Freitag, 4. Juni 2021

Häufige Fehler beim Trockentraining

 

Trockentraining ist weder Selbstzweck noch Bewegungstherapie. Es sollte vielmehr integraler Bestandteil eines Gesamtkonzepts für die Ausbildung an der Waffe sein. Fehler in der Durchführung machen jedoch den Trainingserfolg zunichte, bevor er sich überhaupt einstellen konnte



Von Arne Mühlenkamp

Die Parallelen zwischen effektiven Fitnesstraining und Trockentraining sind nicht von der Hand zu weisen. Viel hilft nicht immer viel. Und manchmal ist zu viel gleichbedeutend mit kontraproduktiv. Beim Kraft- oder Ausdauersport führen falsche Bewegungsabläufe im schlimmsten Fall zu Verletzungen; beim Trockentraining zu Fehlkonditionierung und Trainingsnarben. Allein das Wissen um mögliche Fehler kann Trockentraining effektiver machen.
Beobachtet man die Ausführung von Trockenarbeit oder analysiert evtl. vorhandene Ausbildungskonzepte, fallen immer wieder ähnliche Fehler auf. Diese lassen sich in sieben Punkten kategorisieren:

- zu wenig
- zu oft
- Dauer der Sitzung zu lang (> 15 Minuten)
- willkürliche Bewegungsabläufe ohne methodische Grundlage
- zu viele verschiedene Elemente in einer Sitzung
- ohne Bezug zum scharfen Schuss
- Geistesabwesend ohne Aufmerksamkeitsregulation und Selbstgewahrsein

Zu wenig / zu oft
Eine genaue Definition von zu wenig / zu oft ist stark abhängig vom Leistungsstand, vom angestrebten Lernziel sowie den verfügbaren (zeitlichen) Ressourcen. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass einmal im Monat zu wenig ist und tägliches Trockentraining hingegen bestimmt zu viel; und ehrlicherweise auch kaum in den Alltag eines Privatiers integrierbar. Mit zwei bis drei Trockentrainingseinheiten pro Woche kann ein großer Leistungsfortschritt erreicht werden. Der Schlüssel liegt auch in der Regelmäßigkeit.

Gesamtdauer der Sitzung
Trockentraining richtig angewandt, führt zu einer mentalen Anspannung, die kaum mehr als zehn bis 15 Minuten am Stück aufrechterhalten werden kann. Über dieses Zeitfenster hinausgehend schwindet die Konzentration, Bewegungsabläufe verwässern und Trockentraining erhält einen kontraproduktiven Effekt. Es ist daher ratsam, die Sitzung konsequent nach spätestens 15 Minuten abzubrechen.

Ohne methodische Grundlage
Bevor das Üben beginnt, sollte verstanden worden sein, was geübt werden soll. Eine konzeptionelle und methodische Grundlage muss vorhanden sein, um willkürliche Bewegungsabläufe zu vermeiden. Die Konsultation eines kompetenten Ausbilders ist hier unumgänglich. Ein relativ komplexer Bewegungsablauf, wie beispielsweise der Ziehvorgang einer Kurzwaffe aus dem Holster, sollte nicht autodidaktisch erlernt werden, sondern unter den Augen und mit Hilfestellung eines Trainers. Bewegungsabläufe dürfen während der Trainingssitzung nicht verwässern. Trockentraining bedeutet, eine einhundert Prozent wiederholgenaue Reproduktion eines einhundert Prozent korrekten Bewegungsablaufs. Ohne methodische Grundlage bleibt Trockenarbeit „Rumgehampel“.

Zu viele verschiedene Elemente
Mentale Kapazitäten sind begrenzt. Der Aufmerksamkeitsfokus schnell erschöpft. Das gilt sowohl für die Dauer der Sitzung als auch für die Vielschichtigkeit der zu übenden Elemente. Der Bewegungsablauf „Ziehvorgang“ dient wiederum als Beispiel des maximal machbaren. In einer Sitzung, in der ein Ziehvorgang geübt wird, sollten andere Elemente, wie z.B. Ladetätigkeiten oder Störungsbeseitigung, ausgeklammert bleiben.

Ohne Bezug zum scharfen Schuss

Trockentraining vom scharfen Schuss zu entkoppeln, ist erfahrungsgemäß einer der größten Fehler überhaupt. Trockentraining dient vor allem einem Ziel: Den scharfen Schuss präziser und schneller anbringen zu können. Findet permanent eine mentale Entkopplung vom scharfen Schuss statt, wird dieses Ziel verfehlt.
Soll im Trockentraining die Abzugskontrolle geschult werden, ist es falsch, beim Abkrümmen das „Klick“ zu erwarten. Jedes Abkrümmen ist eine in sich geschlossene Trainingseinheit für den Abzugsfinger. Jeder Schuss wird so abgegeben, als wäre es der Schuss, auf den ankommt. Im Trockentraining sollte der Anwender immer den Schuss erwarten (und seine Trainingsumgebung entsprechend präpariert haben). Aus diesem Grund endet auch jeder Ziehvorgang mit einem korrekten Visierbild. Befindet sich der Anwender gleichzeitig im natürlichen Zielpunkt, endet jeder Ziehvorgang mit einem Visierbild und einem Haltepunkt.

Geistesabwesend
Aufmerksamkeitsregulation und Selbstgewahrsein sind zwei willkommene Begleiterscheinungen von regelmäßigem Trockentraining. Die Fähigkeit, „im Augenblick zu sein“ oder „im Jetzt und Hier“ sind oft gehörte Metaphern aus dem Leistungssport. Trockenarbeit schult nicht nur schießtechnische Fertigkeiten, sondern auch Konzentrationsvermögen und damit mentale Stärke. Über die Gesamtdauer einer Sitzung fokussiert zu bleiben, ist das, was Trockenarbeit anstrengend macht; aber auch die Ursache, die zur mentalen Entspannung und dem Abbau von Alltagsstress beitragen kann.

Fazit
Bei Beachtung dieser sieben Punkte lässt sich die Trockentrainingssitzung von „unkoordiniert, plan- und konzeptlos“ in eine hocheffiziente, leistungssteigernde Trainingseinheit verwandeln. Eine regelmäßige Durchführung unterstützt den Lernfortschritt wesentlich besser als zeitlich ausgedehnte Einzelsitzungen.

Service
Die Ausbildungsmethode des Integrierten Trockentrainings ist Lehrinhalt der Kursmodule Surgical Speed Shooting und Robust Pistol Management bei Akademie 0/500®


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