Samstag, 26. Januar 2019

Bleiexposition (3): Empfehlungen zur praktischen Reduktion


Von Dr. med. Simon Langer

Punkt 1: Reduktion der freigesetzten Schadstoffe
Industrie und Arbeitsschutz haben einen einfachen Grundsatz: Schadensquellen müssen bereits bei der Emission reduziert werden. Dieser Grundsatz ist nicht zuletzt einer der Gründe für die immer breitere Verfügbarkeit von Schalldämpfern für Jäger. Schadstoffreduzierte Munition ist daher ein grundlegender Faktor. Es ist und bleibt der einfachste und effektivste Weg, die Entstehung von aufnahmefähigen Bleiverunreinigungen zu minimieren. Wer die heilige Kuh geschlachtet und die ewige bleifrei-Diskussion wieder entfacht sieht, sei darauf hingewiesen: Ein verkapseltes Geschoss mit schadstoffarmen Zündhütchen ist keine bleifreie Munition.
Die Wirksamkeit der schadstoffreduzierten Munition ist seit Jahren wissenschaftlich gut belegt. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob seine Gesundheit 10% Mehrpreis wert ist.

Einfache Hilfsmittel, wie Einweghandschuhe oder FFP-Maske, können den Kontakt zu Blei verhindern


Punkt 2: Expositionsprophylaxe
Dennoch wird es weiter freigesetztes Blei auf Schießständen geben, sei es durch Altlasten, Geschosspartikel oder die Munition des Standnachbarn. Wo irgendwie möglich, sollte verhindert werden, dieses in den Körper aufzunehmen. Elementares Blei bzw. anorganische Bleiverbindungen, wie wir sie in Munition finden können, werden nur sehr schlecht über die Haut aufgenommen. Gleiches  gilt für Rückstände beim Reinigen der Waffe. Anders sieht es jedoch aus, wenn z.B. bei der Grundreinigung der Waffe Lösungsmittel verwendet werden. Hierdurch kann die biologische Verfügbarkeit des Bleis über die Haut deutlich zunehmen. Wenn mit solchen Mitteln gearbeitet wird, können z.B. handelsübliche Einweghandschuhe benutzt werden. Doch Vorsicht: Die Standardprodukte haben nur eine kurze Widerstandszeit gegen viele Lösungsmittel. Beim Zeitintensiven Reinigungen sollten daher zwischenzeitlich die Handschuhe gewechselt werden.
Wie im vorangegangen Artikel beschrieben, sind die Reinigungsarbeiten am Schießstand ein häufig unterschätzter Faktor. Auch hier kann zwischen Maßnahmen, welche das verfügbar machen, sprich in die Luft aufwirbeln von Verschmutzungen und solchen, die die Aufnahme in den Köper verhindern, unterschieden werden. Während das weit verbreitete Kehren mit einem Besen vermieden werden sollte, ist eine FFP-2 Maske eine einfache, verfügbare und kostengünstige Methode, sich vor aerogenem Blei zu schützen. Auf die Kontamination von Kleidung wird noch in Punkt 4 genauer eingegangen.
Da es zum guten Ton gehört, den Schießstand nicht unzumutbar zu hinterlassen, ist auch das händische Aufsammeln von Hülsen eine praktikable Alternative. Es sei noch einmal auf die Richtlinien des Bundesinnenministeriums zum Schießstandbau hingewiesen: Die Pflicht zur Grundreinigung unterliegt dem Standbetreiber, der dies keineswegs auf den Endnutzer übertragen darf! Schützenvereine, deren Mitglieder gleichzeitig die Betreiber sind, sollten im Sinne aller professionelle Reinigungsgeräte vorrätig haben oder professionelle Unternehmen zur Endreinigung beauftragen.

In einer gewöhnlichen Sporttasche oder einer Plastiktüte eines beliebigen Möbelhauses kann die Schießstandgarnitur schnell verstaut werden


Punkt 3: Verhaltensregeln
Während die Aufnahmefähigkeit über die Haut sehr gering ist, besteht hier jedoch die Gefahr, Verunreinigungen zu verschleppen. Essen und Trinken sollte auf dem Schießstand daher tabu sein. Auch über die Zigarettenpause können zuvor an die Hände gebundene Kontaminationen oralisiert oder inhaliert werden. Interessanter Hinweis: Im Tabak ist ohnehin Blei und Schwermetalle enthalten, welche zu annähernd 100% inhaliert werden…

Punkt 4: Körper- und Kleiderhygiene
Wie in der Kinderstube gelernt, sollten unmittelbar nach dem Schießstandbesuch und bei jeder Pause die Hände gründlich gewaschen werden. Tatsächlich ist die Löslichkeit von elementarem Blei in Wasser und auch mit Seife gering. Der mechanische Reinigungseffekt ist unseres Erachtens aber ausreichend, um die Bleibelastung zu minimieren. Nach einem Tag auf dem Stand sollte zudem eine Dusche erfolgen und – insbesondere nach dem Schießen aus Verschiedenen Positionen – die Kleidung gewechselt werden. Ein Gedanke hierzu: Nach dem Sport ist es selbstverständlich, die Klamotten zu wechseln. Eine herkömmliche Sporttasche kann auch dazu dienen, die Kleidung zu verstauen, ohne das eine Sekundärkontamination z.B. des Kfz geschieht. Zumindest Schuhe und Oberteil, beim Schießen aus kniender oder liegender Position auch die Hose, sollten gewechselt werden.
Zur Vermeidung des Aufsammelns älterer Pulver- und Bleireste vom Boden bietet sich auch die Benutzung einer Schießmatte an. Diese einfache und bequeme Methode ist ohnehin eine sinnvolle Anschaffung und kann ebenfalls regelmäßig gereinigt werden.
Textilien mit großer Oberfläche, das sind typischerweise wärmende Materialien wie Wolle oder Fleece, bieten auch mehr Oberfläche um Blei zu binden. Diese sollten daher nicht unbedingt Kleidungsstücke der ersten Wahl für den Schießstandbesuch sein oder zumindest unmittelbar gewaschen werden. Auch hier zeigt die Fachliteratur: Im Labortest lösen sich manche Bleiverbindungen nicht unbedingt in handelsüblichen Waschmitteln. Jedoch geht es bei der Reinigung der Klamotten wie bei der Dusche nach dem Schießstandbesuch vor allem um die Beseitigung flüchtiger Bleiverbindungen, welche entweder über die Atemluft aufgenommen oder sekundär in die Raumluft verschleppt werden können. Die Beseitigung solcher Rückstände ist durch eine gewöhnliche Reinigung sichergestellt und darf als genügend angesehen werden. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, der kann von Zeit zu Zeit seiner Wäsche mit handelsübliche Zitronen- oder Essigsäure (Citrat/Acetat) behandeln. Hierbei aber auf die Pflegehinweise der Textilien achten.

Eine Schießmatte verhindert gerade auf geschlossenen Schießständen die Aufnahme alter Verunreinigungen vom Boden und ist generell ein hilfreiches Utensil


Fazit
Unsere Artikel sollen keineswegs dazu führen, Schießstände zu meiden oder sein Training zu reduzieren. Sie sollen dem Leser lediglich Hinweise auf ein mögliches Gesundheitsrisiko und einfache, praktikable Maßnahmen bieten, dieses zu minimieren. Ein Schießstandbesuch im ABC-Schutzanzug, welcher anschließend verbrannt wird, ist nicht notwendig. Es  gibt einfachere und kostengünstigere Maßnahmen, die jedermann ergreifen kann. Ob und in wie weit diese umgesetzt werden, darf jeder frei für sich entscheiden.

Literatur
Aktories, Klaus – „Allgemeine und spezielle Parmakologie und Toxikologie“, Elsevier-Verlag, 9. Auflage 2004
National Departement for Occupational Safety and Health – “Preventing Occupational Exposures to Lead and Noise at Firing Ranges”, 2009
National Academy of Sciences – “Potential Health Risk for Firing Range Personel from recurrent Lead Exposure”, 2013 

Eine Zusammenfassung der Artikelreihe zu Bleiexposition (1) bis (4) kann hier herunter geladen werden: https://0-500.org/page.php?al=sonstige-Informationen



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