Dienstag, 21. März 2023

Die Allgegenwärtige: Walther PPK (7,65 mm)

 

„Es gibt nur einen Mann, der eine Walther PPK benutzt: James Bond.“, lässt man Bösewicht Ernst Stavro Blofeld in einem der Bond-Filme sagen. Etwas höher waren die Verkaufszahlen der PPK und der Walther PP am Ende aber schon



In einer Serie zu Taschenpistolen und Oldtimern darf die kleine Walther PPK nicht fehlen. Über kaum ein anderes Pistolenmodell wurde derart reichhaltig publiziert. Auch dieser Artikel wird weder Neuigkeiten noch Geheiminformationen transportieren. Fragt man waffenfachkundige Personen nach Meilensteinen des Pistolenbaus ganz allgemein, wird die Pistole Walther PPK immer mit genannt. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und spiegeln vor allem die Interessenlage des Gefragten wieder. In den 1920er Jahren war sie aufgrund ihres Abzugs eine technische Innovation. In den 1930er Jahren wurde sie mitunter zu einer Prunkwaffe hoher Funktionäre des nationalsozialistischen Systems stilisiert. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts war sie eine weitverbreitete Gebrauchspistole auch im behördlichen Einsatz bei Polizei und Kriminalpolizei. Nicht zuletzt wurde die PPK mit der Nutzung durch Geheimagent Ihrer Majestät James Bond zu einer Ikone, mit einer Durchschlagskraft, wie ein „Ziegelstein durch eine Fensterscheibe“. Aufgrund ihrer Variantenvielfalt stellt sie für Sammler heute noch ein eigenes Sammelgebiet dar. Ebenso gehört sie dieser Tage immer noch zu den zehn Taschenpistolen, die für das Führen zum Zwecke der Selbstverteidigung in die engere Wahl kämen, gemäß einer nicht repräsentativen Umfrage bzw. Aufstellung des NRA Magazins „Shooting Illustrated“.

Walther PPK in 7,65 mm Browning
aus Ulmer Fertigung

Auch nach knapp einhundert Jahren seit Erstvorstellung gelten
PPK Pistolen als zuverlässige Begleiter zur Selbstverteidigung


Die 1920er
Vor einhundert Jahren besaßen Pistolen entweder ein frühes Schlagbolzenschloss oder sie hatten den so genannten Single Action Abzug mit außenliegenden Schlagstück und Sicherung. Die Idee jedoch, einen Revolverabzug in eine Pistole einzubauen war neu. Erstmalig umgesetzt wurde diese Konstruktion durch den tschechischen Waffenbauer Alois Tomiska (1867 bis 1946).
Das Abzugssystem Double Action / Single Action (DA/SA) fand seit Ende des 19. Jahrhunderts im Revolverbau Anwendung. Beim Single Action Abzug muss der Abzugsfinger keine Kraft aufbringen, um das Schlagstück zu spannen. Er löst die im Schlagstück gespeicherte Energie nur aus. Beim Double Action System hingegen überwindet der Finger teils deutliche Federkraft, um das Abzugssystem zu spannen und in direkter Folge auch auszulösen. Weshalb man auch vom sog. Spannabzug spricht. Als Vorteile des Spannabzug Systems wird vor allem genannt, dass die Schlagbolzenfeder nicht permanent unter Spannung steht und es somit zu keiner ungewollten Schussabgabe durch eine herunter fallende Waffe kommen könne; die Pistole jedoch immer feuerbereit wäre. Auch die Bedienungsanleitung der PPK hebt den Vorzug der „steten Feuerbereitschaft“ deutlich hervor.
Alois Tomiskas Idee einer „Selbsttätig wirkenden Feuerwaffe mit Spannabzug“ mündete 1908 in einem Patent, aus der die  Pistole „Little Tom“ hervorging. „Little Tom“ hatte konstruktiv jedoch Mängel.
Der Deutsche Fritz Walther griff die Spannabzugsidee auf und führte sie ab 1924 zur Serienreife. Das Patent dafür datiert auf Juni 1927 und benennt eine „Selbstladepistole mit Magazin und Revolverselbstspannschloss mit Spannabzug“. Neben dem Novum „Spannabzug“ besaßen die neuen Waltherpistolen auch einen Sicherungs- und Entspannhebel für das Schlagstück sowie eine Ladestandsanzeige. Womit die Waffe Merkmale definierte, die im Pistolenbau für fast einhundert Jahre bestimmend bleiben sollten.
Mit den Pistolenmodellen PP (Polizei-Pistole) und PPK (Polizei-Pistole Kriminal) vollzog Walther auch eine Abkehr von den bisherigen Modellbezeichnungen der Modelle 1 bis Modell 9.
Die ersten Walther PP Modelle konnten 1929 ausgeliefert werden. Der Nummernkreis für die Seriennummern begann bei 750000. Heute sind noch die Prototypen mit den Seriennummern 7500001 und 750003. Zu Anfang wurde die Nummer der Prototypen an die Nummer 750000 angehängt und erst später als fortlaufende Nummer geschrieben.

Walther PPK feldmäßig zerlegt


Die 1930er
Nach den ersten Verkaufserfolgen der Walther PP, entstand 1931 die Walther PPK. Und schon im Jahr 1933 verlautbarte die Firma Walther, dass die Absatzmenge von einer Million Pistolen PP und PPK erreicht sei. Was großzügig gerechnet einer durchschnittlichen Ausbringungsmenge von etwa eintausend Pistolen pro Werktag entspräche und gemessen an damaligen Produktionsstandards als unglaubwürdig betrachtet werden sollte.
Beginnend mit der Nummer 760000 erfolgte die Serienfertigung der PPK Modelle.
Verkaufsgenie Fritz Walther erkannte sehr früh den Nutzen, der aus einer Nähe zu den Mächtigen entstehen kann. Trophäen und Präsentpistolen gingen regelmäßig an Landesgruppen der SA, hohe NSDAP-Funktionäre, an Carol den II. König von Rumänien (SN 741249) und sogar an den Schah von Persien.

Pistolen mit unverriegeltem Feder/Masse-Verschluss
gelten als robust


Die 1950er
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden nicht nur Polizisten der Bundesrepublik mit Walther PPK Pistolen ausgerüstet, sondern auch das Ministerium des Inneren (MdI) der DDR griff auf vorhandene Beutewaffen zurück. Bis Mitte der 1950er diente sie als Strukturwaffe bei der Volkspolizei; danach lediglich als Zweitwaffe für das verdeckte Führen, bspw. beim Personenschutz. Für die sog. „ständigen Waffenträger“ blieb die Walther PPK jedoch bis zum Ende der DDR Strukturwaffe. So soll Erich Mielke bis zum Schluss eine Walther PPK zumindest besessen haben.
Bemerkenswert ist der Umstand, dass bei Verschleiß der Originalgriffschalen keine Neubeschaffung aus Ulmer Produktion getätigt wurde. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ließ in einem Suhler Kleinbetrieb Holzgriffschalen zum Austausch fertigen. Die Produktionsmenge soll bei etwa zweihundert Stück hergestellt aus Nussbaumholz gelegen haben.
Ebenso wurden verschlissene Magazine in DDR-Eigenproduktion hergestellt. Das Ausgangsmaterial hierfür war durch Sicherstellung durch die Sowjetarmee unmittelbar nach Kriegsende noch reichlich vorhanden. Diese Magazine tragen lediglich den Stempel „PPK“ sowie den Volkspolizeistern der DDR und sind heute bei Sammlern begehrtes Zubehör.

Sowohl für die PP als auch PPK gab es ab Werk Griffverlängerungen.
Die Magazinkapazität erhöhte sich dadurch nicht



Die 1970er und 1980er
Ab 1974 wurde die Walther PP im Kaliber .22lfB als L66A1 bei den britischen Streitkräften eingeführt. Sie diente vorrangig in Nordirland stationierten Soldaten als Zweitwaffe zum Selbstschutz. Hierbei handelt es sich um einen der wenigen dokumentierten Fälle, wo eine Faustfeuerwaffe im Kaliber .22lfB offiziell in größeren Stückzahlen (etwa 3.000) militärisch beschafft und genutzt wurde. Die 22er-PP wurden direkt von Walther gekauft und hatten keinen eigenen Seriennummernkreis. Überliefert ist, dass die Seriennummern der Pistolen alle im niedrigen vierzigtausender Bereich liegen (41xxx bis 42xxx) und zumindest auf dem Griffstück mit einem „LR“ enden; was für Long Rifle steht. Eine Besonderheit dieser Waffen ist, dass sie vom britischen Militär chargenweise mit stärkeren Schlagbolzen ausgestattet wurden.
Außer Dienst gestellt wurden die L66A1 im Jahr 1989 und durch die Modelle Walther P5 und SIG230 ersetzt.

Die L66A1 erkennbar am militärischen Beschusszeichen wurde von
britischen Soldaten im Nordirlandkonflikt als Zweitwaffe geführt
(Foto: Internetauktion)


Funktionsweise
Die Pistolenmodelle PP und PPK sind Waffen mit unverriegeltem Feder/Masse-Verschluss. Der außenliegende Sicherungsflügel arbeitet entweder mit einem 60-Grad- oder einem 90-Grad-Schwenkbereich. Die Sicherung wirkt unmittelbar auf den Schlagbolzen. Das am häufigsten anzutreffende Kaliber dürfte die 7,65 mm Browning sein. Einige PP / PPK Modelle existieren auch im Kaliber 6,35 mm Browning. Im Jahr der Markteinführung der PPK galt die relativ schwache 6,35 mm Browning aber bereits als überholt und international wurden kaum noch Taschenpistolen in 6,35 hergestellt. Das Kaliber 9 mm Kurz hingegen stellt die obere Grenze dar, die aus der Masseverschluss verriegelten PP / PPK verschossen werden kann.
Tatsächlich existiert eine Pistole Walther PP im Kaliber 9 mm Parabellum, welche sich als Fälschung bzw. Eigenumbau des italienischen Besitzers entpuppte und vom Beschussamt als schussunfähig eingestuft wurde. Heute soll diese Pistole Teil einer US-amerikanischen Sammlung sein.

Literaturempfehlung:
Walther eine deuche Legende, 1997, ISBN 3-00-001356-3


Fazit
Das Konzept und das Design der Walther PPK mag in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts bahnbrechend gewesen sein. Von da an gab es jedoch wenig Innovationswille und die Firma Carl Walther scheint den technischen Fortschritt etwas aus den Augen verloren zu haben. Viele Folgemodelle waren rein äußerlich nur PPK-Abwandlungen. Auch am Spannabzug hielt man noch lange fest, obwohl dieser im Gebrauchswaffensegment mit Einführung der Glock Pistole spätestens seit Mitte der 1980er Jahre als technisch überholt galt.

Literaturempfehlung:
Walther eine deuche Erfolgsgeschichte (2 Bände), 2012


Technische Daten
Modell: Selbstladepistole Walther PPK
Waffenart: unverriegelter Masseverschluss
Kaliber: 7,65 mm Browning
Länge / Höhe: 155 x 100 Millimeter
Lauflänge: 83 Millimeter
Visierlinie: 110 Millimeter
Gewicht: 590 Gramm
Magazinkapazität: 7 Patronen

Mehr dazu in "Die Waffenkultur" Nr. 65



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