Freitag, 15. Januar 2021

Die Meile - mille passus

 

In einer Zeit, als das metrische System noch nicht relevant war, erfolgte die Angabe des Längen- oder des Wegemaßes über die Maßeinheit Meile. Weltweit und epochenübergreifend existieren mehr als ein Dutzend Meilen ganz unterschiedlicher Länge. Es gibt drei Arten der Herleitung: Das Schrittmaß, das Bogenmaß oder die Daumenbreite

Das eigene Schrittmaß zu kennen und seine Schrittzyklen zu zählen,
um daraus die Wegstrecke oder auch die Wegezeit zu berechnen,
ist beim Orientieren im Gelände wichtig


Schrittmaß
Schon seit jeher versuchten Menschen ein Längen- oder Wegemaß über etwas zu definieren, was sie immer dabei hatten: Nämlich ihre Schrittlänge. Im Römischen Reich entsprach die Meile eintausend Schritten. Aus dem Wort „mille“ für eintausend entstand der Begriff der „Meile“.
Definiert sich die Meile über das Schrittmaß, ist von Bedeutung, ob dabei mit Einzelschritten gerechnet wird oder ein kompletter Schrittzyklus aus zwei Schritten zu Grunde liegt. Im alten Rom rechnete man mit dem Schrittzyklus; also eintausend Doppelschritten (mille passus). Ferner spielt bei der Herleitung über das Schrittmaß auch die durchschnittliche Körpergröße eine wesentliche Rolle für die Gesamtlänge der Meile. Bei den Römern ergab sich eine durchschnittliche Schrittlänge von etwa 74 Zentimetern. Eintausend Doppelschritte führten demnach zu einer Meile, die heute etwa 1.480 Metern entsprechen würde.

Preußische Landmeile
Eine grundlegend andere Definition erhielt die Meile im Preußen des 18. Jahrhunderts. Die Preußische Landmeile beruht auf 10.000 Einzelschritten. Ihre Bedeutung war weniger die, eines Längenmaßes, sondern diente vielmehr zum Abschätzen der Reisezeit in Wegstunden. Die Preußische Landmeile entsprach etwa zwei Wegstunden zu Fuß oder eine Wegstunde mit Pferd oder Postkutsche. Gab der Meilenstein am Wegesrand eine Entfernung von fünf Meilen an, wusste der malträtierte Postkutschenreisende sein Ziel noch etwa fünf Stunden entfernt.
Später definierte das Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes Nr. 28 von 1868 die Preußische Landmeile mit exakt 7.500 Metern. Was wiederum einem Einzelschrittmaß von 75 Zentimetern entsprach.

Die Preußische Meile ist gleich zwei Stunden zu Fuß
oder eine Stunde mit Pferd oder Kutsche



Daumenbreite
In den Vereinigten Staaten von Amerika gilt heute noch die Daumenbreite als Grundlage der Herleitung für die Meile. Der Zoll, oder auch das Daumenbreit (engl. inch) ist mit 2,54 Zentimeter definiert. Zwölf Zoll ergeben ein Fuß (engl. foot) mit 30,48 Zentimeter. Drei Fuß ergeben den Yard mit exakt 91,44 Zentimeter Länge. Wiederum 1.760 Yard ergeben eine Meile mit exakt 1.609,34 Metern. Eine Meile entspricht demnach der Breite von 63.360 Daumen.

Bogenmaß
Die anspruchsvollste Herleitung baut auf dem Bogenmaß auf. Das Resultat ist die Seemeile [sm] oder auch nautische Meile [NM]. Die Seemeile entspricht 1/60 des Breitengrades am Äquator: Also der Bogenlänge einer Winkelminute. Am Äquator gemessen sind das 1.843 Meter; an den Polen gemessen 1.862 Meter. Die Internationale Organisation für Normung (ISO) hat die Seemeile im 20. Jahrhundert auf exakt 1.852 Meter festgelegt. Die daraus abgeleitete Geschwindigkeit ist Seemeile pro Stunden, auch Knoten genannt.

Vermeintliche Gleichnisse
Wird das Längenmaß Seemeile nur oft genug dividiert und dabei großzügig genug gerundet, ergeben sich vermeintliche Gleichnisse zu den kuriosesten historischen Maßen. Bspw. entspräche dann der tausendste Teil einer Seemeile genau einem Faden (auch als Klafter bezeichnet). Ein Faden wiederum entspricht genau 6 Fuß; also 182,88 Zentimeter. Was wiederum der Spannweite beider Arme eines ausgewachsenen Mannes gleich kommen solle.

Tatsächliche Ungleichnisse
Ende des 19. Jahrhundert führte das Missverständnis über die tatsächliche Länge einer Meile zu Ungemach mit der einheimischen Bevölkerung im südlichen Afrika.
Die beiden Bremer Kaufleute Adolf und August Lüderitz erwarben an der Westküste Afrikas einen Landstreifen, der von der Küste aus genau 20 Meilen ins Landesinnere reichen sollte. Dem Stamm der Nama, der komplementären Vertragspartei, war jedoch nicht vollends bewusst, dass sich der Deutsche Lüderitz auf eine Preußische Meile mit 7,5 Kilometer berief und nicht auf die rund 1,6 Kilometer einer Seemeile. Somit erwarb er einen 150 Kilometer breiten Streifen Land, anstatt nur 32 Kilometer.
Das Gebiet sollte bald darauf als Schutzgebiet Deutsch-Südwest und später als Namibia in die Geschichte eingehen und der Handel als so genannten „Meilenschwindel“.

Schrittmaß heute
Das eigene Schrittmaß zu kennen, ist beim Orientieren im Gelände von großer Bedeutung und Nutzen. Empfehlenswert ist, mit einem Doppelschritt, also dem kompletten Schrittzyklus, zu arbeiten und bspw. immer auf dem linken Fuß zu zählen. Das persönliche Schrittmaß kann im Alltag auf Wegstrecken bestimmt werden, deren Länge bekannt ist. So können bei einer Person von 1,80 Meter Körpergröße bspw. Einhundert Schrittzyklen einer Wegstrecke von 180 Metern entsprechen. Mit etwas Übung liegt die Toleranz beim Bestimmen der zurückgelegten Wegstrecke bei deutlich unter fünf Prozent. Das Schrittmaß kann sich je nach Steigung oder Traglast um fünf bis sogar zehn Prozent verkürzen. Auch dieser Wert sollte im Alltag im Selbstversuch ermittelt werden.

Mehr dazu in "Die Waffenkultur" Nr. 54

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