Freitag, 26. März 2021

Gewehrmunition .375 SWISS P

 

Die erste Kaliber-Eigenentwicklung des RUAG Konzerns trägt die Bezeichnung .375 SWISS P. Die neue Patrone wurde Ende März 2021 nach mehrjähriger Entwicklungszeit der Öffentlichkeit präsentiert. Dieser Beitrag erklärt Idee und Zweck des außergewöhnlichen Long Range Riesen



Das Geschoss wurde auf einen günstigen
ballistischen Koeffizienten hin konstruiert
(Foto: Hersteller)



Ausgangsidee: .338 LM
Das Kaliber .338 Lapua Magnum hat sich seit vielen Jahren im militärischen Scharfschützenwesen international etabliert. Sofern überhaupt Kritik an dieser leistungsstarken Patrone laut wird, dann betrifft das meistens den relativ geringen Energietransport über eine größere Reichweite jenseits der eintausend Meter.
Um mehr Energie ins Ziel transportieren zu können, nutzen Scharfschützen seit drei Dekaden das Kaliber .50 BMG. Allerdings sind dabei zwei gravierende Nachteile nicht von der Hand zu weisen: Die Eigenpräzision der Munition entspricht meist nicht dem selbstauferlegtem Standard der Scharfschützen. Zum anderen haben Waffensysteme im Kaliber .50 BMG ein Eigengewicht, welches die Mobilität des Scharfschützentrupps deutlich einschränkt.

Temporäre Alternative: .408 CT
Einige Militärs suchten nach Wegen, die Eigenpräzision zu steigern, ohne dabei nennenswerte Energieverluste in Kauf nehmen zu müssen. Das Kaliber .408 CheyTac schien in den letzten Jahren dafür die Goldene Lösung zu sein. Allerdings konnte diese Patrone wiederum auch nur aus modifizierten .50-BMG-Systemen verschossen werden. Wodurch sich das Waffengewicht nicht reduzieren ließ. Darüber hinaus finden derartige, aus dem zivilen Bereich adaptierte, Wild Cat Ladungen bestenfalls Einzug in militärische Spezialeinheiten. Eine querschnittliche behördliche Verwendung wird absehbar nicht stattfinden.


(Foto: Hersteller)



Wirkliche Alternative: .375
Militärische Beschaffer sprechen in diesem Fall gern von einer „Fähigkeitslücke“. Diese ergäbe sich demnach im Distanzbereich, für den eine .338 Lapua Magnum zu leistungsschwach wäre; eine .50 BMG aber zu schwer oder zu wenig präzise. Eine Alternative wäre die Kalibergruppe .375.
Das Kaliber .375 ließe sich auch aus bereits existierenden Waffensystemen verschießen, deren Eigengewicht deutlich unter acht Kilogramm liegt. Es bringt aber dennoch Mündungsenergien von mehr als achttausend Joule zu Stande und fliegt bis zu 1.600 Meter mit Überschall.
Ein bekannter Vertreter dieser Gruppe ist das Kaliber .375 CheyTac. Die .375 CT ist bei einigen privaten Long Range Enthusiasten in Gebrauch. Damit ist sie zwar während der letzten fünf Jahre im zivilen Bereich angekommen, breitflächig etabliert hat sie sich aber keineswegs. Darüber hinaus hat die internationale Normungs- und Prüfungskommission für Handfeuerwaffen und Munition (C.I.P.) das Kaliber .375 CT aus dem Programm genommen.
Die Gründe, die gegen eine behördliche Verwendung der .375 CheyTac sprechen, sind die gleichen, wie bei der .408 Chey Tac. Die .375 CT ist industriell gefertigt nicht verfügbar. Es existieren weder Fertigungsstrecken, die eine massenweise industrielle Herstellung zuließen. Noch ist es machbar, ein LOS mit absolut identischen Parametern nachzubestellen. Von Cheyenne Tactical gibt es auch keine Verpackungen, die behördlichen Anforderungen für Transport oder Lagerung entsprächen. Hierbei geht es auch um Aspekte der Fallsicherheit und Feuerfestigkeit sowie um eine Lagerfähigkeit jenseits der zehn Jahre. Von amerikanischer Seite scheint auch keine Inspiration zu bestehen, das zu ändern.


Die Abmessungen unterscheiden sich nur geringfügig
von einer .338 Lapua Magnum (Foto: Hersteller)



Resultat: .375 SWISS P
Die Fähigkeit, behördlichen Ansprüchen in allen Belangen zu genügen, kann nur durch Konzerne mit entsprechender Produktionstiefe erreicht werden. RUAG ist so gesehen nicht nur ein Munitionshersteller, sondern garantiert auch entsprechende Liefermengen bei gleichbleibender Qualität.
Die Neuentwicklung .375 SWISS P entspricht mit ihren Abmessungen 9,5 x 70 Millimeter annähernd einer .338 Lapua Magnum. Die Mutterpatrone der Hülse ist eine .500 Jeffery.
Das Vollmantelgeschoss hat ein Gewicht von 350 gr. (22,7 Gramm) und besitzt einen G1-Koeffizient von 0,8014. Das Gesamtgewicht einer Patrone liegt bei 52 Gramm.

Leistung satt
Aus einem 76-cm-Lauf entwickelt das Projektil nach Herstellerangaben eine Anfangsgeschwindigkeit von 865 Meter pro Sekunde und eine Mündungsenergie von fast 8.500 Joule. Das bedeutet 40 Prozent mehr Mündungsenergie als bei einer .338 Lapua Magnum. Das Leistungsgewicht von 1.200 Joule Mündungsenergie pro Kilogramm Waffengewicht entspricht damit annähernd dem eines .50 BMG Anti-Materialgewehrs.


Die Einsatzschussdistanz erhöht sich im Vergleich
zur .338 LM um beachtliche 25 Prozent (Foto: Hersteller)




.375 SWISS P Geschoss
Das Geschoss der .375 SWISS P wurde ballistisch optimiert. In der Geschossspitze sitzt eine Metallkugel, die dort ein Leervolumen bildet und zudem eine geringere Dichte als der Kern aus Blei aufweist. Dadurch wurde es möglich, den ballistischen Koeffizienten des Vollmantelgeschosses im Vergleich zu einem klassischen Long Range-Matchgeschoss mit Hohlspitze und Torpedoheck (HPBT - Hollow Point Boat Tail) zu verbessern. Im direkten Vergleich zu einer .338 LM hat es auf seiner Flugbahn weniger Geschwindigkeitsverlust, was zu einer sog. super-sonic Reichweite von 1.600 Metern führt. Was wiederum gleichbedeutend ist mit mehr Restenergie im Ziel. Die Einsatzschussdistanz erhöht sich im Vergleich zur .338 LM um beachtliche 25 Prozent.
Eine derzeit noch in Entwicklung befindliche Hartkern-Variante (AP - Armour Piercing) des Projektils wird Herstellerangaben zu Folge die doppelte Leistung einer .338 Lapua Magnum AP entwickeln.
Das .375 Swiss P AP-Geschoss wird einen Kern aus einer Wolframkarbid- und Cobalt-Legierung haben, einen geschlossenen Boden sowie eine offene Geschossspitze. Diese Konstruktion ist auf Maximalpenetration von Hartzielen ausgelegt. Das Hartkerngeschoss soll eine Schutzweste der Klasse SK4 unter Normbedingungen bis auf 600 Meter sicher zu durchschlagen können.

 




.375 SWISS P Waffensysteme

Marktfähige Waffensysteme im Kaliber .375 SWISS P herzustellen, dürfte in Anbetracht der zahlreichen Multi-Kaliber Gewehre keine nennenswerte Hürde darstellen. Basiswaffen im Kaliber .338 Lapua Magnum benötigen für die Kaliberkonvertierung lediglich einen Laufwechsel. Verschluss- und Magazintausch sind nicht erforderlich.


Technische Daten
Projektil: Vollmantel, 22,7 Gramm
Ballistischer Koeffizient G1: 0,8014
Zündhütchen: SINOXID
Gesamtgewicht: 52 Gramm
term of reference: CIP
Druck: max. 4.200 bar (bei 21°C)
Mündungsgeschwindigkeit: 865 m/s (762 mm Lauf)
Mündungsenergie: 8.492 J
Präzision auf 300 Meter: Sa ≤  26 mm

Service
https://www.swiss-p.com/en/

Mehr dazu ab dem 30. März 2021 in Die Waffenkultur


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