Montag, 15. April 2013

Woran erkennt man gute Schießausbildung?

Während eines Vortrags an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg wurde mir diese Frage von einem Zuhörer gestellt. Dieser Beitrag ist der Versuch einer Antwort.


Sicherheitserziehung
Gute Schießausbildung erkennt man vor allem daran, dass sie sich den 4 Sicherheitsregeln nach Jeff Cooper unterwirft. Es reicht dabei nicht, um diese Regeln zu wissen und sie herbeten zu können. Die 4 Sicherheitsregeln müssen auch gelebt werden. Mit diesen Sicherheitsregeln verhält es sich wie mit Grundrechten: Sie gelten immer, überall und für jeden. Das Sicherheitsprotokoll sollte der Tatsache Rechnung tragen, dass nach Sicherheitsregel #1 alle Waffen immer geladen sind.
Insbesondere Ausbilder, mit einem (schieß-)sportlichen Hintergrund, folgen häufig einem Sicherheitsprotokoll, wonach jede Waffe entladen ist. Ein fataler Irrtum. Schießunfälle sind vorprogrammiert.

Konzeptioneller Anspruch
Gute Schießausbildung sollte außerdem generisch sein und eine systematische Weiterentwicklung der Fertigkeiten des Schützen ermöglichen. Ohne sich dabei selbst zu widersprechen. Man sagt auch das Ausbildungskonzept sollte einfach, unabhängig, kohärent, doktrinfrei und robust sein.
Gute Schießausbildung ist somit weder komplex noch kompliziert. Sie ist jedem Teilnehmer mit Stift, Papier und wenigen Linien erklärbar.
Die Triangel der Schießausbildung beispielsweise, wie sie in der Schweiz entwickelt wurde, ist eine Möglichkeit, ein vollständiges Konzept abzubilden.
 




Grundfertigkeiten und Schießtechnik
Die vier Grundfertigkeiten des Schießens sind neben der Sicherheitserziehung und dem konzeptionellen Anspruch ein weiterer elementarer Baustein einer guten Schießausbildung. Visierbild, Haltepunkt, Abzugskontrolle und Nachzielen sind bei jeder Schussabgabe anzuwenden. Egal in welchem Umfeld, egal mit welchem Waffensystem. Grundfertigkeiten ermöglichen das Treffen.
Ein Gewehrkurs sollte darüber hinaus technische Elemente enthalten, wie bspw. das Nutzen von Referenzpunkten zwischen Mensch und Waffe. Außerdem sollten Standardschießpositionen wie der Kniendanschlag und Liegendanschlag so ausführlich besprochen und geübt werden, dass jeder Teilnehmer am Ende in der Lage ist, eine stabile Schießplattform ohne Hilfsmittel, wie Zweibein oder Sandsack aufzubauen.
Kurzum: Der Teilnehmer wird befähigt, sein Ziel zu treffen.
Das Waffensystem zum Funktionieren zu bringen und am Funktionieren zu halten, wäre ein weiterer wichtiger Punkt. Laden, Entladen und Störungsbeseitigung fallen in den Bereich der Handhabung. Gute Schießausbildung greift hier auf ein Baukastensystem zurück, indem möglichst viele Manipulationen an der Waffe mit demselben oder einem sehr ähnlichen Bewegungsablauf ausgeführt werden können. Ebenso gehört das Vermitteln einer Methode, zum effizienten Einschießen einer Langwaffe zum Bereich „Handhabung“ und sollte Bestandteil guter Schießausbildung sein.




Der Ausbilder
Neben den Lehrinhalten des Kurses sollte auch der Ausbilder hinterfragt werden. Mit wem hat der Ausbilder trainiert? Welche Referenzen hat er? Was vermittelt er? Wo wurde er zum Ausbilder ausgebildet? Auf diese Fragen muss ein Ausbilder Rede und Antwort stehen können. Die Frage danach, welche Lehrmeinung er vermittelt, sollte der Ausbilder ebenfalls beantworten können.
Erntet man stattdessen nur erstaunte Blicke oder den Lapidarsatz: „Ist doch egal. Hier geht es ums Treffen.“, sollte vom Kursbesuch Abstand genommen werden.
Hat der Ausbilder keine anderen Referenzen als ein paar gewonnene Schießsportwettkämpfe, ist es mit einem allgemeingültigen System der Waffenhandhabung auch nicht weit her. Hier sind allerhöchstens spezifische Wettkampftipps zu erwarten, die für die Masse der Endanwender von keiner Relevanz sein dürften.
Auch die ehemalige Zugehörigkeit des Ausbilders zur Spezialeinheit XYZ ist kein Garant für gute Schießausbildung. Mangelt es doch bei diesem Personal meist an Referenzen oder individuellen Weiterbildungsmaßnahmen.





Referenzen und Weiterbildung
Referenzen von Kursteilnehmern sind ein guter Anhalt aber nicht das Maß der Dinge. Welche Referenzen erhält der Ausbilder von anderen Ausbildern? Hat er die überhaupt?
Die persönliche Weiterbildung muss für jeden Ausbilder im Vordergrund stehen. Kursbesuche bei anderen Lehreinrichtungen sollten regelmäßig erfolgen. Schießausbilder sein ist kein Ziel, sondern ein Weg.




In der Realität angekommen
Ausbildungszeit ist immer eine knappe Ressource. Sie muss daher möglichst effizient genutzt werden. Ein Privatier hat im Monat mitunter nur eine, maximal ein paar Stunden Zeit für den Schießstandbesuch. Angehörige von Spezialeinheiten haben noch andere nicht unwichtige Sachen zu trainieren: z.B. Sprachen, Kommunikation, Medic, Taktik und Nachtoperationen und immer öfter auch die Rolle als Risk Manager oder Advisier. Für sie ist Schießen das kleine Einmaleins und bisweilen nicht einmal eine direkt missionsrelevante Fähigkeit.
Gute Schießausbildung sollte diesen Aspekten Rechnung tragen.

1 Kommentar:

  1. Insgesamt ausgezeichnet getroffen.

    Unterstreichen möchte ich noch einmal die Aussagen zum Ausbilder. Insbesondere der Punkt "...Spezialeinheit XYZ..." hat mir sehr gut gefallen. Ich werde in meinem Bereich oft auch damit konfrontiert. Nicht bedacht wird in diesem Zusammenhang oft, dass die alleinige Teilnahme als Schütze an einer Ausbildung noch keinen Ausbilder ausmacht. Eine fundierte methodisch didaktische Weiterbildung/Ausbildung fehlt meistens. Nicht zu unterschätzen ist weiterhin die bisher gesammelte Ausbildungserfahrung sowie ein fundierter und kontinuierlicher Plan zur Weiterbildung.

    Im Rahmen der Ausbildung einer größeren Organisation (z.B. Bw) ist die Ausbildung der Ausbilder D E R Schlüssel zum Erfolg.

    Weiter so Henning...!

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.