Donnerstag, 25. Mai 2023

Langzeittest: WBP Mini-Jack Tactical (7,62x39)

 

Mit der Invasion in die Ukraine seit 2022 wurde die Einfuhr von Waffen aus russischer Fertigung für den europäischen Zivilmarkt vorerst gestoppt. Die Gewehre des Herstellers WBP könnten eine ebenbürtige Alternative darstellen. Wir haben eine Mini-Jack erworben und beginnen eine neue Testreihe



Von Christian Väth

Die hervorragend verarbeiteten Selbstlader der AK-100-Serie des Kalashnikov-Konzerns sind seit einigen Monaten nur noch vereinzelt als hochpreisige Restbestände erwerbbar. Da kommt es gerade recht, dass der AK-Hersteller Wytwornia Broni Jacek Popinski (WBP) mit Sitz im polnischen Rogów eine lieferfähige Deutschland-Vertretung betreibt. Das Unternehmen fertigt seit 2006 mit seinen 80 Mitarbeitern vorwiegend AK-Systeme in den Kalibern 7,62 x 39 Millimeter sowie .223 in verschiedenen Ausstattungskonfigurationen. Eine Verbindung zur Traditionsfertigung in Radom besteht weder hinsichtlich des Personals noch im eigens beschafften, modernen Maschinenpark.

Der Mini-Jack hat mit Festschaft eine
Gesamtlänge von 78 Zentimeter


Testwaffe
Die Produktpalette von WBP umfasst zwei Grundtypen: Eine AKM-ähnliche Konfiguration namens „Jack“ mit einer Lauflänge von 41,5 Zentimetern sowie eine Kompaktvariante mit 25,9 Zentimetern („Mini-Jack“). Beide Waffen können in drei verschiedenen Schaftvarianten bestellt werden. Neben dem klassischen Holz, stehen auch Polymer und Aluminium zur Verfügung. Die letzte Option bietet durch einen Quad-Rail-Handschutz (Picatinny-Standard) werksseitig die Option, ein Reflexvisier auf dem Handschutz anbringen zu können. Als Testwaffe wurde eine „Mini-Jack“ im Kaliber 7,62 x 39 Millimeter mit Quad-Rail-Handschutz gewählt. Zusätzlich wurde ein Handschutz-Unterteil aus Polymer geordert. Zum einen wird nur eine der vier Schienen benötigt, zum anderen ist von der Kunststoffvariante eine bessere Ergonomie für diesen Referenzpunkt zu erwarten.

Weißes Lithiumfett eigent sich zum
Schmieren der AK hervorragend


Fertigung in Rogów
Das Gehäuse wird wie bei praktisch allen modernen AK-Systemen im Blechprägeverfahren hergestellt. Die Oberflächenbehandlung besteht aus einer Phosphatierung, das heißt es wird eine Phosphat-Lösung auf den Stahl aufgebracht und durch eine chemische Reaktion entsteht eine sogenannte Konversionsschicht. So wird die Oberfläche korrosionsbeständig. Zusätzlich wird noch ein Schutzlack eingebrannt. Bei der Laufhaltebuchse und dem Verschlussträger handelt es sich um Schmiedeteile, welche mit einer Präzisionsfräse nachbearbeitet werden. Der Verschlussträger ist hartverchromt, deshalb die silberne Färbung. Frühere Gewehre von WBP erhielten ihre Läufe aus der Produktion in Radom, mittlerweile fertigt man in Rogów jedoch selbst. Dazu werden gehämmerte Rohlinge tieflochgebohrt und abschließend gehont (Glättung der Metalloberfläche im Lauf). Die Produktion ist durch den Einsatz moderner CNC-Maschinen (Computerized Numerical Control) weitestgehend automatisiert. Die Qualitätskontrolle der Baugruppen wird durch den Einsatz von dreidimensionaler Messtechnik sichergestellt.

Der modernisierte Sicherungshebel lässt
sich mit dem Zeigefinger bedienen


Ersteindruck
An der Testwaffe wurden lediglich die notwendigen Schmierpunkte mit weißem Lithiumfett gesetzt und ein AK-Riemen von Blue Force Gear montiert. Danach konnte die sehr kompakte WBP „Mini-Jack“ (Gesamtlänge: 78 Zentimeter) innerhalb von fünf Minuten mit sechs Schuss und einer Zange nach der 23-Meter-Methode justiert werden. Im Anschluss absolvierte der Autor in zwei Trainingsterminen verschiedene Standardübungen wie den 5/1-Failure-Drill oder den Grid of Fire nur mit der mechanischen Visierung. Bisher wurden 74 Schüsse abgegeben, zu Störungen kam es nicht.
Die Schulterstütze ist zweckmäßig geformt und absolut ausreichend. Soll die Waffe im Transport noch kleiner ausfallen, wäre auch ein Austausch gegen einen Klappschaft möglich. In diesem Fall muss die WBP dann in Deutschland aber bereits als halbautomatische Pistole angemeldet werden. Der modernisierte Sicherungshebel lässt sich mit dem Zeigefinger bedienen. Die Formgebung des dafür notwendigen Zusatzbleches ist angenehmer als bei Kalashnikov. Die obligatorische Schiene auf der linken Gehäuseseite ist ebenfalls vorhanden und erlaubt das Anbringen russischer Original-Optiken und weiterer Anbauteile. Der Mündungsfeuerdämpfer im AKSU-Stil ist durch einen federgelagerten Stift gesichert und reduziert die sichtbare Signatur deutlich.

Die obere Picatinnyschiene erhält ein
Aimpoint T-1 mit flacher Montage


Ausblick
Die mechanische Standardvisierung muss durch die kurzen Gesamtabmessungen mit einer noch kürzeren Visierlinie als bei einer AKM auskommen. Reproduzierbare Treffer jenseits der 200 Meter sind in dieser Konfiguration und bei den üblichen Schwächen der AK-Eisenvisiere eher nicht zu erwarten. Daher soll auf der Picatinny-Schiene oberhalb des Gasrohres ein Aimpoint Micro T-1 mittels der niedrigsten Spuhr-Montage (QDM-2001) angebracht werden.

Der Mündungsfeuerdämpfer im AKSU-Stil ist
durch einen federgelagerten Stift gesichert
und reduziert die sichtbare Signatur deutlich


Service
https://wbprogow.de/

Technische Daten
Hersteller: WBP
Modell: Mini-Jack Tactical
Kaliber: 7,62 x 39 mm
Waffenart: Langhub-Gasdrucklader (AK)
Lauflänge: 259 mm
Gewicht: 3,3 kg (ohne Magazin)
Preis: UVP 1.270 Euro
Vertrieb: WBP Deutschland UG


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.