Freitag, 26. April 2013

Nachladen (1): Der „Speed Reload“


Das schnelle Nachladen kennt ja nach Lehrmeinung oder Verwendungszweck der Waffe viele Interpretationen. Die meisten beschäftigen sich ausschließlich damit, ein neues Magazin (so schnell wie möglich) in die Waffe zu bringen. Vernachlässigt werden dabei grundsätzlich die Gesamtumstände. Welche Praxisrelevanz hat der Speed Reload?

Bist Du John Wayne? Oder bin ich das?


Ist das Magazin einer Waffe leergeschossen, muss ein neues (volles) Magazin eingeführt werden. So weit so gut. Damit wäre der Prozess des schnellen Nachladens eigentlich umfassend erklärt.

Problem: Feindeinwirkung
Die Ausbildungsindustrie verkompliziert an dieser Stelle jedoch gern. Bestimmte Handhabungen und Bewegungsabläufe werden rein unter dem Optimierungsgedanke vermittelt. Das gleiche gilt für spezifizierte Ausrüstungsgegenstände, die das schnelle Nachladen noch schneller gestalten sollen. Die Tipps zum schnellen Nachladen sind so vielfältig, wie die Trainingslandschaft in den USA. In allen Darstellungen zum Speed Reload ist ein Ausbilder zu sehen, der aufrecht und allein auf weiter Flur steht und seine Technik des schnellen Nachladens praktiziert. Meist mit optimal positionierter Ausrüstung, bei Sonnenschein, ohne Winterjacke und kalte Hände und ganz wesentlich: Ohne Feindeinwirkung.

Lage
Ein leeres Magazin macht ein schnelles Nachladen erforderlich. Im Kontext der praxisorientierten Schusswaffenanwendung bedeutet das: Ich befinde mich im Feuerkampf und habe zehn oder 15 Schuss abgeben müssen. Oder mit einem Gewehrmagazin in Standardkapazität sogar 28 Schuss. Das bedeutet, die Gegenseite wird höchstwahrscheinlich ebenso viele Schuss abgefeuert haben. In meine Richtung. Ich befinde mich entweder in Deckung oder bin im schnellsten Sprint meines Lebens auf dem Weg in eine Deckung oder laufe nicht mehr ganz so schnell, weil die Gegenseite nämlich auch treffen kann.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird in diesem Kontext niemand mehr aufrecht im offenen Gelände stehen und einen Speed Reload praktizieren. Die Technik wird obsolet. Folgerichtig muss auch keine kostbare Trainingszeit in dieses Element investiert werden.

Realitätsnah üben
Soll der Speed Reload dennoch mit ins Trainingsprogramm integriert werden, sollte realitätsnah geübt werden. Das heißt, der Speed Reload sollte im Sprint oder zumindest im schnellen Laufen ausgeführt werden. Die Magazintaschen sollten dabei verdeckt sein oder aber in der Konfiguration, wie in der Praxis jenseits des Schießstandes auch. Der Speed Reload sollte in Körperhaltungen praktiziert werden, die man typischerweise hinter einer Minimaldeckung einnimmt, aber nicht aufrecht stehend. Alles andere ist Selbstbetrug.

Dienstag, 23. April 2013

SIG 516 Langzeittest – Woche 67


In KW 16 wurde die SIG 516 mit einer 1- bis 4-fach Optik bestückt und eingeschossen. Das bedeutet, dass die Waffe wieder einmal auf längeren Distanzen eingesetzt werden wird. Das ZF ist ein Millett DMS 1-4x24.

Gesamtschusszahl: 6.530 + 40 = 6.570

Störungen Typ I: 6
Störungen Typ II: 0
Störungen Typ III: 0
Störungen Typ IV: 2


Wir haben die SIG 516 während des Langzeittests mit verschiedenen Aimpoint Optiken geschossen, mit offener Visierung (bis zu 500 Metern) und mit verschiedenen 1- bis 6-fach vergrößernden ZF’s.



Millett DMS 1-4x24
Das Millett DMS 1-4x24 ist eine Optik aus dem unteren Preissegment. Die Produktbezeichnung DMS steht dabei für Designated Marksman Scope. Das ZF besitzt ein 30 mm Mittelrohr und ein beleuchtetes Absehen. Die Klickverstellung beträgt ½ MOA und ist US-amerikanisch als ccw (gegen den Uhrzeigersinn) ausgelegt. Das Gewicht von ZF inklusive Blockmontage beträgt 760 g, was das Gesamtgewicht der SIG 516 auf etwa 4,2 kg erhöht.




Einschießen
Das Einschießen des DMS 1-4x24 gestaltet sich unproblematisch. Unter Anwendung der Methode, welche auch beim Kurs S4G gelehrt wird, ist die Waffe nach zehn Minuten mit etwa zehn Schuss einjustiert. Favorisiert wurde ein Fleckschuss auf 25 Meter.



 

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Montag, 15. April 2013

Woran erkennt man gute Schießausbildung?

Während eines Vortrags an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg wurde mir diese Frage von einem Zuhörer gestellt. Dieser Beitrag ist der Versuch einer Antwort.


Sicherheitserziehung
Gute Schießausbildung erkennt man vor allem daran, dass sie sich den 4 Sicherheitsregeln nach Jeff Cooper unterwirft. Es reicht dabei nicht, um diese Regeln zu wissen und sie herbeten zu können. Die 4 Sicherheitsregeln müssen auch gelebt werden. Mit diesen Sicherheitsregeln verhält es sich wie mit Grundrechten: Sie gelten immer, überall und für jeden. Das Sicherheitsprotokoll sollte der Tatsache Rechnung tragen, dass nach Sicherheitsregel #1 alle Waffen immer geladen sind.
Insbesondere Ausbilder, mit einem (schieß-)sportlichen Hintergrund, folgen häufig einem Sicherheitsprotokoll, wonach jede Waffe entladen ist. Ein fataler Irrtum. Schießunfälle sind vorprogrammiert.

Konzeptioneller Anspruch
Gute Schießausbildung sollte außerdem generisch sein und eine systematische Weiterentwicklung der Fertigkeiten des Schützen ermöglichen. Ohne sich dabei selbst zu widersprechen. Man sagt auch das Ausbildungskonzept sollte einfach, unabhängig, kohärent, doktrinfrei und robust sein.
Gute Schießausbildung ist somit weder komplex noch kompliziert. Sie ist jedem Teilnehmer mit Stift, Papier und wenigen Linien erklärbar.
Die Triangel der Schießausbildung beispielsweise, wie sie in der Schweiz entwickelt wurde, ist eine Möglichkeit, ein vollständiges Konzept abzubilden.
 




Grundfertigkeiten und Schießtechnik
Die vier Grundfertigkeiten des Schießens sind neben der Sicherheitserziehung und dem konzeptionellen Anspruch ein weiterer elementarer Baustein einer guten Schießausbildung. Visierbild, Haltepunkt, Abzugskontrolle und Nachzielen sind bei jeder Schussabgabe anzuwenden. Egal in welchem Umfeld, egal mit welchem Waffensystem. Grundfertigkeiten ermöglichen das Treffen.
Ein Gewehrkurs sollte darüber hinaus technische Elemente enthalten, wie bspw. das Nutzen von Referenzpunkten zwischen Mensch und Waffe. Außerdem sollten Standardschießpositionen wie der Kniendanschlag und Liegendanschlag so ausführlich besprochen und geübt werden, dass jeder Teilnehmer am Ende in der Lage ist, eine stabile Schießplattform ohne Hilfsmittel, wie Zweibein oder Sandsack aufzubauen.
Kurzum: Der Teilnehmer wird befähigt, sein Ziel zu treffen.
Das Waffensystem zum Funktionieren zu bringen und am Funktionieren zu halten, wäre ein weiterer wichtiger Punkt. Laden, Entladen und Störungsbeseitigung fallen in den Bereich der Handhabung. Gute Schießausbildung greift hier auf ein Baukastensystem zurück, indem möglichst viele Manipulationen an der Waffe mit demselben oder einem sehr ähnlichen Bewegungsablauf ausgeführt werden können. Ebenso gehört das Vermitteln einer Methode, zum effizienten Einschießen einer Langwaffe zum Bereich „Handhabung“ und sollte Bestandteil guter Schießausbildung sein.




Der Ausbilder
Neben den Lehrinhalten des Kurses sollte auch der Ausbilder hinterfragt werden. Mit wem hat der Ausbilder trainiert? Welche Referenzen hat er? Was vermittelt er? Wo wurde er zum Ausbilder ausgebildet? Auf diese Fragen muss ein Ausbilder Rede und Antwort stehen können. Die Frage danach, welche Lehrmeinung er vermittelt, sollte der Ausbilder ebenfalls beantworten können.
Erntet man stattdessen nur erstaunte Blicke oder den Lapidarsatz: „Ist doch egal. Hier geht es ums Treffen.“, sollte vom Kursbesuch Abstand genommen werden.
Hat der Ausbilder keine anderen Referenzen als ein paar gewonnene Schießsportwettkämpfe, ist es mit einem allgemeingültigen System der Waffenhandhabung auch nicht weit her. Hier sind allerhöchstens spezifische Wettkampftipps zu erwarten, die für die Masse der Endanwender von keiner Relevanz sein dürften.
Auch die ehemalige Zugehörigkeit des Ausbilders zur Spezialeinheit XYZ ist kein Garant für gute Schießausbildung. Mangelt es doch bei diesem Personal meist an Referenzen oder individuellen Weiterbildungsmaßnahmen.





Referenzen und Weiterbildung
Referenzen von Kursteilnehmern sind ein guter Anhalt aber nicht das Maß der Dinge. Welche Referenzen erhält der Ausbilder von anderen Ausbildern? Hat er die überhaupt?
Die persönliche Weiterbildung muss für jeden Ausbilder im Vordergrund stehen. Kursbesuche bei anderen Lehreinrichtungen sollten regelmäßig erfolgen. Schießausbilder sein ist kein Ziel, sondern ein Weg.




In der Realität angekommen
Ausbildungszeit ist immer eine knappe Ressource. Sie muss daher möglichst effizient genutzt werden. Ein Privatier hat im Monat mitunter nur eine, maximal ein paar Stunden Zeit für den Schießstandbesuch. Angehörige von Spezialeinheiten haben noch andere nicht unwichtige Sachen zu trainieren: z.B. Sprachen, Kommunikation, Medic, Taktik und Nachtoperationen und immer öfter auch die Rolle als Risk Manager oder Advisier. Für sie ist Schießen das kleine Einmaleins und bisweilen nicht einmal eine direkt missionsrelevante Fähigkeit.
Gute Schießausbildung sollte diesen Aspekten Rechnung tragen.

Mittwoch, 10. April 2013

SIG 516 Langzeittest – Woche 64 bis 66


In KW 14 wurde die SIG 516 auf 0/500-Gewehrkursen als Leihwaffe an Teilnehmer ausgegeben. Die dabei hohe Schussbelastung von fast 1.000 Schuss machte eine Detailreinigung im Anschluss erforderlich. Und: Die 516 wird parallel zur neuen Waffe für ein weiteres Jahr den Langzeittest fortsetzen.

Gesamtschusszahl: 5.550 + 980 = 6.530

Störungen Typ I: 6
Störungen Typ II: 0
Störungen Typ III: 0
Störungen Typ IV: 2


Zwei Tage Gewehrkurs erhöhten die Schussbelastung der SIG 516 um fast 1.000 Schuss. Eine Zwischenreinigung erfolgte nicht. Am Ende war der Verschmutzungsgrad der 516 deutlich zu erkennen. Die Schmauchablagerungen in der Gasdüse waren erheblich, führten jedoch nicht zu Fehlfunktionen. Bauartbedingt waren Verschlussträger und Obergehäuse wenig verschmutzt. Der Verschlussträger war nach einmaligem Abwischen von Schmauchspuren befreit, was auch an der DLC-Beschichtung liegt. DLC steht für diamond-like Carbon und hat reibungs- und verschleißmindernde Eigenschaften.

Messingabrieb im Verschlusskopf
Beim Zerlegen der Verschlussbaugruppe fiel der deutliche Messingabrieb am Verschlusskopf auf. Gemessen an der hohen Schussbelastung ist das nicht ungewöhnlich. Der Verschlusskopf wurde seit mehreren Trainingssitzungen nicht mehr im Detail gereinigt. Schmauchablagerungen unter der Ausziehkralle waren daher die natürliche Folge.

Reinigungsintervalle
Nach Herstellerangaben sollten die Reinigungsintervalle nicht über 500 Schuss hinaus ausgedehnt werden. Da es im Langzeittest nie Absicht war, verschmutzungsbedingte Störungen zu verursachen, werden diese Intervalle in der Regel auch eingehalten. Manchmal ist das aufgrund des Ablaufs beim Schießen aber nicht möglich. Wie schon einmal in KW 46 verifiziert wurde, funktioniert die 516 auch bei weit überdehnten Intervallen störungsfrei und ohne Präzisionsverluste.

Nach längerem Gebrauch sollte der Reinigungsschwerpunkt bei folgenden Bauteilen liegen:
Gaskolben, Gasdüse sowie deren Aufnahme im Gasblock. Hier bilden sich hartnäckige Ablagerungen, die das Entnehmen der Düse unnötig erschweren.
Verschlusskopf und hier insbesondere die Ausziehkralle. Pulverschmauch und Messingabrieb der Hülsen könnten hier unnötige Fehlfunktionen verursachen.




Fortsetzung des Langzeittests
Die Entscheidung ist, dass die SIG 516 parallel zur neuen Waffe für ein weiteres Jahr den Langzeittest absolviert. Höchstwahrscheinlich wird die 516 dabei die 10.000 Schuss Grenze durchbrechen. Das wird Aufschluss darüber geben, welche Verschleißteile ihren Dienst versagen werden.
Nach 6.500 Schuss ist bei der Verschlussbaugruppe augenscheinlich kein Verschleiß erkennbar. Sichtgeprüft werden ab sofort regelmäßig der Verschlusskopf. Hier insbesondere der Bereich um die Bohrung für den Bolt Cam Pin auf Haarrisse, sowie der Bolt Cam Pin selbst, die Verrieglungswarzen und die Ausziehkralle.

Im Übrigen eignet sich eine Fenix LD10 sehr gut dazu, beim Reinigen etwas mehr Licht in den Upper zu bringen.



 

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