Dienstag, 14. Oktober 2025

Der Boxtest

 

Für das Einschießen eines Gewehrs ist die Kenntnis über reale Verstellwerte sowie die Verstellrichtung der eigenen Optik grundlegend. Mit dem „Boxtest“ können diese Informationen binnen zehn Minuten gewonnen werden. Eine sinnvolle Trainingseinheit in Sachen präziser Einzelschuss ergibt sich ganz nebenbei



Beim Einschießen eines Gewehrs scheitert der Anwender nicht selten an der Unkenntnis über das reale Klickmaß seiner Optik bzw. Visiereinrichtung; also den tatsächlichen Verstellweg, den ein Klick an der Verstelleinrichtung verursacht. Das gleiche trifft auf die Verstellrichtung zu. Muss zur Treffpunktkorrektur nach links oder nach rechts gedreht werden?
Gleichwohl handelt es sich hierbei um Basiswissen, das der verantwortungsbewusste Gewehrschütze – der Rifleman – haben sollte, um auf einem Schießkurs nicht dazustehen, wie der letzte Schützendepp mit kurzer Hose & Holzgewehr.

Boxtest mit einem Kahles K312i. Das ZF besitzt
exakt die vom Hersteller angegebenen Verstellwerte


Boxtest
Der Boxtest ist eine Standardübung, mit der drei Dinge überprüft werden können:
Das vom Hersteller angegebene Klickmaß sowie die Verstellrichtung.
Die Wiederholgenauigkeit im Verstellweg und
die schützengedingte Durchschnittsstreuung; also die Leistungsfähigkeit des Anwenders reproduzierbar präzise Einzelschüsse abzugeben.

Ablauf
Ein geeignetes Zielmedium wird auf einer Entfernung von 25 Metern angebracht. Das Zielmedium muss es dem Anwender erlauben, einen korrekten Haltepunkt herzustellen.
Aufgelegt vom Rucksack gibt der Schütze drei Schuss ab. Im Anschluss daran wird die Seitenverstellung um zwanzig Klicks im Uhrzeigersinn verstellt. Gefolgt von weiteren drei Schuss.
Daraufhin wird die Höhenverstellung um zwanzig Klicks im Uhrzeigersinn verstellt und wiederum drei Schuss abgegeben.
Die Seitenverstellung wird um zwanzig Klicks zurückgedreht, gefolgt von drei Schuss.
Zuletzt wird die Höhenverstellung wieder um zwanzig Klicks zurückgedreht und nochmals eine 3-Schuss-Gruppe abgegeben.

Modifikation: Boxtest mit jeweils zweimal zwanzig Klicks
und nur zwei Schuss pro Gruppe. Die Gruppen zwei, vier
und sieben sind gerade noch auswertbar. Das ZF, ein Steiner M7Xi,
arbeitet ebenfalls einhundert Prozent wiederholgenau
und mit dem angegebenen Klickmaß


Ergebnisbetrachtung: Wiederholgenauigkeit
Die erste und die fünfte 3-Schuss-Gruppe müssen am Ende deckungsgleich sein. Sind sie das nicht, ist der Verstellweg der Optik nicht wiederholgenau. Die Optik ist wertlos.

Ergebnisbetrachtung: Klickmaß
Der mittlere Treffpunkt der Schussgruppen wird bestimmt und der Abstand zwischen den Schussgruppen wird gemessen und auf einhundert Meter hochgerechnet. Der gemessene Wert sollte der Herstellerangabe entsprechen. Tut er das nicht, ist nicht die Optik wertlos, sondern der Hersteller. Jedenfalls hat der Anwender jetzt das korrekte Klickmaß und kann künftig problemlos Haltepunktkorrekturen vornehmen. Der ermittelte Wert sollte auf der Waffe bzw. der Optik notiert werden.

Mit offener Visierung wird der Boxtest anspruchsvoll.
Die Troy-Klappkimme am Black Label M4 zeigt bei zwanzig Klicks
eine Seitenverschiebung um 80 Millimeter im Uhrzeigersinn.
Das entspricht mit etwa vier Millimeter pro Klick einem
Verstellwert von ½ MOA. Das A2-Korn verlagert den Treffpunkt bei
einem Klick um etwa 1,3 Zentimeter. Die Verstellrichtung ist
ebenfalls im Uhrzeigersinn (cw)


Ergebnisbetrachtung: Schütze
Die Schussgruppen an sich dürfen aufgelegt vom Rucksack über eine Distanz von 25 Meter nicht größer sein als 14 bis 15 Millimeter. Das bedeutet, der Schütze sollte seine Gruppen mit dem Zeigefinger abdecken können. Gemäß Strahlensatz ist der Schütze demnach in der Lage, auf einhundert Meter Streukreise von weniger als sechzig Millimeter zu erzeugen. Seine schützengedingte Durchschnittsstreuung liegt bei 0,6‰. Dieser sehr praxisnahe Wert klassifiziert den Schützen als „Sehr gut“. Seine schützenbedingte Durchschnittsstreuung ergibt einen Wert von 28 Zentimeter auf fünfhundert Meter Entfernung, bzw. auf achthundert Meter eine Schützenstreuung von 45 Zentimeter. Bezogen auf die Standardzielgröße mit 75 cm hoch und 45 cm breit, verfügt der Anwender über ausreichende schießtechnische Fähigkeiten, einen Erstschusstreffer auf achthundert Meter anzubringen. 

Semper talis
Sind die Schussgruppen nicht mit dem Zeigefinger abzudecken, kann der Schütze den Boxtest nutzen, um seine Schießtechnik zu analysieren und zu verbessern. Der Schütze sollte dem Grundsatz „immer gleich - immer richtig“ folgend, in der Lage sein, eine wiederholgenaue Schießposition aufzubauen. Der Natürliche Zielpunkt und das Nutzen von Referenzpunkten zwischen Mensch und Waffe helfen dabei. Außerdem sollte für diesen Test eine stabile Auflage in Form eines straff gepackten Rucksacks genutzt werden.

Boxtest Modifikation 1
Der Boxtest kann in zwei Abwandlungen geschossen werden. Zum einen kann der Anwender seine Schusszahl pro Gruppe von drei auf zwei reduzieren. Das kann insbesondere bei Scharfschützenwaffen mit hohen Munitionskosten sinnvoll erscheinen. Da 2-Schuss-Gruppen per se nicht auswertbar sind, muss der Schütze zwingend über Schießfertigkeiten im Fortgeschrittenenbereich verfügen. Das heißt, er sollte permanent eine Durchschnittsstreuung von 0,6‰ oder besser erzeugen. (Und wenn Du das nicht permanent, sondern gerade ein einziges Mal geschafft hast, hast Du kein Fortgeschrittenenniveau.)

Boxtest Modifikation 2
In einer zweiten Abwandlung kann die Seitenverstellung um zweimal zwanzig Klicks gedreht werden; jeweils mit einer Schussgruppe. Ebenso die Höhenverstellung.
Also: Seite 20 Klick cw, Schussgruppe / Seite 20 Klick cw, Schussgruppe / Höhe 20 Klick cw, Schussgruppe / Höhe 20 Klick cw, Schussgruppe /
Seite 20 Klick ccw, Schussgruppe / Seite 20 Klick ccw, Schussgruppe / Höhe 20 Klick ccw, Schussgruppe / Höhe 20 Klick ccw, Schussgruppe.
Mit der ersten Schussgruppe, die vor den Verstellübungen erfolgt, besteht diese Modifikation aus insgesamt neun Gruppen á zwei bzw. drei Schuss.
Die Aussage des Boxtest wird dadurch noch etwas präziser und belastbarer.




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