Einhändiges Schießen mit der Kurzwaffe wird manchmal sogar im dynamischen Schießsport gefordert. Eine reale und nicht zu unterschätzende Bedeutung kommt diesem Thema jedoch erst im Feuerkampf zu. Besonders dann, wenn die Waffe einhändig nachgeladen werden muss oder eine Störung hat.
Schießtraining kann manchmal sehr unrealistisch sein. Beispielsweise dann, wenn der Gebrauchswaffenträger grundsätzlich davon ausgeht, dass alle Gegner allein durch sein Erscheinen die Waffen strecken werden, dass alle bewaffneten Konfrontationen bei Tageslicht oder zumindest im Hellen stattfinden oder aber dass er selbst zu jeder Zeit zwei Hände zur Verfügung haben wird, um seine Kurzwaffe zu bedienen. Die Statistiken äußern sich jedoch ganz anders. Eine Vielzahl von Konfrontationen ereignet sich bei Dunkelheit. Je nach Region und Einsatzspektrum kann diese Zahl bis zu 80% betragen. Ebenso gering wie die Garantie auf gute Sichtverhältnisse ist eine Garantie auf die Unversehrtheit der Hände bzw. der Arme.
Handelt es sich um ein Feuergefecht, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit unter anderem auch Treffer an den Händen und Armen zu erwarten, da sich diese meistens in exponierter Stellung zentral vor dem Körper befinden. Sind Messer beteiligt, werden Schnittverletzungen nahezu unvermeidlich sein. Von anderen Verletzungen, welche im Einsatz eintreten können, wie beispielsweise Quetschungen oder Verbrennungen ganz zu schweigen. In jedem Fall kann es ein fataler Irrglaube sein, davon auszugehen, man habe immer und zu jeder Zeit zwei funktionierende Hände für Waffenmanipulationen zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll Handlungsroutinen zum einhändigen Bedienen von Kurzwaffen zu kennen und diese im Training einige Male geübt zu haben. Drei Situationen können dabei eintreten: Die rechte Hand ist verletzt, bevor die Pistole überhaupt aus dem Holster gezogen wurde, die Pistole ist leergeschossen oder sie hat eine Störung der Typen 1 bis 4.
Ziehen der Waffe mit links
Das Ziehen der Waffe mit links kann sich je nach Holstermodell schwierig darstellen. Insbesondere Anwender von Holstern mit mechanischen Sicherungen sollten im Training sehr genau darauf achten, wie bzw. ob überhaupt die Sicherung des Holsters nach einem Totalausfall der rechten Hand mit links zu betätigen ist.
Werden Oberschenkelholster verwendet, kann der Schütze zuerst mit der linken Hand den Beingurt ergreifen, um das Holster etwas nach vorn zuziehen. Der Ziehvorgang wird somit erheblich vereinfacht.
Beim Ziehen mit links kann in den meisten Fällen keine korrekte Grifftechnik hergestellt werden. Der Schütze muss zum Umgreifen eine zusätzliche Bewegung vollziehen. Es hat sich bewährt, die Pistole dabei zwischen die Knie zu pressen und umzugreifen.
Befindet sich das Holster am Gürtel auf 5-Uhr-Postion, ist es unter Umständen besser, die linke Hand hinter dem Körper zum Holster zu führen. Anatomie und Flexibilität des eigenen Körpers setzen hier die Grenzen.
Nachladen einhändig
Auch beim einhändigen Nachladen muss die Waffe während des Nachladeprozesses zwangsläufig irgendwo zwischengeparkt werden. Auch hier empfiehlt sich, die Pistole zwischen die Knie zu pressen. Der Magazinschacht zeigt dabei nach vorn, der Lauf nach unten. Das neue Magazin kann jetzt mit der linken Hand problemlos zugeführt werden. Die Durchladebewegung erfolgt indem die Kimme der Waffe gegen ein Bekleidungs- oder Ausrüstungsteil (Gürtel, Schuhsohle oder Magazintasche) gedrückt wird, welches ein entsprechend hohes Widerlager bietet. Mit einer kraftvollen, ruckartigen Bewegung schiebt die Hand das Griffstück nach vorn.
Diese Technik funktioniert sowohl mit rechts als auch mit links. Im Training sollte sie daher bevorzugt geübt werden.
Störungstyp 1
Bei Störungen des Typs 1 ertönt das lauteste Geräusch das es gibt, wenn man eigentlich ein „Bumm“ erwartet; nämlich ein „Klick“. Von außen ist keine Störung erkennbar. Mit einem Schlag auf das Magazin und Durchladen der Waffe („Tap-Rack“) ist dieser Störungstyp schnell zu beseitigen. Beim einhändigen Bedienen heißt das, der Schütze schlägt die Waffe mit dem Magazinboden auf sein Knie, um sicherzustellen, das Magazin ist eingerastet. Anschließend lädt er seine Waffe am Gürtel oder einem anderen festen Widerlager durch. Dieser Ablauf funktioniert sowohl rechts- als auch linkshändig und ist analog zum Nachladevorgang.
Störungstyp 2 wird auf die gleiche Art und Weise beseitigt.
Störungstyp 3
Störungen vom Typ 3 sind von außen erkennbar. Der Schlitten der Pistole verriegelt nicht, weil sich zwei Patronen gleichzeitig im System befinden. Für gewöhnlich sind die Ursachen entweder eine defekte Ausziehkralle, abgenutzte Magazinlippen oder eine fehlerhafte Beseitigung der Störungstypen 1 und 2. Bei Pistolen ist dieser Störungstyp eher selten.
Ein charakteristisches Merkmal beim Störungstyp 3 ist, dass der Schlitten Druck auf die obere im Magazin befindliche Patrone ausübt, diese aber nicht zugeführt werden kann, weil das Patronenlager noch belegt ist. Das Magazin wird sich daher nur mit erhöhtem Kraftaufwand aus der Pistole entfernen lassen. Dass es beim Betätigen des Magazinauslöseknopfes von selbst durch die Schwerkraft aus der Waffe rutscht, ist ausgeschlossen. Da nur eine Hand zur Verfügung steht, muss ein geeignetes Hilfsmittel gefunden werden. Möglich wäre, den Magazinboden am Gürtel einzuhaken und so das Magazin aus der Waffe zu ziehen. Diese Technik funktioniert jedoch nur, wenn zwischen Magazin und Rahmen der Pistole ausreichend Platz vorhanden ist. Bei den meisten Pistolen wird das nicht der Fall sein.
Ausrüstungsmodifikationen
Eine einhändige Waffenmanipulation erfordert mitunter Modifikationen an der Ausrüstung.
Manche Schützen gehen dazu über, die Rahmenhöhe ihre Glockpistolen durch abschleifen zu kürzen. Dadurch entsteht eine Lücke zwischen Rahmen und Magazinboden. Das Magazin lässt sich somit leichter am Gürtel einhaken und herausreißen. Andere wiederum verwenden beispielsweise in einer Glock 19 permanent die längeren Glock 17 Magazine. Auch hier ist genug Abstand zwischen Rahmen und Magazinboden vorhanden. Eine weitere Möglichkeit, die keine bauliche Modifikation an der Waffe erfordert, ist die Verwendung eines nach vorn überstehenden Magazinbodens.
Soll die Kimme der Pistole als Widerlager zum Durchladen genutzt werden, muss sie dementsprechend geformt und vor allem stabil genug sein. Ein filigranes Mikrometervisier wird die unsanfte Prozedur nicht oft überstehen. Des Weiteren sollte man als Gebrauchswaffenträger grundsätzlich auch einen strapazierfähigen, robusten Gürtel tragen, der nicht nur das Holster für die Waffe und Reservemagazine sowie eventuell ein Funkgerät hält, sondern auch als korrespondierendes Widerlager zum einhändigen Repetieren der Pistole dienen kann.
Fazit
Einhändiges Bedienen der Selbstladepistole sollte genau wie einhändiges Schießen Bestandteil des Trainingsprogramms für Gebrauchswaffenträger sein. Einige Handlungsroutinen einstudiert zu haben, kann im Ernstfall von entscheidender Bedeutung sein. Besonderes Augenmerk sollte dabei den Schwachpunkten der Ausrüstung gelten. Holster mit Verrieglungssystemen können zu ungeahnten Erschwernissen beitragen, wenn nie geübt wurde, die Entriegelung nur mit der Unterstützungshand zu bedienen.
Im Kurs Pistole 4 der Akademie 0/500 wird das einhändige Bedienen einer Pistole vertiefend geübt.
http://www.0-500.org/pistole_4.html
Siehe auch: Nachtrag zum einhändigen Bedienen einer Pistole
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