Störungsbeseitigung ist ein eigenständiger
Ausbildungsabschnitt. Er sollte so früh wie möglich mit in die
Individualausbildung integriert werden. Je einfacher die Abläufe strukturiert
sind, desto größer ist der Lernerfolg. Wir beschreiben einen doktrinfreien,
nicht-diagnostischen Ansatz
Schusswaffen allgemein und insbesondere moderne Gebrauchspistolen sind technisch gesehen relativ einfache Maschinen ohne größere Geheimnisse in Aufbau und Funktionsweise. Wie jede andere Maschine auch, kann ebenso eine Gebrauchswaffe störungsbedingt ihren Dienst versagen. Die Störungsursachen sind dabei identisch zu anderen Maschinen. Verschmutzung, Verschleiß, Fehlbedienung oder falsche Betriebsstoffe werden bei jeder Maschine immer und überall eine Störung hervorrufen. Übertragen auf Feuerwaffen bedeutet das, wer seine Waffe nicht reinigt, nicht instand setzt, keine Ahnung hat, sie richtig zu bedienen oder die falschen Betriebsstoffe (Munition) verwendet, wird eher früher als später mit Waffenstörungen konfrontiert sein.
Ziel
Das Ziel jeder Störungsbeseitigung ist, seine Waffe
schnellstmöglich wieder in Feuerbereitschaft zu versetzen. Völlig unerheblich
ist dabei der Grund der Störung. Für eine Analyse bleibt prinzipiell keine
Zeit.
Zwei Ansätze
Die Schießausbildung kennt zum Thema Störungsbeseitigung
zwei Ansätze. Der eine Ansatz kategorisiert Störungen nach Art ihrer
Entstehung. Der zweite Ansatz nach Art ihrer Beseitigung. Ansatz 1) setzt die
Kenntnis der vier Störungstypen voraus. Um eine Störungsbeseitigung einleiten
zu können, muss der jeweilige Störungstyp analysiert bzw. diagnostiziert
werden. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Wahrnehmungs- und
Gehirnkapazität, die situationsbedingt unter Umständen nicht zur Verfügung
steht. Spätestens bei Dunkelheit ist der Analyse- und Diagnoseansatz obsolet.
Nicht-diagnostisches
System
Die Alternative stellt hier ein nicht-diagnostisches System
der Störungsbeseitigung dar. Störungen werden nach Art der Beseitigung
kategorisiert, nicht nach Art der Entstehung. Die Anzahl der möglichen
Handlungsoptionen reduziert sich von vier (Störungstypen) auf zwei (Beseitigungsroutinen).
Nämlich eine unmittelbare Störungsbeseitigung gefolgt von einer erweiterten
Störungsbeseitigung im Bedarfsfall.
Vorteilhaftigkeit
Die Vorteilhaftigkeit zeigt sich zum einen in der
Ausbildungsfähigkeit des Systems. Zwei Varianten sind einfacher zu erklären,
als vier Varianten. Gleichsam sind sie vom Auszubildenden schneller zu
verstehen. Die erworbenen Fertigkeiten lassen sich des Weiteren mit wesentlich weniger
Trainingsaufwand aufrechterhalten.
Da das System keine visuelle Störungs-Diagnose voraussetzt,
sondern einfach nur stumpf eine bzw. zwei Störungsbeseitigungsroutinen
abgearbeitet werden müssen, funktioniert das System auch bei kompletter
Dunkelheit.
Die erforderlichen Waffenmanipulationen sind dabei so
ausgelegt, dass eine größtmögliche Universalität eintritt. Alle Handgriffe sind
Pistolenmodell unabhängig anwendbar.
Alle Handgriffe entsprechen einem grobmotorischen
Bewegungsansatz und bleiben somit auch noch bei Kälte oder im Zustand von hoher
körperliche Belastung und Angst durchführbar.
Unmittelbare
Störungsbeseitigung
Typischer Indikator für eine Waffenstörung ist das Klick;
das lauteste Geräusch, das es gibt, wenn man ein Bumm erwartet. Dem Klick folgt
unmittelbar die erste Beseitigungsroutine, weshalb diese Waffenmanipulation
auch unmittelbare Störungsbeseitigung genannt wird. Der Schütze bringt die
Pistole zurück in die sog. Nachladeposition, schlägt mit der Unterstützungshand
auf das Magazin und repetiert den Verschluss. Etwa 80% aller Störungen lassen
sich so beseitigen. Zeitansatz unter einer Sekunde. Die unmittelbare
Störungsbeseitigung endet, indem die Waffe wieder in Anschlag gebracht wird und
sofern das die Situation erfordert, ein Folgeschuss abgegeben wird.
Erweitertet
Störungsbeseitigung
Führt die unmittelbare Störungsbeseitigung nicht zum Erfolg,
d.h. es bricht immer noch kein Schuss, geht der Anwender über zur erweiterten
Störungsbeseitigung. Die erforderlichen Handgriffe sind hierbei umfangreicher. Zwar
ließen sich die Handgriffe Pistolenmodell abhängig reduzieren, diese
Spezifikation würde jedoch die Universalität des Systems einschränken. Universell
anwendbar ist folgender Ablauf:
Der Verschluss der Pistole wird mittels Schlittenfanghebel
arretiert. Das Magazin wird entfernt (und wenn immer möglich am Körper
verstaut). Der Verschluss wird mehrmals repetiert, um den Störungsverursacher
aus der Waffe zu entfernen. Das ist der wesentliche Teil dieser Prozedur. Im
Anschluss daran wird, sofern vorhanden, ein neues Magazin in die Waffe
eingeführt, der Verschluss repetiert und weiter geschossen, sollte das die
Situation erforderlich machen. Ist kein neues Magazin verfügbar, muss das
Magazin verwendet werden, welches während der Störungsbeseitigung entnommen und
gesichert worden ist.
Pufferpatronen sind als originales Glock-Zubehör erhältlich.
50 Stück für etwa 30 Euro
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Hilfsmittel
Sinnvolles Zubehör zum Training im nicht-diagnostischen
System können sog. Pufferpatronen (engl. Dummy Rounds) sein. Diese sind bspw.
als originales Glock-Zubehör erhältlich.
Empfehlenswert ist die Verwendung von
Kunststoff-Pufferpatronen, da diese in der Anschaffung günstiger sind (50 Stück
ca. 30 Euro). Insbesondere die Glock-Pufferpatronen sind derart
widerstandsfähig gegen Abnutzung, dass Pufferpatronen aus Messing keinen
nennenswerten Vorteil bieten. Ein Schwund entsteht eher durch Verlust und
weniger durch Verschleiß. Oftmals werden heraus repetierte Dummy Rounds auf dem
Schießstandboden nicht wiedergefunden.
Im Training werden pro Magazin willkürlich ein bis zwei
Pufferpatronen mit aufmunitioniert. Im Schießbetrieb werden die „Dummies“ eine
Störung verursachen, die vom Anwender diagnosefrei zu beseitigen ist.
Dummy-Rounds vom US-amerikanischen Markt sind nicht
annähernd so widerstandsfähig, wie die Glock-Pufferpatronen. Relativ schnell
brechen unter der Einwirkung der Ausziehkralle Teile des Hülsenbodens ab. Was
im Training wiederum völlig andere Störungsmuster erzeugen kann. Wenn aufgrund
zu hohen Verschleißes die Pufferpatrone mittels Beseitigungsroutine überhaupt
nicht mehr aus dem Patronenlager entfernt werden kann, wird das Training
spätestens unrealistisch.
Störungstypen
Auch wenn die vier Störungstypen für die Arbeit im
nicht-diagnostisches System belanglos sind, kann die Kenntnis dieser
Störungstypen hilfreich sein, um bei immer wiederkehrenden Waffenstörungen
bspw. technische Probleme an der Waffe einzugrenzen oder zu analysieren.
Zum Training sollten pro Magazin zwei Pufferpatronen
willkürlich mit aufmunitioniert werden
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Service
Das nichtdiagnostische System der Störungsbeseitigung ist Lehrinhalt der Pistolenkurse Surgical Speed Shooting sowie Robust Pistol Management bei Akademie 0/500
Surgical Speed Shooting
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