Donnerstag, 11. Juni 2020

Akademie 0/500®: Der 150-Meter-Treffer


Der 150-Meter-Treffer ist im Pistolenschießen das Maß aller Dinge. Der Schütze, stellt damit die Fähigkeit unter Beweis, auch im Grenzbereich seines Waffensystems einen präzisen Einzelschuss anbringen zu können. Kann er das, kann er auch alles andere


Der 150-Meter-Treffer ist im Pistolenschießen das Maß aller Dinge. Trifft der Schütze ein Ziel der Größe 45 mal 75 Zentimeter über diese Pistolen untypische Distanz, trifft er auch alles andere. Er verfügt dann über ausgeprägte Grundfertigkeiten, die ihm nicht nur die Abgabe eines präzisen Einzelschusses erlauben. Er hat die Anatomie einer Schussabgabe als solche verstanden und wird höchstwahrscheinlich auch schnelle Schussfolgen auf Ziele in kürzeren Distanzen liefern können.
Das Treffen mit einer Pistole auf 150 Meter ist erklärtes Ausbildungsziel im Konzept von Akademie 0/500®. Es ist weder Kunststück noch Magie, sondern eine Konsequenz aus richtig umgesetzten Fähigkeiten. In Fortgeschrittenenkursen sind für gewöhnlich alle Teilnehmer in der Lage, diesen Treffer anzubringen. Sowohl beidhändig, als auch einhändig rechts oder einhändig links.

Die Theorie
Die Idee hinter diesem Ausbildungsziel ist, das Waffensystem im Grenzbereich zu beherrschen. Der Grenzbereich einer Gebrauchspistole im Standardkaliber 9 mm Luger dürfte bei 150 Meter liegen. Bei dieser Distanz wird jeder Fehler mit einem Fehlschuss bestraft. Nur wer alles richtig macht, wird auch treffen. 



Das richtige Training
Es gibt nur eine Schussabgabe und das ist die präzise Schussabgabe. Jeder Schuss ist ein präziser Einzelschuss. Jedes Abkrümmen ist eine in sich geschlossene Trainingseinheit für den Abzugsfinger. Erfahrungsgemäß besteht der erfolgreiche 150-Meter-Treffer aus folgender Gewichtung: 90 Prozent Grundfertigkeiten des Schießens, neun Prozent Schießtechnik und ein Prozent Ballistik. Die methodische Trennung zwischen Grundfertigkeiten des Schießens und Schießtechnik ist wichtig. Sowohl für die Ausbildung als auch für die Fehleranalyse. Präzision entsteht durch richtig umgesetzte Grundfertigkeiten. Schnelligkeit entsteht durch Schießtechnik. Schießtechnik ist lediglich das Vehikel, mit dem die Grundfertigkeiten transportiert werden.

Analyseinstrument
Die Methode, Grundfertigkeiten von Schießtechnik zu trennen, lässt sich auch sehr effizient als Analyseinstrument bei Standardübungen einsetzen. Bei Standardübungen mit einer Referenzzeit gibt es zwei Möglichkeiten des Versagens: Fehlschuss oder Zeitüberschreitung. Methodisch ist ein Fehlschuss immer auf defizitäre Grundfertigkeiten rückführbar (Visierbild, Haltepunkt, Abkrümmen, Nachzielen); eine Zeitüberschreitung auf ineffektive Schießtechnik (Grifftechnik, Körperhaltung, Natürlicher Zielpunkt). Wird versucht, einfach nur unkontrolliert schnell zu schießen, entstehen meist unkontrollierte Fehlschüsse. Der Schießrhythmus war für das vorhandene Niveau der Grundfertigkeiten zu schnell. Bevor in der Ausbildung daran gearbeitet wird, schneller zu werden, sollten immer zuerst die Grundfertigkeiten perfektioniert werden.


Zielmedium: Fünf Meter und zehnmal ein Schuss aus dem Holster. Die Schussgruppe darf nicht größer als Daumenbreite sein. (Kantenlänge Schwarzes Quadrat: 2,5 Zentimeter)


Motorik
Für den 150-Meter-Treffer ist nicht einmal eine besondere motorische Begabung erforderlich. Jeder Schütze kann diesen Treffer anbringen. Im beidhändigen Anschlag, einhändig rechts oder auch einhändig links. Da das Halten der Pistole, also die Grifftechnik, ein schießtechnisches Element ist, hat sie nur geringen Einfluss auf den 150-Meter-Treffer. Allerdings führt eine fehlgeleitete Erstausbildung durch inkompetente Ausbilder zu einer Fehlkonditionierung und letztlich zu Trainingsnarben. Motorisch als auch mental. Zwei Fehler sind hier immer wieder zu beobachten.

(1) Das Bewegen der Waffe
Einer der am häufigsten anzutreffenden Fehler ist das Bewegen der Waffe beim Abkrümmen. Abkrümmen ist Grundfertigkeit #3. Vorher sind die Grundfertigkeiten #1 (Aufbau eines Visierbildes) und #2 (Finden des Haltepunktes) auszuführen. Wird beim Abkrümmen die Waffe bewegt, werden Grundfertigkeit #1 und #2 ruiniert. Ein Treffer ist ausgeschlossen oder bestenfalls Glückssache. Ein präziser Einzelschuss ist nur dann möglich, wenn sich der Schütze die motorische Fähigkeit erarbeitet, den Abzug zu betätigen, ohne dabei die Waffe zu bewegen. Im Grunde handelt es sich hier um das (motorische) Geheimnis des 150-Meter-Treffers.

(2) Der Filmriss nach dem Knall
Ein weiteres Defizit, das die Entwicklung hin zum 150-Meter-Treffer zuverlässig verhindert, ist der so genannte Filmriss nach dem Knall. Die Ursache liegt ebenfalls in inkompetenter Erstausbildung. Leider viel zu oft ist zu beobachten, dass Schützen die Schussabgabe mit dem Knall abbrechen. Im Schützenverein freut man sich, dass es geknallt hat und viel Rauch erzeugt wurde. Auf der Jagd wundert man sich, dass nichts umfällt. Deutsche Biathleten laufen einfach ein paar Strafrunden.
Die Schussabgabe ist aber nicht mit dem Knall beendet. Nach dem Knall hat der Schütze Grundfertigkeit #4 auszuführen. Das bedeutet im unmittelbaren Sinn: Visiereinrichtung neu erfassen, Haltepunkt herstellen und simultan den so genannten Trigger Reset (automatische Abzugsrückstellung) ausführen. Im erweiterten Sinn bedeutet das: Zu entscheiden, ob noch weiter Wirkung ins Ziel gebracht werden muss, andere Ziele beschossen werden müssen, bzw. die Waffe nachzuladen, den eigenen Standort zu wechseln usw. Den Filmriss nach dem Knall zu überwinden, ist das mentale Geheiminis des 150-Meter-Treffers.

Anforderungen an das Ziel
Beim Schießen über diese Entfernungen muss das Zielmedium zwangsweise ein reaktives Ziel sein. Entweder eine Klappfallscheibe oder ein Stahlziel. Vorzugsweise sollte mit Klappfallscheiben gearbeitet werden, da selbst bei Stahlzielen ab einhundert Metern nicht immer ein Treffer wahrgenommen werden kann. Papierziele, die erst nach einem Fußmarsch ausgewertet werden können, scheiden komplett aus.



Trainingsmöglichkeit
Stehen weder geeignete Schießbahnen noch reaktive Zielmedien zur Verfügung, lässt sich eine stark vereinfachte Trainingsvariante gem. Strahlensatz durchführen.
Die Entfernung zum Ziel beträgt fünf Meter. Als Zielmedium eignet sich ein kontrastreiches Quadrat mit 2,5 Zentimeter Seitenlänge, welches das Herstellen eines wiederholgenauen Haltepunktes begünstigt. Der Anwender gibt zehnmal einen präzisen Einzelschuss ab. Wobei er auf das Umsetzen der vier Grundfertigkeiten achtet. Unterstützt wird der Lerneffekt, wenn der Schütze bei jedem Schuss den kompletten Ziehvorgang integriert. Lassen sich die zehn Treffer am Ende der Übung mit dem Daumen abdecken, bedeutet das eine Streuung von 2,5 Zentimeter auf fünf Meter Entfernung. Demnach ergibt sich gem. Strahlensatz auf einhundert Meter eine Streuung von etwa 50 Zentimeter, was wiederrum der Zielbreite des eingangs erwähnten Standardziels annähernd entspricht. Eine Steigerungsmöglichkeit kann sein, eine Schussgruppe anzustreben, die sich nicht nur mit Daumen, sondern mit dem Zeigefinger abdecken lässt, was einen 150-Meter-Treffer gleichkäme.

Fazit
Der 150-Meter-Treffer ist weder Magie noch Kunststück. Er ist logische Konsequenz aus richtig umgesetzten Grundfertigkeiten. Jeder ist in der Lage, diesen Treffer anzubringen. Kompetente Ausbildung vorausgesetzt.

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