Vorbereitet sein, heißt nicht damit zu rechnen. Es heißt,
darauf zu warten. Die schwedische Regierung bereitet ihre Bevölkerung dieser
Tage auf den Krisen- und Kriegsfall vor, indem eine Infobroschüre an alle
Haushalte gesendet wird.
Wir, die Leute, „die schon länger hier wohnen“, haben die gesellschaftspolitischen
Änderungen der letzten Jahre weder verursacht noch zu verantworten. Wir müssen
nur mit den Konsequenzen leben, die aus politischer Verantwortungslosigkeit
heraus entstanden sind. Mittlerweile sind diese Konsequenzen deutlich spürbar.
Es ist schon längst nicht mehr nur ein gefühlter Verfall an innerer Sicherheit,
sondern ein tatsächlicher; statistisch nachgewiesen in der
Kriminalitätsstatistik des BKA. Die Erkenntnis, am Ende mit seinen Vorahnungen
doch Recht behalten zu haben, ist freilich von denkbar geringem Wert und hat
noch niemanden weitergeholfen.
Die Stimmung in unseren westlichen Gesellschaften ändert
sich. Der Schwede, der jeden Morgen aufsteht, um auf Arbeit zu gehen, seine
Familie ernährt und durch seine Steuerzahllast das System am Laufen hält, dürfte
dabei die Dinge nur unwesentlich anders sehen, als sein deutsches Pendant.
„If crisis or war
comes“
„Diese Broschüre soll uns dabei helfen, auf das was kommen
könnte, besser vorbereitet zu sein.“, heißt es in der Präambel, verfasst von
der schwedischen Zivilschutzbehörde. Bezeichnend ist die Formulierung „uns“.
Offensichtlich gibt es in Schweden noch eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl.
Und das wird behördenseitig sogar noch gefördert.
Wenn die Krise oder der Krieg eintritt; unter diesem Titel
gliedert sich der Inhalt in drei Teile: Emergency Preparedness, Total Defence
und Warning Systems.
Emergency
Preparedness
Im ersten Teil wird kurz und auf den Punkt gebracht erklärt,
welche Faktoren zu einer Krise führen können sowie die unmittelbaren Folgen
aufgezählt, wie sie jeden Einwohner im gewohnten Tagesablauf treffen werden. In
den anschließenden Hinweisen wird immer wieder deutlich gemacht, dass es im
Notfall wichtig wird, einander zu helfen und diejenigen zu unterstützen, die
massiver betroffen sind, als man selbst. Der zweite Rote Faden in diesem
Ratgeber, ist der Hinweis auf bewusst lancierte Falschinformationen, welche die
Resilienz und den Verteidigungswille schwächen sollen. Die Grundidee, wie
Falschinformation erkannt und gefiltert werden können ist zusammengefasst auf
Seite 6 nachzulesen.
Spätestens jedoch ab Seite 7 wird deutlich, dass es den
Schweden bei Weitem nicht nur um die Vorsorge für „unwetterbedingte
Naturkatastrophen“ geht. Der Fokus liegt deutlich bei einer Gewaltanwendung
durch Dritte entweder ausländischer oder inländischer Feinde. Lies: Krieg oder
Terroranschläge.
Total Defence
„Wenn Schweden von einem anderen Land angegriffen wird,
werden wir uns nie ergeben. Jede Information, der Widerstand sei aufzugeben,
ist eine Falschmeldung.“ Die Kernaussage der gesamten Broschüre ist auf Seite
12 im zweiten Kapitel unter dem Konzept der Totalverteidigung als rot
hinterlegter Textteil in zwei Sätzen zusammengefasst.
Die schwedische Regierung gesteht dabei ein, dass die
letzten Jahre zu sehr von einer Friedenszeitenpolitik beeinflusst wurden und
sich der Fokus zu sehr auf Naturkatastrophen und Angriffe durch Computerhacker
richtete. Kriegerische Konflikte wurden als obsolet eingestuft und die
Wehrpflicht in 2010 abgeschafft. Die sich verändernde Geopolitische Lage hat die
schwedische Regierung jedoch zu einem Umdenken veranlasst. Ein Umdenken, bei
dem die Sicherheit des eigenen Volkes an oberer Stelle steht. Schweden hat die
allgemeine Wehrpflicht vor etwa einem Jahr wieder eingeführt. Gleichzeitig wird
das Land seinen Zivilschutz neu orientieren. Auch hier gesteht die Regierung
offen ein, dass es einige Zeit dauern wird, bis Widerstandswille und
Verteidigungsfähigkeit in allen gesellschaftlichen Teilbereichen wieder voll
entwickelt sein wird.
Warning Systems
Im dritten Teil der Broschüre werden die Warnsysteme und
Informationskanäle beschrieben, auf welche die schwedische Bevölkerung zu
achten hat. Zurückgegriffen wird hierbei auf Radio und Sirene. Ein mit
Babyzellen betriebenes UKW-Radio zu nutzen, wirkt vielleicht ein wenig
anachronistisch, wird im Verteidigungsfall aber zeitgemäß und heißbegehrt sein.
Ebenso, wie ein Analogtelefon im Haus zu haben.
Educate yourself!
Am Ende stehen noch zwei Hinweise: Educate yourself! und Get
involved! Bildet Euch weiter und macht mit. Schwedens Zivilschutzorganisationen
haben verschiedene Seminare und Trainingsprogramme im Angebot. Im Ernstfall
wird es Dein Beitrag sein, der den Unterschied macht.
Fazit
Mit dieser Broschüre begibt sich Schweden wieder in den
OODA-Loop nationaler Verteidigungsbereitschaft. Etwas Vergleichbares ist in
einer post-heroischen und anti-soldatischen Bundesrepublik Deutschland
undenkbar. Die Bundesregierung zieht es vor, ihre Bürger „lieber nicht
beunruhigen“.
Nach Heinrich Heine:
„Sie sang das alte Entsagungslied.
Das
Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den
großen Lümmel.“
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