Vor 23 Jahren am 10. April 1997 verhaftete der britische
SAS die als South Armagh Sniper bekannten Scharfschützen der Provisional IRA im
nordirischen Cullyhanna. Damit endete eine siebenjährige Phase von
Heckenschützen-Attentaten auf Soldaten der britischen Armee in Nordirland
Das Schild „Sniper at Work“ hat seinen Ursprung in South
Armagh
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Der rote Mazda 626, der am frühen Abend des 12. Februar 1997
an einer Bushaltestelle im nordirischen Bessbrook stand, war unauffällig.
Selbst die halb geöffnete Kofferraumklappe erregte kein Aufsehen. Auf den umgelegten
Rücksitzen lag IRA Volunteer Micheál Caraher hinter einem Barrett M90 im
Kaliber .50 BMG. Im Sichtfeld des Schützen befand sich eine Straßensperre der
britischen Armee keine 120 Meter weit entfernt. Als Caraher den Abzug
betätigte, ruhte das Fadenkreuz des Leupold ZF auf Lance Bombardier Restorick.
Das .50-Projektil durchschlug zuerst das SA80 Sturmgewehr des Soldaten und
tötete ihn anschließend auf der Stelle.
Lance Bombardier Stephen Restorick war das letzte von
insgesamt neun Todesopfern durch Heckenschützen der IRA in South Armagh.
Verzeichnet sind insgesamt 24 Scharfschützenattacken durch die IRA in South
Armagh. In 16 Fällen wurde dabei ein PKW als mobile Plattform genutzt. Neben
den neun Toten gab es einen Schwerverletzten. Beim letzten bekannt gewordenen
Einsatz, am 29. März 1997, wurde Constable Ronnie Galwey in der rechten Hüfte
getroffen. Er überlebte nur knapp.
Begonnen hatten die Scharfschützen-Attentate im März 1990 in
der Nähe von Darkley. Sowohl der erste als auch der zweite Attentatsversuch auf
britische Soldaten endete jedoch mit einem Fehlschuss. Erst im insgesamt
dritten Einsatz wurde der erste Soldat getötet. Der 18-jährige Privat Paul
Turner wurde am 28. August 1992 in Crossmaglen erschossen, als er Kameraden
seiner Patrouille sicherte, während diese einen verdächtigen LKW
kontrollierten. Die Schussentfernung betrug wiederum nur etwa 120 Meter. Das
Geschoss durchschlug die Schutzweste und Privat Paul Turner war sofort tot.
In den Folgemonaten bis Januar 1993 gab es mindestens fünf
weitere Attentatsversuche, die ebenfalls mit Fehlschüssen endeten.
Mindestens eine Barrett M82 wurde von der IRA gegen die
britischen Streitkräfte sowie gegen die Royal Ulster Constabulary (RUC)
eingesetzt
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Taktik der Briten
Obwohl das Verhältnis von Hit und Miss zu diesem Zeitpunkt
1:7 betrug, erkannten die Briten sehr wohl die Gefahr durch gegnerische
Scharfschützen der IRA. Darüber hinaus war ihnen spätestens seit August 1992
klar, dass der Gegner über eine Waffe im verheerenden Kaliber .50 BMG verfügte.
Auf britischer Seite führte das zu umfassenden Counter-Sniper Maßnahmen. Die
Versorgung der Militärstützpunkte erfolgte nur noch aus der Luft mittels
Hubschraubern; nicht mehr über den Landweg. Zur Hochzeit der
Scharfschützenaktivitäten im Jahr 1993 befanden sich bis zu 50 Angehörige des
SAS in South Armagh. Diese operierten entweder offen oder verdeckt in
Undercover-Einsätzen, um die Stellungen sowie die Rückzugsorte der South Armagh
Sniper zu lokalisieren.
Taktik der IRA
Bei den ersten Einsätzen waren die IRA Sniper rund 500 bis
600 Meter von ihren Zielen entfernt. Was die hohe Zahl der Fehlschüsse erklärt.
Erst als die Sniper die Entfernungen zu ihren Zielen kontinuierlich auf
deutlich weniger als 200 Meter verkürzten, erhöhte sich die Trefferquote. Auch
in Bezug auf Infiltration und Exfiltration war die Lernkurve der IRA extrem
steil.
Eine 15 Kilogramm schwere und etwa ein Meter vierzig lange
Scharfschützenwaffe unbemerkt in Stellung zu bringen sowie nach dem Schuss
ebenso unerkannt wieder zu verschwinden, stellte sich alsbald problembehaftet
dar. Die Infiltration eines einzelnen Scharfschützen zu Fuß begleitet von einem
oder zwei Nahsicherern wurde spätestens zu Beginn 1993 gründlich geändert.
Der
Scharfschützentrupp
Unmittelbar bei der Rückkehr wurden die Waffen wieder in
einem Versteck eingelagert. Die während des Einsatzes getragene Bekleidung
wurde in Säcke verpackt und zeitnah verbrannt. Zur Exfiltration wurden
„saubere“ Privat-PKW genutzt, die keine forensisch nachweisbaren Spuren von
Treibladungspulver oder Sprengstoff enthielten.
Diese Vorgehensweise zeigt, dass die South Armagh Sniper
wesentlich mehr Augenmerk auf den An- und Abmarsch legten, als auf den präzisen
Schuss über die weite Distanz. Bei lediglich zehn von insgesamt 24
dokumentierten Sniper Einsätzen wurde auch ein Treffer generiert. Nicht jeder
endete tödlich.
Die IRA Sniper schossen durch eine halb geöffnete
Kofferraumklappe eines Mazda 626
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Die Waffen
Nachgewiesen ist die illegale Einfuhr von mindestens zwei
Barrett M90 im Kaliber .50 BMG im Frühjahr 1995 aus den USA. Die Waffen wurden
über einen Barrett-Händler in Texas an einen Privatmann verkauft, der sie an
einen US-Amerikaner irischer Abstammung weiterveräußerte. In Einzelteile
zerlegt, gelangten sie samt Munition nach Nordirland. Bestückt waren die beiden
.50er-Repetiergewehre mit Zielfernrohren Vari-X III des US-Herstellers Leupold.
Vermutlich in der Dimension 3,5-10x40. Eines der beiden Gewehre wurde bei der
Ergreifung im April 1997 sichergestellt. Das andere dürfte demnach heute noch
im Umlauf sein.
Aber schon seit den frühen 1980er-Jahren muss sich
mindestens eine Barrett M82 im Arsenal der IRA befunden haben. Sowohl im Juli
1982 als auch im Mai 1983 wurden an Tatorten Patronenhülsen des Kalibers .50
BMG gefunden. Auch hier lassen sich wiederrum Spuren zur Beschaffung in den USA
zurückverfolgen.
Das Ende
Das Ende der South Armagh Sniper kam im Frühjahr 1997. Die
im August 1994 durch die IRA ausgerufene Waffenruhe nutzten die Briten intensiv
zur nachrichtendienstlichen Auswertung aller Scharfschützenangriffe. Die
Schlinge um mögliche Rückzugsorte der Sniper zog sich immer enger.
Als mit dem Dockland Bombenanschlag vom 9. Februar 1996 der
Waffenstillstand durch die IRA aufkündigte wurde, nahm die South Armagh Brigade
ihre Scharfschützenaktivitäten wieder auf. Der britische SAS war den Snipern so
nah, wie noch nie.
Am 10. April 1997 konnten die IRA Sniper Bernard McGinn,
Micheál Caraher, Seamus McArdle und Martin Mines bei der Vorbereitung eines
weiteren Anschlags in einer Scheune im nordirischen Cullyhanna lokalisiert
werden. Der SAS stürmte das Objekt. Entgegen der sonst herkömmlichen
Vorgehensweise verzichtet der SAS auf Schusswaffeneinsatz. Die IRA Männer
sollten um jeden Preis lebend und unversehrt gefasst werden.
Eine der beiden Barrett M90 (Beispielbild), die aus USA eingeschmuggelt
worden waren, konnten in der Scheune in Cullyhanna sichergestellt werden. Die
zweite ist vermutlich heute noch im Umlauf
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Das Urteil
Die vier Angehörigen des Sniper-Trupps wurden in Folge vor
Gericht gestellt. Bernard McGinn wurde am 19. März 1999 wegen 34 Straftaten zu
insgesamt 490 Jahren Haft verurteilt. Aufgrund des Karfreitagsabkommens
erfolgte seine Haftentlassung knapp ein Jahr darauf am 28. Juli 2000.
Micheál Caraher bekam 25 Jahre, Seamus McArdle weitere 20
Jahre zu den 25 Jahren, die er für die Dockland Bombings bereits erhalten
hatte. Martin Mines ebenfalls 20 Jahre.
Die vier Verurteilten verließen das Gerichtsgebäude bei
bester Laune. Wussten Sie doch, dass jeder von Ihnen unter die Amnestieregelung
des Good Friday Agreement fallen würde und deswegen nicht mehr als 18 Monate in
den H-Blocks des Hochsicherheitsgefängnissen Maze abzusitzen hatte.
Der Nachhall
Während Politiker wie John Major oder Billy Clinton es sich
nicht nehmen ließen, die Scharfschützeneinsätze der IRA als feige Morde zu
bezeichnen, kommentierten Armeeangehörige die Taktik der South Armagh Sniper
grundlegend anders. Ein Major des britischen SAS bspw. sagte: „Die Taktik der
Sniper war klug und die Ausführung bemerkenswert. Die Sniper suchten die
direkte Konfrontation mit einer überlegenen, schwer bewaffneten Streitmacht. Es
war mehr, als nur eine Mörsergranate abfeuern und sich dann verpissen. Es ging
darum, ein Gewehr auf einen anderen bewaffneten Mann zu richten, der wiederum
15 ebenfalls bewaffnete Kameraden um sich hatte. Dafür braucht es Eier.
Besonders bei den für Scharfschützen extrem kurzen Distanzen. Dabei seine
Atmung und seinen Herzschlag zu kontrollieren, ist nicht einfach. Ich empfinde
großen Respekt für die Männer. Sie waren alles andere als feige.“
Urbane Sniper
Konzepte
In einem Seminar mit Vorlesungscharakter wird Akademie 0/500
die Geschichte der South Armagh Sniper sowie einige andere Sniper-Attentate
thematisieren:
Termine für Urbane Sniper Konzepte hier:
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