Bedürfniserfordernis für den Europäischen Feuerwaffenpass?
Immer wieder wird von Waffenbesitzern berichtet, dass die Waffenbehörde für die Ausstellung eines Europäischen Feuerwaffenpasses den Nachweis eines entsprechenden Bedürfnisses, etwa in Gestalt einer Einladung, fordere. Eine gesetzliche Grundlage für dieses Verlangen ist jedoch nicht erkennbar
Einen Bedürfnisnachweis für die Ausstellung des EFP zu fordern, ist rechtswidrig. Der Behörde steht dabei auch kein Ermessen zu |
Von Dr. Matthias Dominok
Der Europäische Feuerwaffenpass (EFP) beruht auf der EU-Feuerwaffenrichtlinie. In Ziffer 30 der dortigen Erwägungen wird ausgeführt, dass der EFP als Hauptdokument gelten solle, das Sportschützen und andere Personen, die im Einklang mit europäischem Recht im Besitz einer Schusswaffe sind, für den Besitz einer Feuerwaffe bei der Reise in einen anderen Mitgliedstaat benötigen. Letztlich sollte mit dem EFP die vorübergehende Einfuhr oder Durchfuhr einer Feuerwaffe in einen anderen EU-Staat anlässlich einer Jagd- oder Sportschießveranstaltung erleichtert werden. Vorher waren die einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren in den Mitgliedstaaten noch unterschiedlicher geregelt, als sie es heute sind. Der EFP hat diese Vereinfachung grundsätzlich erreicht. Allerdings finden sich im „Kleingedruckten“ der EU-Feuerwaffenrichtlinie nach wie vor zahlreiche Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten, die Anerkennung des EFP ausländischer Besucher zu beschränken. Vor einer konkreten Reise kann daher jedem Waffenbesitzer nur angeraten werden, sich über die entsprechende rechtliche Situation im Zielland zu informieren. Dank des Internets lassen sich somit zumindest grobe Fallstricke erkennen und umgehen.
In Deutschland ist der EFP in § 32 Abs. 6 WaffG geregelt. Hiernach wird Personen, die im Einklang mit dem deutschen Waffengesetz zum Besitz bestimmter Waffen und Munition berechtigt sind und diese Schusswaffen oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnehmen wollen, auf Antrag ein EFP ausgestellt.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes genügt es daher, eine Waffe bzw. Munition legal zu besitzen und deren Mitnahme in einen anderen Mitgliedstaat zu beabsichtigen. Von „Bedürfnis“ ist keine Rede. Ein solches Erfordernis ist auch weder der AWaffV noch der einschlägigen Verwaltungsvorschrift zu entnehmen.
Bei dieser Sachlage ließe sich die Notwendigkeit eines entsprechenden Bedürfnisses allenfalls aus gesetzessystematischen Gründen vertreten. So ist in Art. 17 Abs. 2 b. der Europäischen Feuerwaffenrichtlinie geregelt, dass das vereinfachte Verbringungsverfahren mittels EFP nur zum Mitführen von Waffen und Munition berechtige, wenn der Grund der Reise nachgewiesen werden könne, etwa durch die Vorlage einer Einladung zu einem Jagd- oder Schießsportereignis. Daher ließe sich argumentieren, dass dann auch bereits die Ausstellung eines EFP dieses Nachweises bedürfe, weil ohne ihn die Mitnahme in den anderen Mitgliedstaat illegal sei und es hierfür kein berechtigtes Interesse geben könne. Einer solchen Argumentation könnte jedoch nicht gefolgt werden.
So steht bereits der Wortlaut des § 32 Abs. 6 WaffG der oben formulierten Deutung entgegen. Die Vorschrift wurde in Kenntnis der Regelungsinhalte der Feuerwaffenrichtlinie normiert und sieht gerade kein Bedürfniserfordernis vor. Zudem mag das Bedürfnisprinzip zwar eine prägende Säule des deutschen Waffenrechts sein, doch ändert das nichts daran, dass seine Anwendung durch eine Rechtsvorschrift angeordnet sein muss und nicht einfach aus dem „Prinzip“ geschöpft werden kann. So ist das Bedürfniserfordernis beim Waffenerwerb in § 13 und § 14 des Waffengesetzes im Gesetz ausdrücklich verankert. Damit mag der Gesetzgeber bei seiner Tätigkeit zwar ein „Bedürfnisprinzip“ im Auge haben, er macht aber im Gesetz deutlich, dass ein solches Prinzip durch die Normierung eines konkreten Bedürfniserfordernisses als tatbestandliche Voraussetzung jeweils konkret ausgeformt werden muss. Daraus folgt, dass es ein solches Erfordernis nicht gibt, wenn es nicht konkret im Gesetz verlangt wird.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass der EFP keine eigenständige Erwerbs- oder Besitzerlaubnis für das deutsche Hoheitsgebiet begründet, sondern immer nur an eine bestehende Erlaubnis anknüpfen kann. Aus diesem Grund wird von einer Minderheitsmeinung in der Literatur die Ansicht vertreten, dass es sich beim EFP nicht um eine eigenständige Erlaubnis, sondern nur um eine europäisch vereinheitlichte Bescheinigung über das Bestehen einer nationalen Erlaubnis handele. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgen möchte, so ändert das nichts daran, dass ein Bedürfniserfordernis beim EFP keinerlei begrenzende Wirkung auf den legalen Waffenbesitz ausüben kann, weil sich der EFP nur auf einen bereits legalen Waffenbestand beziehen kann, bei dem also das Vorliegen eines Bedürfnisses geprüft und bestätigt ist. Wenn aber der Sachgrund des sog. Bedürfnisprinzips in der Beschränkung des Waffenbesitzes besteht, so kann er diese Wirkung denklogisch beim EFP nicht entfalten. Damit verkommt die Forderung des Nachweises eines Bedürfnisses für die Ausstellung eines EFP zur reinen Schikane und ist rechtswidrig.
Auch praktische Erwägungen sprechen für die hier vertretene Rechtsansicht. So ist es völlig legitim, einen EFP „auf Vorrat“ zu beantragen, da ansonsten bei den derzeitigen Bearbeitungszeiten zu befürchten ist, dass kurzfristige Einladungen zu Jagd- oder Schießsportveranstaltungen im Ausland nicht angenommen werden können, weil die erst dann beantragte Erteilung eines EFP zu lange dauern würde. Die fünfjährige Geltungsdauer des EFP liefert in diesem Zusammenhang ein weiteres Argument gegen ein Bedürfniserfordernis. Wäre dieses nämlich tatsächlich vorhanden, so ließe sich nicht erklären, weshalb der EFP nach dem bedürfnisbegründenden Besuch einer bestimmten Schießveranstaltung im Ausland nicht erlischt, sondern noch fünf Jahre weiterverwendet werden kann, ohne dass erneut ein Bedürfnis untersucht werden könnte.
Im Ergebnis steht die Forderung mancher Waffenbehörden des Nachweises eines konkreten Bedürfnisses zur Ausstellung eines EFP auf mehr als tönernen Füßen. § 32 Abs. 6 WaffG normiert einen gesetzlichen Anspruch auf Ausstellung eines EFP, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Behörde steht dann kein Ermessen zu.
Der Weg des geringsten Widerstands besteht naturgemäß darin, die geforderte Einladung einfach vorzulegen und damit das „Bedürfnis“ für den EFP zu belegen. Sofern Zeit, Geld und Nerven es erlauben, sollte eine entsprechende Forderung aber nicht einfach akzeptiert werden. Im Falle eines ablehnenden Bescheids steht dem Betroffenen der Weg zum Verwaltungsgericht offen. Hierbei sollte man sich aber unbedingt von einem sachkundigen Rechtsanwalt beraten und vertreten lassen.
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