Montag, 12. Juni 2017

Leseempfehlung 13


Verschlusssysteme von Feuerwaffen
von Peter Dannecker

Paperback, 600 Seiten
Format: 23 x 17 x 3,1 cm
Verlag: dwj Verlags-GmbH, 4. überarbeitete und erweiterte Auflage, Blaufelden 2016
ISBN 978-3-936632-97-2
Preis: 39,95 Euro



Moderne Selbstladewaffen funktionieren in der Regel ohne Probleme, denn die technische Evolution hat im Zusammenwirken mit modernen Fertigungsverfahren für einen Grad an Perfektion gesorgt, der vor einigen Jahrzehnten noch nicht denkbar war. Im Zuge dieses Fortschritts haben sich einige Verschlusssysteme durchgesetzt, die in modernen Selbstladewaffen immer wieder anzutreffen sind. Zu nennen sind hier etwa der Browning- bzw. der modifizierte Browning-Verschluss bei Kurzwaffen oder der Drehkopfverschluss bei Langwaffen.

Bei vielen Waffenanwendern kommt früher oder später der Wunsch auf, die Funktionsweise von Selbstladewaffen auf einer tieferen technischen Ebene zu verstehen. Dazu gehört auch, den Blick zu weiten und ungewöhnliche oder in Vergessenheit geratene Systeme zu betrachten, die abseits des konstruktiven Mainstreams liegen. Peter Dannecker hat mit der nunmehr vierten Auflage seines Standardwerkes ein Buch verfasst, das für beide Zwecke einen guten Einstieg liefert.

Der Autor verfolgt ausweislich seiner Einleitung den Versuch, die Verschlussdefinitionen nachvollziehbar aufzugliedern, d.h. sie nicht mit einem Begriff wie z.B. „Rückstoßlader“ zu beschreiben, sondern in die vier aus Sicht des Autors wichtigen Elemente zu zerlegen. Diese sind (1) das Verriegelungselement, (2) das Übertragungsglied, (3) die Entriegelungsart und (4) die Verschlussantriebsart. Zusätzlich wird zu jedem Verschlusssystem jeweils ein Kinematikmodell dargestellt, das mittels eines einfachen grafischen Schemas - zusammengesetzt aus standardisierten Darstellungsgrundelementen - einen Eindruck über die Funktionsabläufe liefern soll.

In seiner Einleitung definiert Dannecker zunächst die im weiteren Verlauf des Werks verwendeten Einheiten und Bezeichnungen. Danach legt er seine Systematisierung der vier wesentlichen Verschlusselemente dar. So unterscheidet Dannecker hinsichtlich des Verriegelungselements zwischen stoffschlüssig, formschlüssig und kraftschlüssig. Bei Übertragungsglied, also dem verbindenden Element zwischen Waffengehäuse und Verschluss, differenziert er u.a. zwischen Schwenkriegel, Klappe, Hebel, Rolle, Kugel, Warze und Block. Die verschiedenen Entriegelungsarten unterscheidet er nach Fremdantrieb, Eigenantrieb oder dem Fehlen einer Entriegelung (z.B. Vorderlader). Hinsichtlich der Verschlussantriebsart differenziert der Autor zwischen dem Verschlussvor- und Rücklauf sowie dem Resteigengasdruck, der kinetischen Restenergie der bewegten Massen, dem Antrieb über einen Schleuderhebel etc. und natürlich dem Antrieb durch einen mechanischen Energiespeicher (Verschlussfeder).

Im Hauptteil des Buches werden sodann rd. 130 verschiedene Verschlüsse anhand der oben genannten Kriterien systematisiert und in ihrer Funktionsweise erläutert. Neben einer kurzen Funktionsbeschreibung enthalten die Darstellungen technische Zeichnungen, s/w-Fotografien sowie die o.g. Kinematikmodelle. Das Spektrum der behandelten Verschlüsse ist dabei außerordentlich weit gefasst, was viel zum Reiz des Buches beiträgt. So werden nicht nur längst vergessene Exoten behandelt, sondern auch moderne Jagdrepetierer, wie z.B. die Blaser R 93 und R 8 oder die Heym SR 30. Ebenso wenig fehlen Klassiker wie die C 93, die C 96, die P 08, die P 38, der Colt 1911, das StG 44 oder die MGs 08, 34 und 42. Den Bogen zu moderneren Modellen spannen z.B. die P 7, das M 16, verschiedene Modelle der AK-Familie und das G 11 bis hin zur Steyr TMP, der MP 7 und der Arsenal Strike One.

Das Buch ist sehr technisch orientiert und daher zum beiläufigen Lesen nicht geeignet. Ohne konzentriertes Mitdenken lassen sich die grafisch dargestellten mechanischen Abläufe - jedenfalls für den technisch nicht ausgebildeten Leser - nicht erfassen. Das kann freilich weder dem Buch noch dem Autor zum Vorwurf gemacht werden und schmälert seinen Wert als Nachschlagewerk in keiner Weise. Bedauerlich ist jedoch, dass sich der Verlag mit dem Layout des Buches nicht mehr Mühe gegeben hat. Es enthält stellenweise Seiten, deren Anblick an die gute alte Schreibmaschine bzw. die Anfänge der elektronischen Textverarbeitung erinnern. Eine derart aus der Zeit gefallene Erscheinung hat das Buch nicht verdient. Zudem ist es schade, dass zwar das Cover ein farbiges Kinematikmodell zeigt, diese Modelle im Buch aber allesamt schwarzweiss gehalten sind. Farbige Darstellungen wären hier indes besonders leserfreundlich, weil hierdurch die verschiedenen Funktionselemente leichter zu unterscheiden wären, was wiederum für das Verstehen der technischen Abläufe förderlich wäre.

Dies alles soll aber nicht die Leistung des Autors schmälern, dem eine zugleich kompakte und breit gefächerte Darstellung gelungen ist. Gerade deshalb hätte es das Buch verdient, in einer zukünftigen Auflage auch hinsichtlich der Darstellung überarbeitet und auf einen aktuellen Stand gebracht zu werden. Trotz der o.g. Kritik ist das Buch für den waffentechnisch ernsthaft Interessierten daher eine klare Kaufempfehlung. (md)





The SKS Carbine (CKC45g)
von Steve Kehaya und Joe Poyer

Paperback, 224 Seiten
Format: 21,6 x 14,1 x 1,5 cm
Verlag: North Cape Publications, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage, Tustin (USA) 2014
ISBN 978-1-882391-14-1
Preis: ca. 23 USD



Der SKS-45 ist eine Militärwaffe, die von den Streitkräften der UdSSR nur wenige Jahre lang verwendet wurde. Die Serienproduktion lief dort nur von 1949 bis 1955, da die AK-47 als moderneres Design bereits 1953 eingeführt wurde und den SKS-45 verdrängte. In Deutschland wurde die Waffe über lange Jahre als Kriegswaffe angesehen, was infolge rechtlicher Implikationen den legalen Erwerb von nicht modifizierten SKS-45 unmöglich machte. Diese rechtliche Einstufung hat sich jedoch durch eine Entscheidung des VG Wiesbaden vom 03.08.2015 geändert, sodass inzwischen gut erhaltene SKS-45 aus Arsenalbeständen auch hier verfügbar sind.

Die Literatur zu dieser interessanten Waffe ist jedoch vergleichsweise dünn gesät, sodass der Interessierte seinen Blick weiten und nach ausländischen Büchern Ausschau halten muss. Dabei stößt man unweigerlich auf das englischsprachige Buch der Autoren Steve Kehaya und Joe Poyer. Beide sind durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen ausgewiesene Experten auf dem Gebiet historischer und zeitgenössischer militärischer Langwaffen.

Im ersten Kapitel des Buches geben die Autoren über rund 20 Seiten einen kurzen Überblick zur Entwicklungsgeschichte des SKS-45. Behandelt werden die Ausschreibung zu Einführung eines Selbstladegewehrs in den Streitkräften der UdSSR von 1938, die Einführung des SVT-38 bzw. SVT-40 sowie die Entwicklung der Patrone M43 des Kalibers 7,62x39 mm. Sehr kurz dargestellt werden sodann experimentelle Abwandlungen des SKS-45 sowie der militärische Einsatz der Waffe. Ferner geben die Autoren einen Überblick zu den heute erhältlichen Varianten des SKS-45, z.B. dem russischen Modell, den Varianten aus der DDR, Jugoslawien, Nordkorea und insbesondere aus China, wo verschiedene Varianten ausschließlich für den US-Zivilmarkt produziert wurden.

Im zweiten Kapitel versuchen die Autoren einen Überblick zu den Seriennummern und den Produktionszahlen der Varianten aus Russland, Albanien, der DDR, Nordkorea, Nordvietnam, Rumänien und Jugoslawien zu geben. Dabei räumen sie ein, dass infolge der militärtypischen Geheimhaltung zu Seriennummernbereichen und Produktionszahlen viele Angaben zwangsläufig vage sind und auf Marktbeobachtungen beruhen. Mittels einer Vielzahl von Tabellen, Stempeldarstellungen, Schwarzweiss- und Farbbildern gibt das Buch dem interessierten Leser jedoch zumindest Anhaltspunkte für die zeitliche Zuordnung einer bestimmten Waffe. Daneben werden die verschiedenen Produktionsländer in alphabetischer Reihenfolge abgehandelt und es werden mittels erläuternden Texten und Bildern die jeweilige Geschichte der SKS-Produktion in diesem Land sowie die für die jeweilige Landesvariante typischen Merkmale dargestellt.

In den nachfolgenden Kapiteln wird auf die einzelnen Baugruppen des SKS-45 in aller Ausführlichkeit eingegangen und auch bei dieser Gelegenheit werden ausführlich die Unterschiede zwischen verschiedenen Ländervarianten dargelegt. Behandelt werden insbesondere der Schaft, das Verschlussgehäuse, Verschluss und Verschlussträger, der Abzugsmechanismus, das integrierte Magazin, Lauf und Gassystem, das Bajonett sowie das Putzwerkzeug und das Munitionstragezubehör.

Abgeschlossen wird das Buch durch eine Vielzahl von Anhängen. Diese enthalten u.a. eine Explosionszeichnung des SKS-45 samt einer Bezeichnung aller 85 Einzelteile der Waffe, eine kurze Darstellung der Patrone M43 sowie eine ballistische Tabelle dieser Munition bei der Verwendung im SKS-45. Ferner finden sich dort z.B. Hinweise zur Zerlegung und Reparatur, zur Auswahl eines SKS-45, zur Verwendung der Visierung, zur Behandlung von Fehlfunktionen sowie zur Wartung der Waffe.

Das Buch ist durchgehend sehr knapp gefasst, was sowohl seine Stärke, als auch seine Schwäche ist. Einerseits werden eine Vielzahl von Themen abgehandelt, aber an vielen Stellen bleibt der Leser mit dem Wunsch zurück, tiefergehende Informationen zu erhalten. Zudem enthalten die Ausführungen zur Verwendung der Waffe oder zur Fehlersuche nichts, was über Selbstverständlichkeiten hinausgeht. Womöglich wäre es hier sinnvoller gewesen, auf diese Teile zu verzichten und den gewonnen Platz für eine detailliertere Darstellung der Entwicklungsgeschichte zu nutzen. Zur Verteidigung der Autoren ist freilich zu bemerken, dass das Buch über ein Literaturverzeichnis verfügt und der Leser so die Möglichkeit hat, bei Interesse tiefer in die Materie einzusteigen. Als kompaktes Einstiegswerk ist das Buch daher ohne Zweifel geeignet. (md)




Hot Defense
von Derek Rosenfield (USA)

Format: DIN A5, Softcover, 160 Seiten, durchgehend bebildert.
Verlag: S.Ka.-Verlag, 1. Auflage (März 2017)
ISBN: 978-3-9815795-3-6
Preis: 19,90 Euro


Pfefferspray gehört zu den am Weitesten verbreiteten Mitteln zum Selbstschutz. Gleichzeitig dürfte es das Mittel mit dem höchsten Talismanfaktor sein: Es wird gekauft und mitgeführt, ohne sich weiter damit beschäftigt zu haben.
"Hot Defense" befasst sich in 8 Kapiteln auf 160 Seiten umfassend mit dem Thema Pfefferspray.
Nach einem kurzen Abriss der rechtlichen Aspekte wird zunächst der biologische Hintergrund der Wirkung umfassend erläutert. Hier erfährt der Leser etwa, wie Schärfegrad und Konzentrationsangabe zu deuten sind und was diese Kennzahlen nicht leisten können.
Praxisrelevanter sind die aufgeführten technischen Aspekte, die ein schlechtes von einem guten Produkt unterscheiden, z.B. die Art der Entsperrung und die Möglichkeit, mit kopfüber gehaltener Dose sprühen zu können.
Hier findet sich auch ein Vergleich verschiedener Produkte in Bezug auf Reichweite, Bedienbarkeit, Sprühverhalten usw. Im Zuge einer kleinen Marktübersicht wird ausdrücklich und löblicherweise vor verschiedenen Billigprodukten und praxisfernen Spielereien gewarnt.
Auch im folgenden Kapitel wird hinsichtlich der praktischen Anwendung stets betont, wie wichtig Aufmerksamkeit und Situationsgespür sind, im Grunde wichtiger als das Pfefferspray selbst.
Eine umfassende Behandlung der Vorkampfphase hätte hier jedoch den Rahmen gesprengt.
Ebenso ist der Kontext auf zivile Selbstverteidigung begrenzt; wer dienstlich Pfefferspray führt, wird sich hier nur bedingt wiederfinden.
Im Erste-Hilfe-Kapitel wird verdeutlicht, dass die eigenen Möglichkeiten ohne größeren logistischen und zeitlichen Aufwand eher beschränkt sind. Immerhin reinigen sich die Augen nach einer Exponierung selbst, aber diesen Prozess muss man größtenteils einfach aushalten und aussitzen.
Tipps bezüglich verschiedener im Alltag auffindbaren Alternativen zu eigens hergestellten Gegenmitteln fehlen hier leider ebenso wie das Vorgehen für die mittelfristig nötige Dekontamination von Kleidung und Körper.
Etwas verrannt hat man sich mit weiteren Selbstverteidigungsmitteln wie Schreckschusswaffen, Kubotan und anderen. All das kann nur kurz angerissen werden und die Betrachtung bleibt daher oberflächlich.
"Hot Defense" bietet insgesamt einen guten Einstieg in das Thema Pfefferspray, insbesondere in technischer Hinsicht. (tb)

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