Mittwoch, 28. April 2021

Langzeittest: OA-15 M5 (Nr. 01)

 

Einschießen Offene Visierung

Gesamtschusszahl: 60
Davon mit SD: 0


Störungen Typ I: 0
Störungen Typ II: 0
Störungen Typ III: 0
Störungen Typ IV: 0




Auf seiner ersten Trainingssitzung im Februar 2021 wurde das OA-15 M5 mit einer offenen Visierung eingeschossen.
Angewendet wurde dabei die 25-Meter-Methode. Gemäß dieser Methode erzeugt ein Tiefschuss von einer Daumenbreite auf 25 Meter beim AR einen 50-Meter-Fleckschuss. Das resultiert wiederum in einem zweiten Fleckschuss auf ziemlich genau 180 Meter. Im Amerikanischen wird dieses Einschießkonzept auch als 200/50 (oder auch 50/200) bezeichnet. Heißt: Ein Fleckschuss auf 200 Yard führt zu einem Fleckschuss auf 50 Yard. In der praktischen Anwendung ist das 50/200 Konzept sehr weit verbreitet. Die Flugbahn und die maximale Höhenablage der 5,56x45 sind über den gesamten Entfernungsbereich gut beherrschbar.

Einschießkonzepte
Auf der Webseite von arma-dynamics.com sind verschiedene Einschießkonzepte graphisch dargestellt. (Vgl. http://arma-dynamics.com/zero-considerations.html#carbine16 )
Beispielhaft für ein 16“-AR mit 62 gr Geschoss zeigt dieses Bild den Unterschied zwischen der Einschießentfernung 50 Yard oder 100 Yard




Rifleman
Außerdem konnte mit der OA-15 M5 ein fehlerfreier Rifleman geschossen werden.




Archiv
Nr. 00 (Erstvorstellung)
Nr. 01 (Einschießen Offene Visierung)


Dienstag, 20. April 2021

Schalldämpfer Roedale Ti50M MK1 (Non-Overbarrel)

 

Der Non-Overbarrel Dämpfer Ti50M MK1 ist eine Neuentwicklung aus dem Hause Roedale explizit für Gewehrsysteme mit kurzen Läufen. Notwendig wird diese Konstruktion, wenn der Gewehrlauf nicht ausreichend lang ist, um einen Signaturverzerrer mit Laufüberschub verwenden zu können




Von Jan Oettgen

Die Firma Roedale um den Eigentümer Peter Lincoln bleibt den Anforderungen an Qualität, Gewicht und Dämpfungsleistung treu. Auch der Ti50M wird in einem 3D-Druck-Verfahren aus Ti-6Al-4V-Pulver hergestellt und kann nach aktuellem Kenntnisstand als leichtester Dämpfer seiner Klasse bezeichnet werden.
In den Aufbau und Druck des Ti50M fließen die neuesten Daten aus Simulationen und Praxistests sowie den gesammelten Erfahrungen und Erkenntnissen in der Anwendung der vergangenen Jahre ein. Die T3D-Serie von Roedale unterliegt einem fortlaufenden Evolutionszyklus, nämlich durch die Nutzung von innovativen Forschungsmethoden wie computergestützten Strömungssimulationen und von kontinuierlichen Labor- und Praxistests.

Roedale Ti50M MK1 im Neuzustand bei Lieferung



Beschichtung oder nicht?
Wie gewohnt kann der Ti50M in den bekannten Farben Armor Black, Grau, OD Green, Tungston, RAL8000 und FDE bestellt werden. Wird die Nutzung in Verbindung mit einem Halbautomaten angestrebt, empfehlen wir jedoch keine Cerakote Beschichtung, denn bedingt durch die hohe Kadenz und die damit verbundene Hitzeentwicklung verbrennt die Beschichtung nach kurzer Zeit. Für den Test wurde bewusst ein Modell mit einer Beschichtung gewählt, um den Prozess, den die Materialien durchlaufen, nachvollziehen und dokumentieren zu können.
Als Standardkaliber steht eine üppige Auswahl bereit. Der Hersteller kann von 4,5 Millimeter bis Kaliber .45 alle Wünsche bedienen. Die Gesamtlänge des Schalldämpfers ist 174 Millimeter, der Durchmesser liegt bei 48,5 Millimetern. Die Gesamtlänge der Waffe erhöht sich um 155 Millimeter.


Roedale Ti50M MK1 im Neuzustand auf der Waage



August 2020
Anfang August 2020 startete der Langzeittest des Ti50M im Kaliber .223 Rem. Das Gewicht liegt, inkl. fest verklebtem Gewindeadapter, bei federleichten 329 Gramm. Der für den Vergleichstest herangezogene Ase Utra Jet-Z CQB-S (S = leichtere Short-Variante) mit dem für die Nutzung erforderlichen Flash-Hider wiegt 613 Gramm. Das Gewicht am Laufende kann allein durch den Roedale Ti50M um 284 Gramm, und damit um 46,3 Prozent gegenüber dem Ase Utra, reduziert werden.
Für den Langzeittest thront der Roedale Ti50M auf einem H&K MR223 A3 mit 11“ Lauf und muss sich einer extrem hohen Schussbelastung auf dem Halbautomaten unterziehen.
Zum wöchentlichen Standardprogramm gehören aktuell Schussbelastungen von über 300 Schuss, die sich aus den für den Waffenkultur-Leser oder 0/500-Teilnehmer bekannten Drills (wie 5/1 Failure Drill, Grid of Fire oder dem ½ & ½ Drill) zusammensetzen.

Start des Belastungstests Roedale Ti50M



September 2020
Mitte September 2020 hatte der Dämpfer die Hürde von 1.800 Schuss genommen. Die Cerakote-Beschichtung hat sich weitestgehend verabschiedet, was die Funktion aber in keiner Weise beeinträchtigt. So schnell sich die Titanlegierung erhitzt, so schnell kühlt sie auch wieder ab.
Die Dämpfung ist unerreicht gut. Das geht so weit, dass für den Schützen bei etlichen Drills keine korrekte Zeitnahme möglich ist. Während andere Test-Dämpfer dem verwendeten CED 7000 Timer noch ein verwertbares Signal liefern, ist aufgrund der geringen Geräuschentwicklung bei Verwendung des Ti50M häufig keine Zeitnahme möglich. Bei statischen Übungen muss für die Zeitnahme der Timer direkt neben das Gewehr gehalten werden. Der Titan-Zwerg weiß zu beeindrucken. Ein Betrieb ohne Gehörschutz wäre möglich.

Reaktion der Cerakote Beschichtung
unter extremer Temperatur

Cerakote-Beschichtung verbrennt
und löst sich vom Titan-Corpus



Oktober 2020
Ende Oktober 2020 hat der Signaturverzerrer die Marke von 3.750 Schuss erreicht. Die Waage zeigt eine Gewichtszunahme von 8 Gramm. Diese ist der Verschmutzung in den Kammern geschuldet. Endoskopische Untersuchungen zeigen trotz der extrem hohen Belastung nur geringe Ablagerungen und stellen die hervorragende Strömungsleistung innerhalb des Corpus unter Beweis. Nach einer Reinigung mit Schalldämpfer-Reiniger und einer erneuten endoskopischen Begutachtung kann kein Verschleiß oder eine Beschädigung festgestellt werden.



Belastungstest im Hochtemperatur-Bereich



November 2020
Die 4.000 Schuss-Marke ist erreicht. Äußerlich sieht man dem Dämpfer die ständigen dramatischen Temperatur-Torturen und Strapazen an. Ähnlich einem Abgaskrümmer hat sich die Legierung bunt verfärbt. Der Dämpfer durchläuft nach wie vor die Dauerbelastung vom kalten Zustand auf über 500 Grad und wieder zurück. Funktion und Schallreduktion sind unverändert sehr gut.
Der Ti50M bleibt als Testobjekt weiterhin im Dienst. Eine Belastung von mehr als 10.000 Schuss soll über den Langzeittest dokumentiert werden.

Ti50M mit Durchschnittstemperatur
unter Extrembelastung

Abkühlprozess des Ti50M nach 5 Minuten

Der Dämpfer kühlt innerhalb von 13 Minuten
von 430°C auf Handwärme ab



Messverfahren
Neben den persönlichen Eindrücken und der subjektiven Wahrnehmung musste sich der Ti50M MK1 auch einem reellen und standardisierten Messverfahren unterziehen. Die Testwaffe wurde durchgängig mit Munition vom Typ Geco FMJ 63gr (4,1 Gramm) im Kaliber .223 Rem. geschossen. Als Referenz- und Vergleichsmodell dient jeweils der o.g. Ase Utra Signaturverzerrer.

Endoskopische Bildgebung nach 2.000 Schuss

Endoskopisches Detailbild einer
Dämpferkammer nach 2.000 Schuss



Temperaturverhalten
Gemessen wurde mit einem Gerät des Herstellers testo vom Typ 830-T4. Innerhalb der ersten Tests wurde die Marke von 400 Grad Celsius mehrfach überschritten. Daher sind weitere Messungen mit einem externen Oberflächenfühler durchgeführt worden, welcher einen Temperaturbereich von -60° bis +1.000° Celsius abdecken kann. Die auf der Oberfläche gemessene Höchsttemperatur beträgt 540° Celsius.
Die Messentfernung mit IR wird, gemäß Herstellervorgabe, einen Meter entfernt durchgeführt, der Messfleck ist damit 36 Millimeter groß.
Der Dämpfer wurde bei jedem Einsatz mit mehreren hundert Schuss belastet. Um das Verhalten bei starker Hitzeentwicklung abzubilden, wurden je Durchgang immer mindestens einhundert bis einhundertfünfzig Schuss in schneller Folge abgegeben. Der Dämpfer zeigte laut Messung mit dem testo bei jedem Messlauf eine Temperatur von mindestens 430° Celsius an. Über den Zeitraum  von dreizehn Minuten sank die Temperatur auf (!) 31,5° Celsius ab.
Laut Hersteller liegt der Schmelzpunkt der T3D-Dämpfer ab 1.648° Celsius. Der ungefähre Kriechpunkt, an dem die Verformung eintreten könnte, entsteht ab 700° Celsius.
Der als Referenz herangezogene Ase Utra konnte dieser Schussbelastung nicht unterzogen werden, da mit einer Zerstörung des Dämpfers zu rechnen war.
Heißgeschossen auf 320° Celsius benötigte der Ase Utra eine halbe Stunde, um auf die besagten 31 Grad abzukühlen.


Der Ti50M nach Höchstbelastung, ohne Beschichtung



Schallreduktion
Die Schallpegelmessung wurde mit einem Gerät des Herstellers Brüel & Kjær, Typ 2250 und einer ¼- Zoll-Kapsel, Typ 4941 für Schallanalysen über 160 dB durchgeführt. Der Analysator wurde vor und nach der Messung kalibriert. Die Messtoleranz liegt bei <1 dB (A). Der gemessene Mittelwert aus vier Messreihen zu je 15 Schuss ergab eine Reduzierung des Schallpegels um 35 dB. Dies ist gegenüber dem Ase Utra Jet-Z CQBS, der 29 dB im Mittelwert dämpft, eine Verbesserung um 6 dB.


Durchführung der Messmethode nach Kreisfunktionen im Einzelnen:
Büchse vom Typ H&K MR223 A3 11” mit Roedale Ti50M MK1.
Munition Geco FMJ 63gr (4,1 Gramm) im Kaliber .223.
Die Quellhöhe / Mündung beträgt 1,5 Meter zum Boden. Die Mündung stellt den Nullpunkt dar.
Die Messungen erfolgten auf gleicher Höhe und im Abstand von einem Meter zur Mündung in den Winkeln 0°, 90°, 120°, 150°, und 180° (am Ohr des Schützen). Durch die Höhe von 1,5 Metern kann eine Signalstörung durch Bodenreflexionen nahezu ausgeschlossen werden.
Die Messanordnung verlangt dabei die Bestimmung der Werte in Schießrichtung.
Schießrichtung φ = 0° und hinter der Waffe bei φ = 180°. Die Ergebnisse der Messungen von φ1,2 = (0°, 180°) und den Zwischenwerten ermöglichen die Bildung eines Mittelwertes, der in Summe zu einer Reduzierung von 35 dB führt.
Bemerkung: Die Ausdehnung des Schallimpulses erfolgt in Schussrichtung. Die Nutzung von Signaturverzerrern hat auf Seiten des Schützen eine überproportionale Reduktion von Schallemissionen zur Folge. Auch spielen Höhe und Abstände der Mündung zu Boden oder Wänden, ebenso wie deren Beschaffenheit, eine erhebliche Rolle bei der Messung und Wahrnehmung von Schalldruck.

Endoskopisches Detailbild nach 4.000 Schuss
mit leichtem Verschleiß der Warben

Endoskopisches Bild in die Kammern, alle strukturgebenden
Elemente sind frei von Beschädigungen

Detailbild der inneren Struktur nach 4.000 Schuss



Fazit
Der Ti50M darf, wir die gesamte T3D-Serie, als Spitzenprodukt bewertet werden. Gewicht, Haltbarkeit, Temperaturverhalten und natürlich die Schalldämpfung sind absolute Oberklasse.
Der Hersteller Roedale steht für Fortschritt und High-Tech bei der Schalldämpfer-Entwicklung. Für spezielle Verwendung stehen neben dem ohnehin schon sehr strapazierfähigen Material Ti64 auch Inconel oder Stellite zur Verfügung. Die Erfahrung im Bereich der Luft- und Raumfahrt blitzt bei den Produkten immer wieder auf. Über die jagdlichen Wurzeln hinaus haben die Ti50M durchaus das Potential, im infanteristischen / praktischen Schießbetrieb dauerhaft Anwendung zu finden.

Service
Der Ti50 Mk2 im Test
https://wp.roedale.de/
 

Technische Daten Signaturunterdrücker
Modell: Ti50M MK1 (Kaliber .223 Rem.)
Hersteller: Roedale GmbH & Co. KG, 49492 Westerkappeln
Mündungskomponente: fest verklebter Gewindeadapter für M15/1 Laufgewinde
Länge: 174 Millimeter
Effektiv an Waffe überstehend: 155 Millimeter
Gewicht: 295 Gramm (329 Gramm inkl. Gewindeadapter)
Durchmesser: 48,5 Millimeter
Schalldruckpegelreduktion: ca. 35 dB



Samstag, 17. April 2021

Wiederholgenaue Montage einer Optik


Das wiederholgenaue Aufsetzen einer Optik auf einer Picatinny-Schiene ist keine schwarze Magie. Dieser Beitrag erklärt den Ablauf und die drei wesentlichen Faktoren: Picatinny-Slot, Anschlagsrichtung und Drehmoment


Von Arne Mühlenkamp


Dass bei einem Gewehr die Optik gegen eine andere Optik getauscht werden muss, kann vorkommen. Nach dem Abnehmen und Wiederaufsetzen ist eine Treffpunktverlagerung zwar nicht zwangsläufig aber auch nicht auszuschließen. Folgt man bei der Montage jedoch der simplen Methode „Immer gleich; immer richtig“, kann die zu erwartende Treffpunktverlagerung auf ein Minimum reduziert werden. Und zwar auf einen Wert, der unter der schützenbedingten Durchschnittsstreuung liegt.
Eine wiederholgenaue Montage ergibt sich hier aus einem identischen Arbeitsablauf beim Wiederaufsetzen. Auf drei Faktoren kommt es an:

 

Tipp 1) Identischer Slot: Der gekennzeichnete Slot kann sowohl
das ELCAN Specter als auch Aimpoint T-2 und Aimpoint PRO aufnehmen



Faktor 1): Der Slot
Die Optik sollte immer im selben Slot der Picatinny-Schiene montiert werden. Dieser Slot ist mit einem Marker zu kennzeichnen. Vorteilhaft ist, wenn der markierte Slot von mehreren Optikmontagen benutzt werden kann. Somit erspart man sich Doppelmarkierungen, die zu Verwirrung führen könnten. Am Beispiel des abgebildeten AR können ein Aimpoint Micro T-2, das Aimpoint PRO und das ELCAN Specter im selben Slot fixiert werden.

 

Tipp 2) Anschlagsrichtung: Der Einfachheit halber können alle
Optiken mit Anschlagsrichtung „im Slot vorn“ montiert werden



Faktor 2): Anschlagsrichtung
Wird die Optik auf die Picatinny-Schiene aufgesetzt, hat sie im Slot etwas Spiel. Daraus ergeben sich die Varianten, die Optik „im Slot vorn anzuschlagen“ oder eben hinten. Für eine Variante muss sich der Anwender entscheiden. Auch hier sollte die Prämisse von „Allgemeingültigkeit und Logik“ umgesetzt werden. Der Methode und Logik folgend, bietet es sich an, das Gewehr beim Montieren der Optik mit der Mündung auf den Boden zu stellen. Woraus resultiert, dass die Optik zwangsläufig „im Slot vorn anschlägt“.
Schlaues Gerede, wonach bei Luftdruckwaffen aufgrund des Prellschlags die Optik mit Anschlagsrichtung dahin und bei Jagdwaffen mit Anschlagsrichtung dorthin montiert werden sollte, ist völlig belanglos.

 

Tipp 3) Drehmoment: Die Drehmomentschraube am Aimpoint PRO
sorgt für ein gleichbleibendes Kraftmoment beim Wiederaufsetzen



Faktor 3): Drehmoment
Ein häufig vernachlässigter Faktor ist das Drehmoment, mit dem die Befestigungsschraube(n) angezogen werden. Aimpoint bspw. stattet manche seiner Leuchtpunkvisiere ab Werk mit einer Drehmomentschraube aus. Wodurch Faktor 3 problemlos umgesetzt werden kann. Andere Optiken haben sog. Schnellspanner, welche über Hebel aktiviert werden. Von einem gleichbleibenden Kraftmoment beim Wiederaufsetzen kann dabei ausgegangen werden.
Die meisten Optik-Montagen jedoch verfügen lediglich über Schrauben, die mit einem entsprechenden Torx- oder Inbus-Schlüssel befestigt werden. Hierfür ist die Verwendung eines Drehmomentschlüssels unumgänglich. Bei der Anschaffung eines Drehmoment-Schraubers gelten übrigens die gleichen Gesetze, wie für die Anschaffung einer Optik selbst: Wer billig kauft, kauft zweimal. Zu einer hochwertigen Optik gehört hochwertiges Werkzeug. Der Anwender kommt an Werkzeug vom Hersteller WERA nicht vorbei.
Sind mehrere Schrauben anzuziehen oder zwei Schnellspanner zu betätigen, sollte das darüber hinaus immer in identischer Reihenfolge passieren. Der schwedische ZF-Montagen Hersteller Spuhr hat seine Schrauben dafür nummeriert.

 

Der schwedische Hersteller Spuhr hat die Schrauben seiner ZF-Montagen nummeriert.
Zum Befestigen sollte die Reihenfolge beachtet werden und hochwertiges Werkzeug,
wie bspw. die Drehmomentschrauber von WERA, benutzt werden

Das Aimpoint Comp M4 und die Patrol Rifle Optic (PRO) kommen ab Werk mit
der QRP-2 Montage, welche ein identisches Anzugsmoment gewährleistet



Fazit
Die Erfahrung aus zwei Langzeittests mit jeweils 15.000 Schuss und einer Vielzahl von getauschten Optiken zeigt, dass die beschriebene Methode funktioniert. Die Treffpunktverlagerung lässt sich auf ein Minimum reduzieren. Wenn immer derselbe Slot genutzt wird, mit immer derselben Anschlagsrichtung und einem identischen Kraftmoment beim Befestigen gearbeitet wird, woher soll dabei noch eine Varianz entstehen? Nur in ganz seltenen Fällen wird ein erneutes Einschießen der Waffe erforderlich.

 

Drehmomentschrauber-Satz von WERA


Kaufempfehlung
Drehmomentschrauber-Satz von WERA




Montag, 12. April 2021

Langzeittest: OA-15 M5 (Nr. 00)

 

Der Langzeittest mit der Budget-Linie von Oberland Arms, dem Black Label M4, läuft seit 15.000 Schuss störungsfrei. Die Neuanschaffung OA-15 M5 entspringt der Premium-Linie und verfügt über andere, teils höherwertigere Ausstattungsmerkmale. Das M5 soll mit einem Vortex-ZF bestückt und als DMR verwendet werden





Ein Oldschool AR-15, wie das Black Label M4 von Oberland Arms, ist für die allermeisten Verwendungszwecke vollkommen ausreichend. Es liefert präzise Schüsse, ist absolut zuverlässig und preisgünstig in der Anschaffung.
Manchmal darf es aber etwas mehr sein und der Individualisierungsgedanke gewinnt die Oberhand bei Oberland. Die deutschen AR-15 Pioniere aus dem oberbayerischen Huglfing bieten neben der Black Label Linie (OA-15 BL) auch eine Premium-Linie (OA-15 PR), welche auch Spielraum für Individualisierungswünsche zulässt.


Das OA-15 M5 ist im Farbton OD Green Cerakote beschichtet.
Der längenverstellbare Trageriemen ist von Blue Force Gear.
Perspektivisch soll die Waffe mit einem Vortex Razor HD
ausgestattet und als DMR genutzt werden


Ausstattung
Die Premium-Linie verfügt bspw. über einen Geissele M-LOK Handschutz mit der Bezeichnung MK-4. Der relativ schlanke und 13 Zoll lange Vorderschaft besitzt beidseitig Aufnahmen für eine Kugeldrucköse (quick-detach Öse), wodurch Trage- oder Schießriemen problemlos montiert und wieder entfernt werden können.
Auf Wunsch wird ab Werk der Geissele 2-Stage Abzug eingesetzt; ein Aufpreis pflichtiges Ausstattungsmerkmal, das jeden Euro Wert ist und das man als Schütze nicht mehr missen möchte.
Beim Schubschaft besteht Wahlmöglichkeit zwischen dem OA M-4 Schaft oder dem etwas filigranerem TS-2 Schaft.
Die Neuanschaffung kommt mit einem Lauf in 16,75“ Länge, wodurch die OA-15 ihre Verkaufsbezeichnung „M5“ erhält. Der Lothar Walther Lauf besitzt einen 1:8 Drall. Die Mündungskomponente ist ein Standard A2-Feuerdämpfer.
Allerdings besteht hier auch eine Wahlmöglichkeit hin zum hauseigenen OA-KDA Mündungsfeuerdämpfer, der über ein Außengewinde entweder Schalldämpfer oder einen Blast Deflector aufnehmen kann.
Mit einem Gesamtgewicht von lediglich 3,4 Kilogramm, wiegt die OA-15 M5 nur etwa einhundert Gramm mehr als das Black Label M4 mit dem 14,5“ langem Lauf. Auf Kundenwunsch wurde die Waffe im Farbton OD Green Cerakote beschichtet.


Der Geissele Vorderschaft ist 13“ lang und relativ schlank
mit einer angenehmen Haptik. Er besitzt vorn sowie am hinteren
Ende beidseitig Aufnahmepunkte für quick-detach Ösen    


Optionen
In Oberlands Premium-Linie wird noch die Lauflänge 20“ (DMR) angeboten, sowie 8“ und 10“ mit den Verkaufsbezeichnungen M7 und M8. Eine Super Match Variante mit Bull Barrel ist ebenfalls verfügbar, diese allerdings ohne den M-LOK Handschutz.


Die Verschlussbaugruppe zerlegt zu Testbeginn im Januar 2021


Kleine OA-Laufkunde
Oberland Arms stattet alle OA-15 grundsätzlich mit knopfgezogenen Läufen des Herstellers Lothar Walther aus. In der Black Label Serie besitzen alle Läufe das sog. OA-improved Patronenlager, welches einem militärischen 5,56-Lager sehr nahe kommt.
In der Premium Serie besitzen nur die Läufe mit 14,5“ und kürzer das OA-improved Lager. Alle anderen das normale .223 Rem Patronenlager. Militärische 5,56-Lager haben etwas andere Abmessungen und mehr Spiel, was bei einem höheren Verschmutzungsgrad eine geringere Störanfälligkeit bewirkt. Für Privatanwender spielt das in den allermeisten Fälle aber keine Rolle.
In der Premium Serie kommen Gewehrläufe aus Edelstahl zum Einsatz. Beim Black Label, Läufe aus nicht rostträgem Stahl. Thermisch entspannt und gehont sind beide Ausführungen. Ebenso besitzen beide Laufvarianten Matchqualität.
Die Drall-Länge beträgt bei allen Läufen von 16,75“ und länger 1:8. Alle 14,5“-Läufe und kürzer haben den 1:7 Drall.


Die Lock-Plate wurde getauscht. Ab Werk stattet Oberland Arms
die OA-15 mit einer Lock Plate aus, die einen 1-Punkt-Riemen aufnehmen kann


Kleine Drall-Kunde
Manchmal entsteht beim Endanwender Verwirrung bzgl. der Drall-Längen für das Kaliber 5,56x45 Millimeter. Eine grundlegende Fehlinterpretation ist, dass bei einem .223er-AR jede Laborierung ihre eigene Drall-Länge haben müsste. Eine einfache Erklärung ist die vom „Grünen Bereich“.
Es gibt einen grünen Bereich zwischen den Drall-Längen von 1:7 bis 1:10, in dem alle Laborierungen mit Geschossgewichten von 55 gr. bis 69 gr. gut funktionieren.
Möchte ein Anwender ein leichteres Geschossgewicht als 55 gr. verschießen, sollte kein 1:7 Drall gewählt werden. Unter Umständen bekommt das Projektil dadurch zu viel Spin und kann zerbrechen.
Ist die Verwendung von Geschossgewichten jenseits der 69 gr. (bspw. die beliebte 77 gr.) vorgesehen, sollte kein 1:10 Drall benutzt werden. Schwerere Geschosse werden durch kürzere Drall-Längen (1:7 oder 1:8) besser stabilisiert.


Die 60°-Sicherung ist ambidexter ausgeführt. Der TS-2 Schubschaft
besitzt ebenfalls zwei Aufnahmen für Kugeldruckösen (quick-detach)


Auf dem Schießstand
In den ersten Trainingssitzungen wurde die offene Visierung auf einen 50-Meter-Fleckschuss einjustiert. Die Standardübung Rifleman absolvierte das OA-15, nur mit Kimme und Korn ausgerüstet, fehlerfrei.
Perspektivisch wird das OA-15 M5 mit einem Vortex Zielfernrohr der Serie Razor HD Gen. III in der Dimension 1-10x24 bestückt und mit 77-grain-Munition betrieben. Mit dieser Konfiguration aus Waffe, Optik und Munition sollten reproduzierbare Treffer bis 700 Meter problemlos möglich sein.
Leider sieht sich der US-amerikanische Premiumhersteller Vortex Optics derzeit Lieferengpässen ausgesetzt. Optional steht zur Montage auch das ELCAN Specter 1x/4x zur Verfügung.


Die offene Visierung wurde mit einem 50-m-Fleckschuss
eingeschossen; was auf 25 Meter zu einem Tiefschuss von
einer Daumenbreite führt. Die Gruppe im Bild ließe sich
mit dem Zeigefinger abdecken und gilt daher als sehr gut


Fazit
Das neue Pferd im Stall dürfte sich als gelungene Zucht zwischen Arbeitstier und Rennpferd entpuppen. Der Geissele Matchabzug ist ein Klasse für sich und eine lohnenswerte Investition (225 Euro Aufpreis). In der Premiumlinie bietet Oberland Arms außerdem eine Beschichtung in verschiedenen Cerakote-Farbtönen an (249 Euro Aufpreis).

Service
http://www.oberlandarms.com/


Technische Daten
Modell: OA-15 PR M-LOK M5
Hersteller: Oberland Arms, Huglfing, BRD
Waffenart: Selbstladebüchse (direct impingement)
Kaliber: .223 Rem
Lauflänge: 42 cm (16,75“)
Drall: 1:8“, rechts
Magazinkapazität: 10 Schuss und alle gängigen Magazine
Visierung: Klappvisierung
Visierlinie: 46 cm
Abzug: Geissele 2-Stage Match
Abzugsgewicht: 2 bis 2,3 Kilogramm
Gesamtlänge: 85 bis 93 cm
Gewicht: 3,4 kg
Preis: 2.150 Euro


Die Standardübung Rifleman konnte mit der
offenen Visierung fehlerfrei geschossen werden




Montag, 5. April 2021

Gewehrkonzepte (9): Das Sturmgewehr

 

Die letzte große Revolution in der Bewaffnung des Gewehrschützen war die Einführung des Sturmgewehrs. Die entsprechenden Entwicklungen beeinflussen bis heute marktverfügbare Systeme und Ausbildungskonzepte


Von Christian Väth

Kein anderes Gewehrkonzept hatte im 20. Jahrhundert einen so massiven Einfluss auf die Ausbildung und den Einsatz von militärischen Einheiten wie das Sturmgewehr. Auch im 21. Jahrhundert ist ein Rückgang seiner Bedeutung derzeit nicht absehbar.

Taktisches Problem
Während des Zweiten Weltkrieges nutzten fast alle Kriegsparteien als Standard-Infanteriewaffe Repetiersysteme, die sich bereits im Ersten Weltkrieg im Bestand befanden. Dazu kamen Pistolen, Schrotflinten, Maschinenpistolen und Maschinengewehre. So musste selbst die allerniedrigste taktische Ebene im Gefecht mit verschiedenen Kalibern versorgt werden. Außerdem mussten verschiedene Ausrüstungsgegenstände wie Magazintaschen und Reinigungsgeräte vorhanden sein. Die Ausbildungszeit verlängerte sich ebenfalls. Die Idee, alle Kampftruppen mit einem einzigen Gewehr auszustatten, ist so in vielerlei Hinsicht attraktiv und war bis zum Beginn des 20. Jahrhundert auch der Regelfall. Zeitgleich sahen bereits in der Zwischenkriegszeit der 1920er und 1930er Jahre viele Konstrukteure das Selbstladegewehr als Infanteriegewehr der Zukunft.


Der russische Entwickler Fedorov gilt als Urvater der Mittelpatrone,
sein Selbstladegewehr war unter anderem deshalb eine recht
einflussreiche Konstruktion (Foto: Royal Armouries)


Definition
Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffes Sturmgewehr gibt es nicht. Der bisher eleganteste Versuch ist Maxim Popenker und Anthony Williams in Ihrem Werk „Assault Rifle“ gelungen: „a standard infantry rifle with selective fire, capable of controlled automatic fire“. Durch die Klassifizierung als Gewehr wird eine Abgrenzung zu Maschinenpistolen und leichten Maschinengewehren vorgenommen. Die Möglichkeit, eine Feuerart auszuwählen, hingegen schafft eine Trennung zu anderen Gewehrtypen. Der Zusatz „controlled automatic fire“ schließt die sogenannten „Battle Rifle“ im Vollkaliber aus. Zusätzlich bestehen einige weitere Kernmerkmale. So wird die Feuerbereitschaft bei Sturmgewehren stets über entnehmbare Magazine hergestellt – nicht über Gurte oder fest verbaute Magazine. Weiterhin sind diese Waffen auf sogenannte Mittelpatronen ausgelegt, die wir wiederum in zwei Typen trennen: Vollkaliberpatronen mit reduzierter Hülsenlänge (zum Beispiel 7,62x39 Millimeter) oder Patronen mit reduziertem Kaliber (zum Beispiel 5,56x45 Millimeter).

Erste Prototypen
Im Ersten Weltkrieg wurde im erbitterten Nahkampf um Feldbefestigungen schnell klar, dass die bisherigen Infanteriegewehre nicht in jeder Situation ihre Stärken ausspielen konnten. Maschinenpistolen, kampfwertgesteigerte Pistolen und Schrotflinten waren die Mittel der Wahl auf kurze und kürzeste Entfernungen. Sobald sich jedoch der Kampf wieder in eine geringfügig weitere Entfernung verlagerte, waren diese Waffen nutzlos. Um stets nicht die perfekte, aber eine adäquate Lösung in den Händen zu halten, musste ein Generalist entwickelt werden. Als erste Waffe vereinte der Fedorov Avtomat die zuvor beschriebene Definition eines Sturmgewehres. Die Konstruktion war für die Verwendung der japanischen Patrone 6,5x50 SR (Arisaka) ausgelegt worden, da das Zarenreich bereits große Bestände aus Japan zukaufen musste, um die unzulängliche eigene Produktion zu ergänzen. Die ursprünglich durch Fedorov vorgesehene Eigenentwicklung (ebenfalls 6,5 Millimeter) hatte unter diesen Voraussetzungen keinerlei Chance auf eine positive Beschaffungsentscheidung. Auch andere Prototypen wie das italienische Cei-Rigotti waren für das Kaliber 6,5 Millimeter ausgelegt. Diese ersten Entwicklungen sind hinsichtlich der Kaliberwahl bemerkenswert, da heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Patronen in dieser ballistischen Bandbreite als optimale Sturmgewehrpatronen angesehen werden (zum Beispiel 6,8x43 Millimeter Remington SPC oder 6,5x38 Millimeter Grendel). Wieder andere Entwürfe griffen dem später durchschlagenden Erfolg von Vollkaliberpatronen mit reduzierter Hülse vor. Mannlicher entwickelte 1904 genauso ein entsprechendes Selbstladegewehr wie Terni 1921 in Italien – beide im Kaliber 7,65x32 Millimeter. In der Schweiz fertigte der Konstrukteur Fürrer 1921 einen Entwurf mit fünf Millimeter größerer Hülse, der alle weiteren deutschen Selbstladegewehrentwicklungen deutlich beeinflusste. In den 1930er Jahren wurde aufgrund einiger Veröffentlichungen noch einmal Fedorov’s Weitsicht deutlich: Er forderte eine Abkehr von der zu diesem Zeitpunkt bereits etablierten Standardpatrone 7,62x54 R hin zum Kaliber 6,5 Millimeter. Andere russische Autoren unterstützten diese Forderung, einer der einflussreichsten Ballistiker der Roten Armee, V.E. Markevich, behauptete sogar, dass die ideale Patrone für Selbstladegewehre bereits existiere: in Form der .25 Remington. Diese Patrone war viele Jahrzehnte später der Ausgangspunkt für die Entwicklung der 6,8 Millimeter Remington SPC, eine Patrone die derzeit im Rahmen des NGSW-Programmes (Next Generation Squad Weapon) tatsächlich zur Einführung in der United States Army erprobt wird.


Waffentechnisch ein großer Wurf: Sturmgewehr 44, hier als Handwaffe
eines Infanteristen der Waffen-SS in Ungarn (Foto: BA Bild 101l-715-0213A-26)


Konzeptentwicklung
Keiner der genannten Prototypen wurde in größerer Stückzahl gefertigt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs führte die große Masse der Soldaten aller Parteien immer noch ein Repetiergewehr. Die United States Army führte ein Selbstladegewehr als Standardwaffe, das M1 Garand, allerdings kein Sturmgewehr. Ansonsten führte nur die Rote Armee mit dem AWS-36 und dem SWT-40 Selbstladegewehre in größeren Stückzahlen. Im späteren Kriegsverlauf kam die Wehrmacht mit dem Gewehr 43 hinzu. Das erste moderne Sturmgewehr und zeitgleich Namensgeber einer neuen Gewehrgattung war jedoch das deutsche Sturmgewehr 44. Etwa 450.000 wurden produziert und eingesetzt ohne auf den bereits entschiedenen Kriegsverlauf noch einen großen Einfluss nehmen zu können. Bis heute ist dieses Gewehr in seinen Konstruktionsmerkmalen und seinem grundlegenden Erscheinungsbild der Urvater vieler weiterer Waffen. Es ist schwer vorstellbar, dass eine solche Konstruktion die Entwicklung des bekanntesten und am häufigsten gefertigten Sturmgewehrs aller Zeiten nicht beeinflusst haben soll. Allerdings ist der große Wurf von Michail Kalaschnikow auch keine direkte Kopie des Entwurfes aus den Mauser-Werken, wie am Schützen-Stammtisch immer wieder behauptet wird. Auch Menschen die keinerlei Kenntnisse von Schusswaffen haben, kennen die Bezeichnung „Kalschnikow“ oder „AK-47“. Eine AK-47 findet man heute allerdings allenfalls im Museum, man spricht hier eher von der AK-Baureihe die in mittlerweile unzählbaren Entwicklungsstufen bis heute gefertigt wird. Sowohl das StG 44 als auch alle AK-Gewehre bis zur Einführung der AK-74 nutzten eine Mittelpatrone im Vollkaliber mit reduzierter Hülse. In Europa und den USA konnte sich das Sturmgewehr jedoch nicht so schnell durchsetzen wie in der Sowjetunion. Es wurden zwar zwischen Spanien und Finnland allerhand Prototypen entwickelt, doch lediglich das britische EM-2 (7x43 Millimeter) stand kurz vor der NATO-Einführung. Der Entwurf war konzeptionell der AK überlegen, da hier bereits das System Infanteriegruppe ganzheitlich betrachtet wurde. Während die sowjetische Gruppe weiterhin mindestens zwei verschiedene Kaliber führte, sollte ein spezielles Maschinengewehr im gleichen Kaliber, das TADEN, die NATO-Infanteriegruppe der Zukunft mit nur einer Munitionsart ausstatten. Die Vorteile in Logistik und Ausbildung sind nach wie vor bestechend. Die Vorbehalte der US-Streitkräfte brachten das Projekt vorerst zum Scheitern und sorgten für die Standardisierung des Kalibers 7,62x51 Millimeter als NATO-Gewehrpatrone. Die entsprechende Gattung der hieraus resultierenden sogenannten „Battle Rifle“, Selbstladegewehre im Vollkaliber, sind per Definition keine richtigen Sturmgewehre. Wichtige Vertreter dieser Ära sind das deutsche G3, das FN FAL, das StG 57 der Schweiz oder das AR-10.


Das meistgebaute Sturmgewehr der Welt, chinesische Ausführung Type 56:
leicht identifizierbar am umlaufenden Kornschutz und dem klappbaren Bajonett
(Foto: Royal Armouries)


Die Kaliberreduktion
Mit der relativ späten Einführung eines Sturmgewehres in den Vereinigten Staaten von Amerika wurde hingegen direkt ein radikaler Schritt gewagt und das erste kaliberreduzierte Sturmgewehr eingeführt. Bis heute sorgt dieser Schritt für Zündstoff in einer ermüdenden Kaliberdebatte. Die Beschaffung des M16 und seine ersten Nutzungsjahre im südostasiatischen Dschungel bestimmen jedoch bis heute in militärischen Kreisen ein zum großen Teil negativ geprägtes Image. Tatsächlich zeigte die neue NATO-Standardpatrone anfangs gewisse Wirkungsschwächen. Diese Faktoren sind durch die heute verfügbare, leistungsgesteigerte Munition weitestgehend ausgeglichen. Das bereits in dieser Artikelreihe beschriebene Special Purpose Rifle (Ausgabe 49) ist das beste Beispiel. Außerdem gilt es anzumerken, dass alle relevanten Militärmächte des 21. Jahrhunderts kaliberreduzierte Sturmgewehre als Standardbewaffnung nutzen. Die Sowjetunion folgte gar dem US-Vorbild mit der Einführung der AK-74 und dem hochinteressanten Kaliber 5,45x39 Millimeter. Die weiteren Entwicklungen der letzten 40 Jahre sind tatsächlich wenig aufsehenerregend: Neben dem Funktionsprinzip unterscheiden sich alle modernen Entwürfe vor allem durch ihre Festlegung auf ein konventionelles Design nach dem Urvater-Vorbild oder der futuristisch anmutenden Bullpup-Devise. Bei dieser Bauweise ist der Magazinschacht hinter dem Griffstück angeordnet und die Schulterstütze integrierter Bestandteil des Gehäuses. Dadurch lassen sich bei gleichbleibender Lauflänge deutlich kompaktere Abmessungen realisieren. Was in der Theorie Sinn ergibt, erzeugt in der Handhabung mitunter zahlreiche Probleme. Je nach Ort des Hülsenauswurfes wird ein schneller Schulterwechsel zum Verletzungsrisiko. Das Wechseln von Magazinen wird je nach Mechanismus ebenfalls erschwert, da es zu nah am Körper entnommen werden muss. Hinzu kommt eine vergleichsweise unterlegene Anwendung der Schießtechnik, da Referenzpunkte zwischen Körper und Waffe gegebenenfalls entfallen müssen. Während sich in China ein Bullpup-Gewehr im Kaliber 5,8x42 Millimeter durchsetzen konnte, wechselt beispielsweise das französische Heer von einem solchen Entwurf (FAMAS) mit dem HK416F wieder auf ein konventionelles Design. Derzeit ist eine langfristige Koexistenz der beiden Philosophien wahrscheinlich.


Das britische Bullpup-Gewehr EM-2 war der erste Versuch eine „echte“ Mittelpatrone
in der Kalibergruppe zwischen sechs und sieben Millimetern als NATO-Standard einzuführen
(Foto: Royal Armouries)


Einsatzgrundsätze
Die meisten NATO-Staaten kamen im Rahmen der Auswertung des Zweiten Weltkrieges angeblich zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der Ziele für den Gewehrschützen innerhalb einer Entfernung von 300 Metern auftraten. Diese Aussage wurde innerhalb der letzten 60 Jahre stets ohne weitere Reflexion in beinahe allen militärischen Ausbildungskonzepten übernommen. Hiervon abweichende Erfahrungen der letzten Jahre wie in Afghanistan, auf dem Balkan oder in der Ukraine werden gemeinhin als „Einzelereignisse“ wahrgenommen, die als Ausnahme gelten und somit die Regel bestätigen. Nach dem Grundsatz „Nur weil man etwas nicht trainiert, heißt das nicht, dass man es nicht braucht“ ist dieser Ansatz kritisch zu hinterfragen. Nichtsdestotrotz ermöglichte das Sturmgewehr den Einsatz neuer Taktiken. Die erhöhte Feuerkraft des Einzelnen hat langfristig die Struktur von Truppenkörpern und den Einsatz von Kampftruppen völlig verändert. Mit der Einführung des Sturmgewehres und moderner Unterstützungswaffen war bei entsprechender Ausstattung bereits eine kleine Gruppe in der Lage durch die Kombination von Feuer und Bewegung Entscheidungen herbeizuführen. Längst steht deshalb die Infanteriegruppe im Zentrum von Beschaffungsvorgängen und strategischen Überlegungen. Vor allem kaliberreduzierte Sturmgewehre ermöglichten es erstmals, die Feuerart schnelles Einzelfeuer zur vollen Entfaltung zu bringen. Auch das Feuern in der Bewegung, wenn auch weiterhin begrenzt in seiner taktischen Anwendung, trat als neue Option hinzu. Die üblicherweise dem Maschinengewehr vorbehaltene Wirkung des Niederhaltens und Festnageln von Gegnern kann ebenfalls zur Not auf kurze Entfernungen übernommen werden. Das heutige Infanteriegewehr bietet also mehr Möglichkeiten, als zuvor übliche Repetiergewehre. Wer das Potenzial des Sturmgewehres jedoch voll ausnutzen will, benötigt mehr Ausbildungszeit. Derzeit findet in den Armeen einiger NATO-Staaten, eine Rückbesinnung auf die Kampfkraft des Gewehrschützen statt, die nur durch eine intensive Ausbildung voll nutzbar gemacht werden kann. Gleichzeitig reduziert die rasante Zunahme an Ausrüstungsgegenständen, Optiken, Geräten, Fahrzeugen und auch anderen Feuerwaffen die Zeit für sorgfältige Instruktion. Die seit den 1950er Jahren (damals durch die nukleare Bewaffnung, heute durch modernste Gefechtsfeldsensorik) ausgelöste Diskussion um die Relevanz des einzelnen Infanteristen im Krieg der Zukunft, hat nichts an seiner Existenz geändert. Nach wie vor verfügen die NATO-Staaten über Verbände mit „leichter Infanterie“ im weitesten Sinne und auch die militärischen Großmächte Asiens halten eine große Zahl an Gewehrschützen vor. In den Entwicklungsländern und von Bürgerkriegen zerrissenen Nationen ist, bei weitgehender Abwesenheit von Großgerät, das Sturmgewehr auch heute noch das wichtigste Waffensystem. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird diese Feuerwaffe bis zum nächsten Technologiesprung relevant bleiben.

Das „ideale“ Sturmgewehr
Kaliberunabhängig bietet jedes Sturmgewehr die Möglichkeit zum 500-Meter-Treffer. Das Design der kritischen Elemente beeinflusst jedoch maßgeblich den Aufwand, der in der Ausbildung dazu erforderlich ist, einen Schützen zu dieser Leistung zu befähigen. Während Störungen vor der Einführung von Selbstladern eher ein nebensächliches Phänomen waren, ist die Beseitigung von Hemmungen heute wesentlicher Bestandteil jedes guten Ausbildungskonzeptes. Zeitgleich gilt die Zuverlässigkeit im weitesten Sinne als wesentliches Qualitätskriterium des Sturmgewehres. Dies beinhaltet eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber robustem Gebrauch, als auch Schutz gegen Eindringen von Dreck und Feuchtigkeit. Die Konstruktion sollte so ausgestaltet sein, dass sie wo immer möglich Bedienerfehler unmöglich macht. Alle Bedienelemente sollten einfach sowie grobmotorisch handhabbar und natürlich ambidexter sein. Reinigung, Wartung und Austausch von Verschleißteilen müssen ebenfalls dem minimalistischen Prinzip folgen und durch den Schützen selbst leistbar sein. Gewicht und Länge der Waffe sollten weiterhin die Anwendung in engen Umgebungen ermöglichen, ohne den 500-Meter-Treffer durch eine zu kurze Lauflänge unrealistisch werden zu lassen. Eine qualitativ hochwertige Eisenvisierung sollte für die Grundlagenausbildung und als Ersatzvisier bei widrigen Bedingungen vorhanden sein. Ergänzend dazu muss die Aufnahme eines Kombinationsvisiers für alle Entfernungsbereiche (wie beispielsweise das Elcan Specter) dazugehören. Die Feuerbereitschaft muss sich auch bei Dunkelheit, Nässe und Kälte herstellen und überprüfen lassen. Die gesamte Ausgestaltung der Waffe sollte außerdem mit verschiedenen Ausrüstungssätzen (Nachtkampfmittel) und Kleidungsgegenständen (Winterhandschuhe) kompatibel sein.


Das erste kaliberreduzierte Sturmgewehr der Welt, hier ein Colt Armalite M16A1,
im immer noch aktuellen NATO-Standard 5,56x45 Millimeter (Foto: Royal Armouries)


Technik
Das vorherrschende Technikkriterium für die Klassifizierung moderner Sturmgewehre ist seit vielen Jahrzehnten deren grundlegendes Funktionsprinzip. Wie das Sturmgewehr 44 nutzen auch AK-47 und alle Folgeentwicklungen den entstehenden Gasdruck zum Antrieb eines Gaskolbens, der Teil des Verschlussträgers ist (long stroke piston). Eine ganz andere Philosophie verfolgen Gasdrucklader wie das M16: Hier entfällt das Gasgestänge und die Wirkung wird direkt auf den kompakten Verschlussträger gelenkt (direct impingement). Obwohl dieses Funktionsprinzip bei korrekter Nutzung eine ganze Reihe von Vorteilen bietet, hat sich bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts eine Weiterentwicklung des Ur-Sturmgewehres durchgesetzt. In der westlichen Welt scheint es so, als hätten sich Sturmgewehre durchgesetzt, bei denen Gaskolben und Verschlussträger voneinander getrennt sind. Über beispielweise eine federgelagerte Antriebsstange als Bindeglied ist so weniger Masse für den Bewegungsvorgang notwendig (short stroke piston).  Dieser Mechanismus erlaubt einen Gewichtskompromiss zwischen den beiden erstgenannten Systemen, wobei die Vorteile der Gaskolbennutzung erhalten bleiben. Ein niedriges Waffengewicht bei zeitgleich hoher Robustheit und Eigenpräzision zu erreichen, bleibt eine große Herausforderung im Gewehrbau. Ein Ansatz das Gesamtgewicht nennenswert zu reduzieren liegt in der Verwendung neuer Werkstoffe. In dieser Hinsicht zeigte das in den 1990er Jahren eingeführte G36 der Bundeswehr eine gewisse Radikalität durch die umfassende Verwendung von Kunststoffbauteilen. Die bisherigen Versuche seit dem G11, eine hülsenlose Munition zur Serienreife zu bringen, blieben erfolglos. Da auch die letzten beiden großen Schritte in der Sturmgewehrentwicklung maßgeblich durch die Patronenentwicklung bestimmt waren, steckt möglicherweise in der flächendeckenden Einführung von Kunststoffhülsen Potential.

Fazit
Sturmgewehre müssen einfache Maschinen sein. Ein neues Sturmgewehr muss sich daher stets am Grad der Vereinfachung messen lassen. Weniger Bedienelemente, weniger Verschleißteile oder weniger notwendige Ausbildungszeit sind prominente Beispiele. Das Hinzufügen von unnötigen Anbauteilen und „Gadgets“ ist die dunkle Kehrseite der heutigen Modularität. Ob das „Sturmgewehr der Zukunft“ einfacher und effektiver sein wird, als eine AK oder ein M16 bleibt abzuwarten. Wahrscheinlich ist, dass uns in Details veränderte, aber ansonsten traditionelle Sturmgewehrkonzepte noch eine ganze Weile erhalten bleiben. So wie Waffenkultur. Wir schreiben auch in Zukunft über Gewehre, aber in einem weiteren Format: Das Infanterieporträt. Hier sollen ausgewählte Standardgewehre, deren Anwender und die genutzten Ausbildungskonzepte im Mittelpunkt stehen.


Gewehrkonzepte (1): Mk 12 Special Purpose Rifle

Gewehrkonzepte (2): Infantry Automatic Rifle 

Gewehrkonzepte (3): Anti-Material-Gewehr 

Gewehrkonzepte (4): Der Karabiner

Gewehrkonzepte (5): Cooper’s Scout Rifle

Gewehrkonzepte (6): Die Panzerbüchse

Gewehrkonzepte (7): Long Rifle

Gewehrkonzepte (8): Liberty Training Rifle

Gewehrkonzepte (9): Das Sturmgewehr





Donnerstag, 1. April 2021

Akademie 0/500® schließt ihre Pforten

 

Akademie 0/500® wird zum Herbst 2021 den Geschäftsbetrieb einstellen. Mit dieser Meldung überraschte der Anbieter von Schießausbildung vor einigen Tagen

 


Akademie 0/500® ist bekannt aufgrund der hohen Anzahl von Schießkursen, welche regelmäßig bundesweit sowie in Österreich, Tschechien und der Schweiz angeboten werden.
Das Spektrum reicht dabei von Grund- und Aufbaukursen für Pistole, Selbstladegewehr und Flinte, bis hin zu beliebten Fortgeschrittenenmodulen, wie dem Robust Pistol Management, dem Flinte Homedefense oder Scharfschützenkursen auf Ziele bis zu 1.200 Meter.
In den vergangenen 14 Jahren wurden weit über 5.000 Teilnehmer geschult.
Das Besondere an der Ausbildung bei 0/500 ist die methodische Trennung zwischen Grundfertigkeiten des Schießens und Schießtechnik. Grundfertigkeiten machen präzise. Schießtechnik macht schnell.

 



Gründe
Als Grund für den Rückzug nannte Inhaber und Kursleiter Henning Hoffmann sein bevorstehendes Engagement beim DFB als neuer Bundestrainer. Die Vertragsverhandlungen seien soweit fortgeschritten, dass man mit dieser Nachricht an die Öffentlichkeit gehen könne. „Ich mag Vereine und wollte immer schon mal eine Funktion ausüben, bei der man keinerlei Verantwortung trägt.“
Auf die Frage, ob er denn etwas von Fußball verstehe, antwortet Hoffmann: „Nein, aber das tun die jetzigen Funktionäre ja auch nicht. Darüber hinaus war Kompetenz auch ausdrücklich kein Vertragsbestandteil.“
Beim DFB erwarten Henning Hoffmann zahlreiche Baustellen. Was wird vorrangig angegangen? „Zuerst werde ich diesen nichtsnutzigen Bierhoff auf die Straße setzen.“

 



Service
https://0-500.org/