Dienstag, 13. Oktober 2020

Glock 17 Gen. 4 Schnittmodell


Schnittmodelle bringen für Lehrgangsteilnehmer einen besonders hohen Weiterbildungseffekt. Das trifft nicht nur auf Schusswaffen zu, sondern auf alle Maschinen, deren Innenleben und somit auch Funktionszusammenhänge normalerweise verdeckt sind


Ob es ein Verbrennungsmotor ist, ein Passagierdampfer oder andere komplexe oder weniger komplexe Gegenstände; Schnittmodelle haben einen besonderen Reiz, geben sie doch den Blick auf sonst verborgene Details frei. Bei Aus- und Weiterbildungen tragen diese Cutaway Modelle regelmäßig zum besseren Verständnis für Funktionszusammenhänge bei.
Der Pistolenhersteller Glock bietet verschiedene Schnittmodelle an. Sammler oder andere Interessierte, die daraufhin freudestrahlend zum Bestelltelefon greifen möchten, werden enttäuscht: Die Schnittmodelle werden nur an Behörden vertrieben.


Der Verkauf von Glock Schnittmodellen erfolgt ausschließlich an Behörden
Die orangenen Pufferpatronen sind zwar von Glock, aber nicht im Lieferumfang enthalten



Rechtliche Einordnung
Waffenrechtlich wird das Schnittmodell einer Glock als Schusswaffe behandelt. Das Griffstück ist voll funktionsfähig und somit ein wesentliches Waffenteil im Sinne des Waffengesetzes. Der Importeur RUAG Ammotec führt das Schnittmodell als Ganzes im Waffenbuch. Wodurch es komplett eintragungspflichtig ist. Ein Weiterverkauf in den Zivilmarkt ist untersagt. Dazu verpflichtet sich der Endabnehmer beim Erwerb.


Warnhinweis: Keine scharfe Munition


Konstruktive Merkmale
Für die Schnittmodelle existiert ein eigener Nummernkreis. Derzeit mit den Buchstaben JQ. Jedes Glock Schnittmodell wird auftragsbezogen aus einer Glock Pistole gefertigt. Folgerichtig sind alle Einzelteile mit scharfen Waffen des gleichen Modells kompatibel und austauschbar. Scharfe Patronen werden im Schnittmodell ebenso zugeführt, wie in einer normalen Glock. Der Hersteller gibt einen expliziten Hinweis darauf, dass das zu unterlassen sei; gesonderte Sicherheitsvorkehrungen in Form von Über- oder Mindermaßen besitzt das Schnittmodell aber nicht. Lediglich der Schlagbolzen ist modifiziert und wird ohne Zündspitze geliefert. Das vorgestellte Schnittmodell gehört zur Gen. 4. Es verfügt also noch über den Sicherungsstift des Verriegelungsblocks und über eine Abzugsfeder, die auf Zug belastet wird.

Das Griffstück ist voll funktionsfähig. Aufgrund der Materialwegnahme u.a. auch am Verriegelungsblock ist es für den scharfen Schuss jedoch nicht mehr geeignet

Der Schlagbolzen besitzt keine Spitze. Wodurch die Zündung einer Patrone zuverlässig verhindert wird


Lernkurve
In der Tat ist im Werkstattkurs der Lerneffekt, den dieses Schnittmodell ermöglicht außergewöhnlich. Insbesondere die Funktionsweise der drei unabhängig voneinander arbeitenden Sicherungen und das Zusammenspiel der Federn in einer Glock lassen sich durch die Sichtfenster beobachten.

Die Schlagbolzensicherung bei einem gespannten Abzug

Während des Abkrümmens deaktiviert die Nase der Abzugsstange die Schlagbolzensicherung

Die Schlagbolzensicherung bei einem entspannten Abzug


Federn entspannen?
„Ich schlage meine Waffe leer ab, um die Federn zu entspannen.“, diese Aussage gehört zu den hartnäckigsten Mythen in der Schusswaffenszene und sie ist in mehrfacher Hinsicht grober Unfug. Grundsätzlich ermüden Federn nicht unter permanenter Spannung, sondern durch Gebrauch. Da alle modernen Gebrauchswaffen dafür konstruiert wurden, immer schussbereit geführt zu werden, erfüllen auch sämtliche verbaute Federn diese Zweckbestimmung. Der Anwender tut seiner Waffe also keinen „Gefallen“, indem er sie „leer abschlägt“. Die Lebenszeit der Waffe oder irgendeiner Feder verlängert sich dadurch auch nicht um die kleinste Einheit.
In Bezug auf Glock Pistolen werden dennoch gern die Schlagbolzenfeder und die Abzugsfeder genannt, die zu entspannen wären. Mit einem Blick ins Schnittmodell stellt sich die Situation jedoch anders dar.

Schussbereit: Schlagbolzenfeder teilvorgespannt. Schlagbolzensicherung aktiv (Normaler Tragezustand)

Abgekrümmt: Schlagbolzen in vorderer Position. Schlagbolzensicherung deaktiviert


Schlagbolzenfeder
Glock Pistolen besitzen ein teilvorgespanntes Abzugssystem. Die Schlagbolzenfeder steht permanent unter Druckspannung; unabhängig vom Ladezustand der Waffe. Ein Entlasten der Schlagbolzenfeder ist nur möglich, wenn sie aus der Schlagbolzenbaugruppe ausgebaut werden würde. Aber nicht durch das Leerabschlagen der Waffe.

Abzugsfeder
Bis einschließlich Gen. 4 ist in Glock Pistolen eine Abzugsfeder verbaut, die permanent unter Zugspannung steht. Diese Zugspannung erreicht beim Abkrümmvorgang ihr Maximum. Auch die Abzugsfeder ist nach einem Leerabschlagen nicht zu 100% entlastet.
Optional konnte die Abzugsfeder schon immer gegen den so genannten New-York-Trigger ausgetauscht werden. Die Feder in einem New-York-Trigger erfährt keine Zugspannung, sondern Druckspannung. Wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Reißens der Feder drastisch reduziert wird.

Schussbereit: Abzugsfeder bei einem gespannten Abzug

Abgekrümmt: Die Abzugsfeder ist bei einem entspannten Abzug keineswegs völlig entlastet


Feder der Schlagbolzensicherung
Eine Feder, die in der Betrachtung zum „Federn entspannen“ gern vernachlässigt wird, ist die Feder der Schlagbolzensicherung. Diese ist im Normalzustand immer nahezu entlastet, wodurch sie die Schlagbolzensicherung aktiviert. Erst beim Abkrümmen wird die Schlagbolzensicherung durch die Nase an der Abzugsstange nach oben gedrückt und damit deaktiviert. Die Feder wird dabei unter Druckspannung gesetzt. Nach dem Schuss entlastet sich die Feder wieder indem die Schlagbolzensicherung aktiviert wird. Es sei denn, der Abzug bleibt, wie beim „Leerabschlagen“ unvermeidbar, in der hinteren Position. Dann steht die Feder der Schlagbolzensicherung weiterhin unter Druck.

Service
Termine für Glock Werkstattkurse bei Akademie 0/500 in 2023: https://0-500.org/page/Termine

20. Oktober 2023 in Melle




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