsinn.
Helikon-Tex begegnet diesem Problem mit einer Steigbügellösung aus dem Material Hypalone, einem hochwertiges, extrem widerstandsfähiges Elastomer. Es ist UV-, temperatur- und alterungsbeständig und natürlich reißfest. Die Längenverstellung kann über Klettflächen an der Innenseite der Gaiters vorgenommen werden.


(Foto: Hersteller)


Fazit
Helikon-Tex beweist mit diesem einfachen Ausrüstungsteil einmal mehr seine hohe Innovationsfähigkeit. Die Snowfall Long Gaiters sind sehr funktional und besitzen weder Reißverschluss noch Ösen oder Haken aus Metall. Im Grunde wurde hier ein weitverbreiteter Ausrüstungsgegenstand im Detail verbessert. Kaufempfehlung.

Service
Bezug über Camostore


Details
Material: Nylon (Cordura)
Bügelriemen: Polyethylen (Hypalone)
Höhe: 43 Zentimeter
Gewicht: 280 Gramm (Paar)
Preis: etwa 30 Euro