Freitag, 5. März 2021

Das Precision Sniper Rifle Programm

 

Die US-amerikanischen Streitkräfte bekommen ein neues Scharfschützengewehr. Die Wahl fiel auf das MRAD (Multi-Role Adaptive Design) von Barrett Firearms. Die Waffe wird als Mk22 ASR (Advanced Sniper Rifle) eingeführt und soll in den kommenden fünf Jahren alle anderen Scharfschützengewehre ersetzen

(Foto: Hersteller)



PSR Programm
Die Entscheidung zugunsten des Barrett MRAD ist nicht neu, sondern wurde schon im März 2019 getroffen. Ausgangslage für diese Entwicklung war das Precision Sniper Rifle (PSR) Programm des U.S. Special Operations Command (USSOCOM) vom Mai 2008. Ziel des PSR Programmes war und ist es, erkannte taktische und operative Defizite in der Bewaffnung US-amerikanischer Scharfschützen abzustellen. Tag- und Nacht-Optiken sowie Signaturverzerrer sollten durch das Programm vereinheitlicht werden. Ebenso stand die Entwicklung neuer Munitionssorten für Scharfschützen zur Debatte. Nicht zuletzt sollten die neuen Waffensysteme eine größere Einsatzschussdistanz bedienen und die Counter-Sniper Fähigkeiten der eigenen Scharfschützentrupps erhöhen. Im Grunde laufen im PSR Programm die Erfahrungen zusammen, welche die US-Amerikaner in den weltweiten bewaffneten Konflikten der letzten 20 Jahre sammeln konnten.

Anforderungen
In einer ersten Version des PSR Programms aus dem Jahr 2008 wurden zehn technische Anforderungen an die Waffe definiert:
1) Fabrikmunition im Kaliber .338 („non-wildcat“ Laborierung)
2) Mehrladegewehr (kein Selbstlader)
3) Streuung maximal eine Bogenminute von 300 Meter bis 1.500 Meter
4) Störungsfreie Funktion für mindestens eintausend Schuss (pro Magazin)
5) Maximallänge (ohne Signaturverzerrer) von 132 Zentimeter
6) Maximallänge einer Baugruppe von 101 Zentimeter
7) Maximalgewicht von 8,2 Kilogramm
8) Durchgehende MIL-STD-1913 Schiene auf dem Obergehäuse
9) Zerlegbarkeit durch den Schützen in weniger als zwei Minuten
10) Keine Treffpunktverlagerung nach dem Zerlegen oder beim Bewegen unter Gefechtsbedingungen

Ursprünglich nahmen sechs Firmen an der Ausschreibung teil: SIG Sauer mit dem Blaser Tactical 2; McMillan mit dem TAC-338; Beretta USA mit dem Sako TRG-42 und Desert Tactical mit einem Stealth Recon Scout in .338. Zu den eingereichten Waffen der Firmen GemTech und Pierce Engineering liegen keine Informationen vor.



Das M107 (Barrett M82) im Kaliber .50 BMG ist im Scharfschützenwesen
eine Klasse für sich. Mit der Einführung des Barrett MRAD dürfte auch
dieses Anti-Material-Gewehr kurz- bis mittelfristig außer Dienst gestellt werden
(Foto: Hersteller)



Neue Anforderungen in 2009
Im Jahr 2009 wurden zwei der insgesamt zehn Anforderungen geändert. Die Ausschreibung legte sich nicht mehr nur auf die Kaliberklasse .338 fest, sondern beschrieb das Kaliber weitgefasster als industriell gefertigte, „non-wildcat“ Handfeuerwaffenmunition nach SAAMI oder CIP Standard.
Außerdem erweiterte sich die Einschränkung „Mehrladegewehr“ auf Mehrlader oder Gasdrucklader; allerdings in sowohl Rechtshand- als auch Linkshandausführung.
Die überarbeitete Version von 2009 definierte erstmalig auch taktische Anforderungen an das neue Waffensystem. Danach musste die Scharfschützenwaffe in der Lage sein, mit einen oder mehreren Schuss Mannziele auf 1.500 Meter zu treffen sowie auf 750 Meter eine Level-3 Schutzweste zu durchschlagen. Ebenso wurde festgelegt, dass auch die schweren Scharfschützenwaffen, wie die Barrett M82, im Zuge der Neueinführung ersetzt werden sollten.



Das M2010 Enhanced Sniper Rifle war eine Zwischenlösung auf Basis der
bewährten M24 Scharfschützengewehre, welche wiederum auf einer
Remington 700 basierten (Foto: Hersteller)




Weitere Änderungen in 2011
Nach weiteren Änderungen der Ausschreibung in 2011, nahmen noch folgende Firmen teil: Armalite, Barrett Firearms, Beretta USA, Cheytac, FNH USA, Remington Arms und Steyr Arms.
Quantitativ wurde die Anzahl der zu beschaffenden Waffensystem auf 5.150 Stück beziffert sowie auf 10,3 Millionen Patronen.
Am siebten März 2013 erhielt der Hersteller Remington den Zuschlag für sein Remington Modular Sniper Rifle System (Remington MSR) Die Auftragsmenge umfasste 5.150 Waffen und 4,7 Millionen Schuss Munition. In der letzten Runde dieser Ausschreibung war der einzig verbliebene Konkurrent das TRG M10 von Sako.



Mit dem Mk21 MSR wurden seit 2013 viele Anforderungen des PSR Programms
umgesetzt. Dennoch werden auch diese Waffen in Kürze außer Dienst gestellt
(Foto: Hersteller)




Mk21 MSR (Modular Sniper Rifle)
Die Remington MSR wurde ab 2013 unter der Bezeichnung Mk21 Modular Sniper Rifle bei der U.S. Army eingeführt. Jedoch zeigte sich, dass die Waffe nicht in allen Belangen der zwischenzeitlich vom PSR zum ASR (Advanced Sniper Rifle) Programm weiterentwickelten Ausschreibung entsprach. Das U.S. SOCOM eröffnete den Wettbewerb um ein neues Scharfschützengewehr daher im Jahr 2018 erneut. Im Resultat erhielt der Hersteller Barrett Firearms aus Tennessee im März 2019 den Zuschlag für sein Barrett MRAD.



Das Mk22 ASR ist die neue Waffe für U.S. Army und U.S. Marines.
Einfach, robust und Multi-Kaliber fähig. Die US-Streitkräfte streben eine
deutliche Vereinheitlichung ihrer Sniper- und Long Range Kompetenzen an
(Foto: Barrett Firearms)




Mk22 ASR (Advanced Sniper Rifle)
Die U.S. Army orderte in einer ersten Charge 357 Stück, wird jedoch nach neusten Meldungen bis Ende 2021 insgesamt über 500 Barrett MRAD beschaffen.
Beabsichtigt ist, die Waffe unter der Bezeichnung Mk22 ASR (Advanced Sniper Rifle) und in den Kalibern .308 Win. / .300 Norma Magnum und .338 Norma Magnum einzuführen. Ein Umrüsten auf die Kaliber 6.5 Creedmoor und .300 PRC ist aber ebenso möglich, wie auf die ältere und weit verbreitete .300 Win Mag.
Neben der U.S. Army wird auch das U.S. Marine Corps die Barrett MRAD Scharfschützengewehre beschaffen. Geplant sind derzeit mindestens 250 Stück. Das Ziel ist, bis 2024 alle anderen Sniper Waffensysteme zu ersetzen. Dazu zählen: Die M107 (Barrett M82 im Kaliber .50BMG), die M2010 Enhanced Sniper Rifle (stark modifizierte Remington M24 im Kaliber .300 Win Mag) und die Mk21 MSR (welche seit März 2013 eingeführt wurde).

Evolutionary Acquisition Programm
Das Precision Sniper Rifle Programm ist ein Beispiel für modernes Beschaffungswesen beim Militär. Operative Gegebenheiten auf dem modernen Schlachtfeld können sich ändern. Und tun das erfahrungsgemäß mittlerweile auch im Rhythmus einer Dekade. Anforderungen, die in einer zehn Jahre alten Ausschreibung definiert wurden, können obsolet werden oder müssen einer Anpassung unterzogen werden. Hinzu kommt die technologische Weiterentwicklung im Waffenbau, die in den vergangenen 20 Jahren geradezu sprunghaft verlaufen ist.
Bei einem „Evolutionary Acquisition“ Programm werden neue Fähigkeits- und Systemanforderungen schrittweise definiert. Wobei ein ständiger Rücklauf durch Nutzer-Erfahrungen gegeben sein muss. Das Ziel ist es, dem Anwender zwar schnell ein Produkt zur Verfügung zu stellen, aber dennoch flexibel auf künftige Anpassungen reagieren zu können.

Technische Daten
Modell: M107 (Barrett M82)
Hersteller: Barrett Firearms, Tennessee, USA
Waffenart: Halbautomat
Kaliber: .50 BMG (12,7 x 99)
Lauflänge: 51 bis 74 Zentimeter
Magazinkapazität: 5 oder 10 Schuss
Gesamtlänge: 120 bis 140 Zentimeter
Gewicht: etwa 14 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 1989 bis heute


Technische Daten
Modell: M2010 Enhanced Sniper Rifle
Hersteller: Remington Arms, North Carolina, USA
Waffenart: Repetierer
Kaliber: .300 Winchester Magnum (7,62 x 67)
Lauflänge: 61 Zentimeter
Magazinkapazität: 5 Schuss
Gesamtlänge: 118 Zentimeter
Gewicht: etwa 5,5 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 2011 bis 2021


Technische Daten
Modell: Mk21 Modular Sniper Rifle
Hersteller: Remington Arms, North Carolina, USA
Waffenart: Repetierer
Kaliber: Multi-Kaliber
Lauflänge: 51 bis 69 Zentimeter
Magazinkapazität: 5 bis 10 Schuss
Gesamtlänge: 91 bis 120 Zentimeter
Gewicht: etwa 5,9 Kilogramm
Dienstliche Nutzung US-Streitkräfte: 2013 bis 2021

Mehr dazu in Waffenkultur Nr. 57 ab dem 30. März 2021


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